Süddeutsche Zeitung

Unterschleißheim:Stille Beerdigung

Zur Entwicklung am Hollerner See gab es schon etliche Pläne. Unter anderem waren eine Therme und ein Surfpark im Gespräch. Jetzt läuft es darauf hinaus, dass der Erholungsflächenverein alle Uferbereiche übernimmt

Von Klaus Bachhuber, Unterschleißheim

Was ist zur Zukunft des Hollerner Sees nicht alles passiert! Es gab in Eching einen Bürgerworkshop und ein teueres Plangutachten, es gab politischen Streit und immer wieder Debatten und Auseinandersetzungen in Sitzungen des Unterschleißheimer Stadtrats, des Echinger Gemeinderats und des gemeinsamen Zweckverbandes Hollerner See. Und wofür? Derzeit erledigt sich das Thema offenbar ganz geräuschlos von alleine. Am vakanten Nordwestufer des Sees passiert jetzt: nichts. Und das scheint Unterschleißheim ebenso wie einer breiten Front im Echinger Rathaus das Liebste zu sein.

Laut den Tagesordnungen des Echinger Gemeinderats der vergangenen zehn Jahre steht immer noch ein Konzept für den See aus. Der See liegt zwar unmittelbar angrenzend an die Unterschleißheimer Bebauung, die ausschließliche Planungshoheit hat jedoch Eching, auf deren Flur der See ist. Bürgermeister Sebastian Thaler (parteilos) will eine Planung nun offenbar durch die Entwicklung ersetzen.

Der Münchner Erholungsflächenverein gestaltet in den kommenden Wochen das Ostufer des Sees zum größten Badestrand weit und breit um. Im Kontext mit dem bereits seit zwei Sommern nutzbaren Südufer und dem naturnahen Steilufer im Südwesten werden dann rund drei Viertel des Ufergeländes belegt sein.

"Nicht sinnvoll und nicht finanzierbar."

Strittig seit rund zehn Jahren ist nur die Unterschleißheim am nächsten liegende Nordwestecke, wo die beiden Rathäuser unter Urheberschaft der früheren Bürgermeister Rolf Zeitler und Josef Riemensberger (beide CSU) dereinst ihre gemeinsame Therme visioniert hatten. Und auch wenn das Thema in Eching immer noch nicht final beschieden ist, zu allen See-Plänen auch Alternativzeichnungen mit einer See-Sauna in den Schubladen liegen - eine derartige Ansiedlung hätte eine Vorbedingung: Es müsste eine neue Erschließungsstraße ans Nordufer geführt werden.

"Nicht sinnvoll und nicht finanzierbar" nennt der Echinger Bürgermeister diese Variante, Unterschleißheim verwahrt sich dagegen ohnehin kategorisch. Und wenn keine Erschließung angelegt wird? Der Erholungsflächenverein würde die vakante Ecke sofort übernehmen. Bei der Vertragsunterzeichnung für die Übergabe des Sees an den Verein war das Nordwestufer seinerzeit ausschließlich wegen der Thermenpläne ausgeklammert worden, der Beschluss des Trägervereins zur Übernahme des kompletten Geländes ist unverändert gültig.

Thaler erwartet, dass der Verein bei einer Übernahme an dem Gelände "nicht viel verändern" würde. Der Rundweg um den See ist schon angelegt. Eventuell müsste eine WC-Anlage eine Lücke im Terrain schließen. Thaler würde seine Unterschrift sofort unter die Übergabe setzen, fraglich ist freilich, ob er im Gemeinderat auch eine Mehrheit dafür bekäme.

Surfpark und Sportplätze haben mit der Entwicklung kaum etwas zu tun

Alle ansonsten debattierten Entwicklungen - Surfpark, Caravanstellplatz, Sportplätze, Gastronomie - lägen außerhalb des engeren See- und Uferbereichs und haben mit der Entwicklung des Sees daher nur am Rande zu tun. Dass Eching möglicherweise die Resultate des teuren Plangutachtens für ein See-Konzept urheberrechtlich gar nicht verwerten darf, ist da auch schon geschenkt: das Verfahren ist Makulatur, das Geld dafür weitgehend sinnfrei verbraten.

Eine planungsrechtliche Formalie könnte jetzt diesen Weg der Entwicklung durch Nicht-Entwicklung endgültig ebnen. Für die möglichen Zusatznutzungen südlich des See-Geländes, eventuell Surfpark oder Caravanstellplatz, will Eching ebenso wie für ein Gewerbeprojekt einige hundert Meter nördlich an der Autobahn A 92 rund 45 Hektar aus dem hier einschlägigen Landschaftsschutzgebiet "Freisinger Moos und Echinger Gfild" herauslösen.

Sollte das Landratsamt Freising damit Bauchschmerzen haben, hat das Echinger Rathaus die Naturschutzbehörde schon mal mit der Nase auf eine mögliche Kompensationsmöglichkeit gestoßen: Am Nordufer des Hollerner Sees gehören 47 Hektar Fläche nicht zum Landschaftsschutzgebiet. Diese Fläche war seinerzeit eigens ausgeklammert worden, um freie Hand für die Therme zu haben. Sie jetzt wieder unter Landschaftsschutz zu stellen, hieße, alle Erschließungspläne dort zu beerdigen. Alles bliebe, wie es ist.

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Quelle:
SZ vom 04.04.2018
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