Unterschleißheim:Licht und Schatten im Tunnel

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Der erste Abschnitt ist fertig: Martin Bengler vom Bauamt hat mit Justus Körtgen und Viktor Höricht sowie seinem Kollegen Bastian Albrecht (von links) die bunt gestaltete Unterführung begutachtet. (Foto: Stadt Unterschleißheim)

Die Streetart-Künstler Viktor Höricht und Justus Körtgen haben die Lohhofer Bahnhofsunterführung bunt gestaltet. Nächstes Jahr geht es weiter – mit einem ernsten Thema.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Gerade noch waren Skizzen auf dem blanken Beton zu sehen, die Treppengeländer sauber abgeklebt. Doch mittlerweile sind die Wände am südlichen Bahnsteigzugang des Lohhofer S-Bahnhofs farbenfroh gestaltet. Die Künstler Viktor Höricht und Justus Körtgen haben den Weg, den viele täglich zu ihrer S-Bahn nehmen, mit Graffiti verschönert. Dabei griffen sie Themen auf, die zu Lohhof und zur Umgebung des Bahnhofs passen, und nahmen unter anderem Bezug zur nahegelegenen Fach- und Berufsoberschule. Im Frühjahr wollen sie am nördlichen Bahnsteigzugang weitermachen.

Höricht und Körtgen haben sich als Streetart-Künstler in Unterschleißheim und darüber hinaus in den vergangenen Jahren einen Namen erarbeitet. Im Landkreis Fürstenfeldbruck sind sie viel beschäftigt und haben manche triste graue Wand und manches Trafohäuschen besprayt. Auch am Unterschleißheimer S-Bahnhof haben sie sich nach dem barrierefreien Ausbau verewigt, die langen Wände an den barrierefreien Rampen zieren großflächig Wesen aus einer Fabel- und Märchenwelt. Hasen hetzen zum einfahrenden S-Bahnzug. Vieles ist mit Augenzwinkern umgesetzt.

So haben es Höricht und Körtgen jetzt am zweiten ebenfalls barrierefrei ausgebauten S-Bahnhof der Stadt in Lohhof fortgesetzt. Diesmal waren die Unterschleißheimerinnen und Unterschleißheimer stärker eingebunden. Über das Bürgerbeteiligungs-Instrument Consul wurden online Anregungen gesammelt und weitergegeben. So kam das Schulthema ins Spiel. Die Bereiche Gestaltung, Technik und Wirtschaft der FOS/BOS wurden mit eigenen Motiven bedacht. Der vierte Ausbildungszweig – Soziales – soll sich kommendes Jahr einbringen. Dann setzen die Graffiti-Sprayer im Auftrag der Stadt ihre Arbeit am nördlichen Zugang zu den Bahnsteigen fort und werden auch dort die Wände an den Rampen gestalten.

Während sie bei ihrer aktuellen Arbeit ein Englisch- und ein Geschichtsbuch auf die Wände gesprayt haben und eine Ziege, die zur Freude der Schüler ein Hausaufgabenheft frisst, werden sie nächstes Jahr auch ein ernsteres Thema aufgreifen. Auf der Westseite der Bahn gab es in der NS-Zeit einen der größten Betriebe mit Zwangsarbeitern im Raum München. Mehr als 350 Menschen schufteten in der Flachsröste und stellten kriegswichtige Leinenfasern her. Die Stadt hat einen dreiteiligen Erinnerungsort geschaffen, mit Schautafeln am Bahnhof, einem Weg der Erinnerung vom Bahnhof zum ehemaligen Fabrikgelände und einem Lernort mit Infostelen neben dem Fabrikgelände selbst.

Schüler der FOS/BOS gestalteten Plakate mit Biografien von Opfern der Zwangsarbeit, die unter anderem bei der Eröffnung des Erinnerungsorts gezeigt wurden. Nun soll das Thema laut dem Rathaus auch an den Wänden des Bahnsteigzugangs Nord künstlerisch aufgegriffen werden.

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