Unterschleißheim:Für jedes Jahr ein Mitmach-Event

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Junge Tradition in einer jungen Stadt. Die Schützenkompanie böllert zum Auftakt des Lohhofer Volksfests. Der Verein wurde erst 2001 gegründet. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Unterschleißheim darf sich seit 25 Jahren Stadt nennen. Das wird heuer groß gefeiert – unter anderem mit einem Theaterstück und einer Ausstellung.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

In den vergangenen 25 Jahren ist viel passiert. Deshalb sollte der Plan der Bürgerbühne Unterschleißheim aufgehen, gemeinsam mit der Theaterpädagogin und Regisseurin Anschi Prott ein Stück über die Zeit seit der Stadterhebung am 16. Dezember 2000 zu erarbeiten. Es soll von 1. bis 5. Oktober aufgeführt und einer von insgesamt 25 Programmpunkten des Jubiläumsjahres werden.

Der Festakt war seinerzeit ein großes Ereignis. Der Saal war überfüllt und im Foyer drängten sich die Bürger, um über Lautsprecher zu verfolgen, wie der damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) in seiner Rede die außergewöhnliche Entwicklung der Kommune herausstrich und deren herausragende Finanzkraft lobte, bevor er unter „Standing Ovations“ dem damaligen Bürgermeister Rolf Zeitler (CSU) die Urkunde übergab. Schulen, Sehbehindertenzentrum, zwei Bahnhöfe und eine urbane Bebauung am Rathausplatz: Unterschleißheim zählte zu der Zeit gut 25 000 Einwohner und war über die Rolle einer Gemeinde hinausgewachsen. Dennoch war die Stadterhebung nicht unumstritten, die auf einen Antrag des SPD-Gemeinderats Alfons Wommelsdorf zurückging.

Heute blickt Zeitlers Nachfolger Christoph Böck (SPD) auf diese durchaus turbulenten Wochen zurück. Es habe schon etliche gegeben, die befürchteten, die Stadterhebung könnte Unterschleißheim und Lohhof zu anonymen Orten machen, in denen sich die Menschen nicht mehr vertraut begegneten. „Mia san a Gmoa“, habe der eine oder andere gesagt. Doch dann habe man sich relativ schnell hineingefunden in die neue Rolle. Und es habe sich ein neuer Bürgerstolz darauf entwickelt, jetzt doch Stadt zu sein. „Das zeigt sich jetzt beim Jubiläum daran, dass sich jeder einbringt.“

Wegen der Corona-Pandemie ist eine Jubiläumsfeier 2020 ausgefallen. Und anders als beim Zehnjährigen will man nun das gesamte Jahr über mit Aktionen die Menschen erreichen und zum Mitmachen bewegen. Die Kernaussage solle „Teilhabe und Inklusion“ sein, sagt Festorganisatorin Barbara Lackermeier vom Kulturamt im Rathaus. Unterschleißheim werde zeigen, dass es eine bunte Stadtgesellschaft sei. Die Kirchen planen etwa einen interreligiösen Dialog und ein Friedensgespräch. Der Beirat für interkulturelle Zusammenarbeit möchte ein Kochbuch mit Rezepten aus aller Welt erstellen. Der Jugendbeirat will sich mit Workshops, Konzerten oder Gesprächsformaten einbringen. Und erstmals soll es ein festliches „White Dinner“ geben.

Die größte Stadt im Landkreis München mit 30 000 Einwohnern. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Stadtmuseum greift für seine Beitrag ein Zitat des irischen Schriftstellers Colum McCann auf. „Wenn wir gehen, nehmen wir unsere Heimat mit“, hat er geschrieben. Museumsleiterin Veronika Leikauf möchte das wörtlich nehmen und die Menschen mit der Frage konfrontieren, was sie in ihren Koffer packen würden, als Erinnerungsstücke an ihr Unterschleißheim. „Wir wollen vermitteln, dass die Unterschleißheimerinnen und Unterschleißheimer die Geschichte schreiben“, sagt Leikauf. Das Ergebnis soll in eine Sonderausstellung eingehen, die am 5. Juli im Stadtmuseum eröffnet werden soll.

Bürgermeister Böck streicht gerne heraus, dass sich Unterschleißheim in den 25 vergangenen Jahren die Vorteile einer Stadtgesellschaft mit ihrem etwas weltläufigerem Geist erworben habe, ohne die guten Seiten einer Gemeinde aufgegeben zu haben. Der Zusammenhalt sei nach wie vor da, man kenne sich und Traditionen würden weiter gelebt. Als wollte der Stadtrat das unterstreichen, hat er 2024 drei Traditionsvereinen im ehemaligen evangelischen Kirchenzentrums Maria-Magdalena-Haus zu einer neuen Heimat verholfen. Die Schützenkompanie, die Dirndlschaft „Aggaschnoin“ und die Siebenbürger Sachsen nutzen dort jetzt Räume. Wobei sich an den drei Vereinen auch zeigt, dass das mit der Tradition relativ ist.

Denn die Schützenkompanie, die es in Trachtengewand und mit lauten Böllern ausgestattet jedes Jahr bei der Eröffnung des Lohhofer Volksfests kräftig krachen lässt, wurde erst nach der Stadterhebung im Jahr 2001 gegründet. Die Dirndlschaft „Aggaschnoin“ gibt es sogar erst seit 2018 und ist einer der jüngsten Vereine in Unterschleißheim überhaupt. Der Name „Aggaschnoin“ geht auf den bayerischen Ausdruck für Mohnblume zurück und soll für Lebensfreude stehen. „Ziel unserer Dirndlschaft ist die Bewahrung des Brauchtums, aber auch gemeinsame Ausflüge und gemeinnützige Aktionen sind uns sehr wichtig“, sagt zweite Vorsitzende Sandra Beutel.

In Grundzügen steht das eigens für die Stadtfeiern geschriebene Theaterstück der Bürgerbühne bereits. Er zeichnet nach Angaben der Autorin und Regisseurin Anschi Prott das Bild einer Stadt, in der bis heute ausgehandelt werde, wo man urban sein wolle – und wo doch lieber Dorf.

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