Stammzellenspende:Feuerwehr startet Typisierungsaktionen für kranken Kameraden

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Seine Kollegen von der Berufsfeuerwehr wünschen Michael gute Besserung – und haben eine Typisierungsaktion gestartet. (Foto: Feuerwache 9B)

Michael hat Blutkrebs und wartet auf eine Stammzellspende. Wie ihm seine Kollegen helfen wollen und wo man sich am Wochenende registrieren lassen kann.

Von Raphael Stüdeli, Unterschleißheim

Auch im Krankenhaus bleibt Michael ganz der Feuerwehrmann. In der Klinik hat er bereits mehrere Brandschutzmängel festgestellt, wie sein Kollege Thomas Angermaier erzählt. Eigentlich sollte sich der 51-Jährige jetzt nicht um abgedeckte Rauchmelder und zugestellte Feuerwehrzufahrten kümmern, sondern nur um sich selbst. Doch es fällt Michael schwer, einfach stillzusitzen.

Als Berufsfeuerwehrmann ist der 51-Jährige, der nur mit dem Vornamen genannt werden will, gewohnt, schnelle Lösungen zu finden und anderen zu helfen. Mit dem Befund Blutkrebs änderte sich jedoch seine Rolle. Nun muss der Münchner selbst Hilfe in Anspruch nehmen. Während sein Alltag früher aus Familie, Freunden und Feuerwehr bestand, wechseln sich jetzt Chemotherapie und Erholungsphasen ab. Dazu kommt das lange Warten auf einen Stammzellenspender.

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Blutkrebs, auch Leukämie genannt, ist eine bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems. Entartete Blutzellen vermehren sich unkontrolliert und verdrängen rote und weiße Blutkörperchen sowie Blutplättchen. Dies schwächt das Immunsystem und die Leistungsfähigkeit des Organismus so weit, bis lebensnotwendige Funktionen nicht mehr übernommen werden können. Eine Chemotherapie kann der unkontrollierten Ausbreitung der entarteten Blutzellen Einhalt gebieten, eine bessere Chance auf Heilung verspricht eine Stammzellentransplantation. Doch dafür muss erst ein geeigneter Spender gefunden werden.

Unterstützung bei der Suche nach einem solchen erhält Michael von seinen Feuerwehrkameraden. Zusammen mit der DKMS haben sie bundesweit eine Typisierungsaktion gestartet, um mögliche Stammzellenspender zu finden. „Als Michael den Befund erhalten hat, war ich mit ihm gerade auf Wache“, erzählt Thomas Angermaier, der die Aktion mit der DKMS ins Leben gerufen hat. Erst habe er nicht gewusst, was die Diagnose Blutkrebs genau bedeutete, nach einiger Recherche sei ihm jedoch klar geworden, dass Michael nun eine Stammzellenspende benötige. So ist ihm die Idee mit der Typisierungsaktion gekommen.

Michael und Angermaier sind Teil der gleichen Wachmannschaft, teilen sich ein Zimmer und haben vor zwanzig Jahren gemeinsam bei der Feuerwehr begonnen. Sein Kollege spricht von Michael in den höchsten Tönen: „Er ist ein zuverlässiger und fleißiger Kerl, hat ein brutales Wissen. Sogar am Samstag oder Sonntag ist Michael immer der Letzte, der seinen Arbeitsplatz verlässt.“

An der Typisierungsaktion kann teilnehmen, wer im Alter zwischen 17 und 55 Jahren und gesund ist. Die Registrierung läuft übers eigene Smartphone, damit die Daten jederzeit bearbeitet werden können. Es sei wichtig, dass die Daten auf dem Laufenden gehalten werden, damit man bei einer möglichen Übereinstimmung auch kontaktiert werden könne. Die Datenspende ist einfach und ohne Blutabnahme möglich.

Die Aktion ist laut Angermaier erfolgreich angelaufen. Als am vergangenen Samstag fünf Feuerwehrwachen in München ihre Türen für die Stammzellentypisierung öffneten, kamen neben dem eigenen und dem städtischen Personal auch Angehörige der Flughafenfeuerwehr, der Werksfeuerwehren und der Freiwilligen Feuerwehren. So sind mehr als 940 Typisierungen sowie 285 Onlineregistrierungen zusammengekommen.

Es geht nicht nur um Michael, sondern um alle Leukämie-Patienten

Am kommenden Wochenende beteiligen sich mehrere Feuerwehren im Landkreis München an der Typisierungsaktion. In Unterschleißheim kann man am Samstag, in Ottobrunn und Hohenschäftlarn am Sonntag jeweils am Vormittag in den Feuerwehrhäusern Abstriche nehmen und sich in die Datenbank der DKMS eintragen lassen. Auch bundesweit stößt die Solidaritätsaktion laut Thomas Angermaier auf große Resonanz. „Für Michael haben wir, wenn nicht Himmel und Hölle, so zumindest ganz Feuerwehrdeutschland in Bewegung gesetzt“, sagt er.

Dass sich durch die neuen Typisierungen ein möglicher Spender für Michael findet, ist höchst unwahrscheinlich. Gerade mal ein Prozent aller Registrierungen werden im Verlauf ihres Lebens kontaktiert. Damit Stammzellen für eine Spende infrage kommen, muss die Gewebestruktur des Spenders weitgehend mit der des Patienten übereinstimmen. Doch ist auch gar nicht das Ziel, eine direkte Spende für Michael zu finden. Es geht darum, den Pool an Datensätzen zu erhöhen, damit die Suche nach einer Spende für alle Blutkrebserkrankten erleichtert wird.

Typisierungsaktionen im Landkreis München: Samstag, 16. November, 9 bis 14 Uhr bei der Feuerwehr Unterschleißheim, Carl-von-Linde-Straße 34b. Sonntag, 17. November, 9 bis 14 Uhr bei der Feuerwehr Ottobrunn, Ottostraße 19. Sonntag, 17. November, 10 bis 16 Uhr bei der Feuerwehr Hohenschäftlarn, Drotwiesenweg 4.

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