Unterschleißheim:Nein zu Garchings Hinterhof

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Das Windrad im Münchner Norden könnte Gesellschaft bekommen, wenn es nach den Garchingern geht. Doch die Nachbarn wehren sich. (Foto: Florian Peljak)

Unterschleißheim wehrt sich gegen Pläne der Nachbarkommune, die an der Grenze von Hochbrück einen Recyclingbetrieb und ein Biomasseheizwerk vorsehen. Die Ablehnung schließt auch ein Windrad mit ein

Von Alexandra Vettori, Unterschleißheim

Nach wie vor steht Unterschleißheim dem Plan seines südlichen Nachbarn Garching skeptisch gegenüber, an der Gebietsgrenze ein wahres Arsenal an Verwertungsbetrieben und Kraftwerken zur Energieerzeugung aufzustellen. Wird alles umgesetzt, was Garching in seinem neuen Flächennutzungsplan stehen hat, dann kommt an den nordwestlichen Rand des Ortsteiles Hochbrück eine neue Verladestation für den Holzabfallverwerter AR Recycling, ein Biomasseheizwerk, ein Freiflächensolarpark, zusätzliche Erschließungsstraßen zur Bundesstraße 13 und - ein Stück weiter östlich auch noch ein Windrad.

Schon bei früheren Verfahrensschritten sah Unterschleißheim die Ansammlung von Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen als nicht vereinbar mit den Zielen der Kommunen im Norden Münchens an, die generell eine Aufwertung des gesamten Raumes anstreben. Außerdem befürchtet die Stadt für ihre südlichen Wohngebiete zusätzlichen Verkehr und Lärm. Im Garchinger Ortsteil Hochbrück befindet sich schon jetzt das größte Gewerbegebiet der Stadt, mit rund 11 000 Arbeitsplätzen vor allem in der Produktion, der Automotivbranche, im Dienstleistungs- und Logistikgewerbe. Ende vergangenen Jahres erweiterte der Garchinger Stadtrat den Flächennutzungsplan dann noch um drei mögliche Standorte für Windräder. Angedacht ist eine Kooperation der Stadt, General Electric (GE) und Green City, die Standorte liegen an der nordöstlichen Stadtgrenze zwischen Garching und der zu Eching gehörenden Siedlung Dietersheim im Landkreis Freising.

Bei der kritischen Sichtweise auf die Ballung von Negativeinrichtungen ging der Unterschleißheimer Stadtrat jüngst noch konform, als es erneut um eine Stellungnahme ging. Mit der Ablehnung eines Windrades aber konnte sich nicht jeder anfreunden. So wunderte sich ÖDP-Stadtrat Bernd Knatz: "Das Windrad ist so weit östlich, das tut uns doch nichts." Auch Jürgen Radtke von den Grünen betonte, die Ablehnung eines Windrades "würde hier ein völlig falsches Signal setzen". Er riet den örtlichen Stadtwerken vielmehr, sich um eine Kooperation zu bemühen, schließlich hat Unterschleißheim auch schon auf eigenem Stadtgebiet einen Windradstandort gesucht und nur wegen der negativen Bedingungen davon abgesehen. Bürgermeister Christoph Böck (SPD) betonte, die Stellungnahme sei nicht unbedingt eine Ablehnung, sie mahne nur eine nach aktueller Rechtslage genehmigungsfähige Planung an. Schließlich berücksichtige die zugrunde liegende Begleitstudie nur die bisherigen Maßgaben, spielte Böck auf die neue 10-H-Regelung an.

Grünen-Stadträtin Brigitte Huber wünschte sich dennoch eine getrennte Abstimmung, immerhin hege ja auch der Heideflächenverein vage Pläne mit Windrädern. In der Abstimmung unterlagen die fünf Stadträte von ÖDP und Grünen jedoch, sodass es bei der kritischen Stellungnahme bleibt. Auch Oberschleißheim hat bereits eine negative Stellungnahme zum Garchinger Plan abgegeben. Zum einen befürchtet man zusätzlichen Verkehr, weil die nördlich von Hochbrück geplante Sonderfläche Abfallentsorgung vorwiegend über die Staatsstraße 2053 erschlossen wird, die auch durch Oberschleißheim führt. Außerdem mahnt Oberschleißheim die im Heideflächenkonzept festgelegten Ziele einer breiten Grünverbindung an, welche durch den geplanten Solarpark gefährdet sei.

Die Sorgen der Nachbarn kann Garchings Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) nicht nachvollziehen. "Die Ängste der Unter- und Oberschleißheimer sind nahezu unbegründet: Der im Flächennutzungsplan festgesetzte Bahnhof würde einen Großteil des Lieferverkehrs auf die Schiene verlagern und somit eine Entlastung für die B 13 uns Staatsstraße 2053 bringen", sagt er zum Thema Verkehr. Und das Biomasseheizkraftwerk werde "sehr wahrscheinlich überhaupt nicht gebaut."

Beim Windrad bringt er die Energiewende ins Spiel. Wer sie wolle, sollte auch Windräder und Solaranlagen an geeigneten Stellen aufstellen. Warum also nicht auch in Garching? Die Einwendungen der Nachbarn sieht Gruchmann als "Pro-Forma-Akte": "Die Details der eventuellen Umsetzungen der Planungen aus dem Flächennutzungsplan werden ganz bestimmt mit den Nachbarn abgestimmt werden."

© SZ vom 29.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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