Mobilität:Unterschleißheim tritt auf die Bremse

Mobilität: Flott voran mit dem Pedelec. In Unterschleißheim gibt es aber jetzt Bremsspuren.

Flott voran mit dem Pedelec. In Unterschleißheim gibt es aber jetzt Bremsspuren.

(Foto: Sebastian Gollnow/Picture Alliance)

Der Umweltausschuss des Stadtrats lehnt eine Beteiligung am E-Bike-Leihsystem der Nordallianz-Kommunen ab. Doch das letzte Wort ist womöglich nicht gesprochen.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Mobilität: Flott voran mit dem Pedelec. In Unterschleißheim gibt es aber jetzt Bremsspuren.

Flott voran mit dem Pedelec. In Unterschleißheim gibt es aber jetzt Bremsspuren.

(Foto: Sebastian Gollnow/Picture Alliance)

Unterschleißheim ist aus dem von den acht Nordallianz-Kommunen vorangetriebenen Projekt ausgeschert, ein groß angelegtes gemeinsames Pedelec-Verleihsystem aufzuziehen. Bürgermeister Christoph Böck (SPD) nahm es am Dienstagabend im Umweltausschuss des Stadtrats sichtlich betroffen auf, dass ausgerechnet auch von Grünen und ÖDP massive Zweifel am Sinn dieser Fahrrad-Offensive vorgebracht wurden. Grünen-Stadtrat Tino Schlagintweit schwenkte noch auf die Unterstützer-Linie ein. Doch ÖDP-Mann Bernd Knatz blieb dabei, dass ein Ausleihsystem für Elektrofahrräder "einfach überzogen" sei. ÖDP, CSU und Freie Bürgerschaft Unterschleißheim stimmten gegen das Projekt, das deshalb mit fünf zu fünf Stimmen scheiterte. Wobei das letzte Wort womöglich nicht gesprochen ist.

Zunächst jedenfalls hat das ambitionierte Projekt der Nordallianz einen massiven Rückschlag erlitten, zusätzlich zum MVG-Mietrad ein weiteres Leihsystem zu installieren, bei dem die Rathäuser dann aber das Sagen hätten und eventuell in Zukunft sogar einen weiteren Ausbau gestalten könnten. Ausgegangen war die Initiative von Eching im Landkreis Freising, wo es keine MVG-Mieträder gibt. Aber auch Unterschleißheims Bürgermeister Böck unterstützte die Idee. Zuletzt hatte es Kritik an der Zurückhaltung der MVG gegeben, etwa Pedelecs im Landkreis München anzubieten. 2023 läuft die befristete Kooperation mit der MVG auch aus.

Das Projekt ist durchkonzipiert. Hohe Zuschüsse der Bundesregierung in Höhe von 75 Prozent würden die Kosten für Unterschleißheim auf 49 000 Euro brutto im Jahr 2023 und weitere jährliche Ausgaben für den laufenden Betrieb drücken. Vorgesehen wäre die Anschaffung von 300 Pedelecs mit Tauschakku. Die Aufladung und Wartung der Räder würde ein externer Anbieter übernehmen. Die Pedelecs sollten an virtuellen Stationen stehen, per App ausleihbar sein und an beliebigen Orten abgestellt werden können. Unternehmen haben sich bereit erklärt, ihrer Belegschaft die Nutzung ans Herz zu legen. Auch privat für Ausflüge sollten die Pedelecs zu verwenden sein oder auch wenn die S-Bahn mal nicht kommt, um in den Nachbarort zu fahren.

Doch was der Bürgermeister als Fortschritt pries, um vom Auto noch mehr wegzukommen, fand vor allem Brigitte Weinzierl (CSU) wenig überzeugend. Das Pedelec bringe auf Kurzstrecken wenig. Wenn Berufstätige damit vom Bahnhof ins Gewerbegebiet fahren, stehe das Bike dort den ganzen Tag herum. Die Pedelecs würden zudem Bussen die Fahrgäste streitig machen. Bernd Knatz (ÖDP) sagte, das Fahrrad-Leihsystem reiche doch aus. Birte Bode (SPD) warb dagegen vehement um Zustimmung. "Je mehr Angebot wir haben, desto besser ist es." So könnte ein "breiter Teil der Bevölkerung" solche Räder ausprobieren. Es sei eine tolle Erfahrung, wie leicht man weite Strecken bewältigen könne.

Die Bürgermeister haben sich sämtlich hinter das Pedelec-Leihprojekt gestellt. In Ismaning und Hallbergmoos ist es einstimmig durchgegangen. Und womöglich steht in Unterschleißheim eine Nachprüfung des Beschlusses im Stadtrat an. Eine solche ist möglich, wenn ein Viertel der Stadträte diese unterstützt. Die SPD überlegt in diese Richtung, wie Fraktionssprecher Thomas Breitenstein bestätigt. Zunächst gelte es, den Rückhalt für solch einen Schritt zu prüfen. Sollte der da sein, "werden wir versuchen, das umzusetzen". Bürgermeister Böck sagt, er würde sich eine Debatte im Stadtrat "wünschen".

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