Unterschleißheim:Kino statt Tankstelle

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Während die Stadträte darüber diskutieren, ob auf dem frei werdenden Grundstück an der Bezirksstraße Geschäfte, Wohnungen oder ein Parkplatz entstehen sollen, bringt der Betreiber des Capitol eine ganz neue Idee ins Spiel

Von Klaus Bachhuber und Gudrun Passarge, Unterschleißheim

Die künftige Nutzung des bisherigen Tankstellengrundstücks an der Bezirksstraße wird wohl einigermaßen knifflig. Denn die Stadträte konnten sich schon bei der Aufgabenstellung für die Voruntersuchung nur schwer einigen. Soll auf der städtischen Parzelle an der Ecke Buchenstraße, die im Sommer von der Tankstelle geräumt wird, ein Einzelhandelsmagnet oder Wohnungen, eine Parkgarage oder gar, so eine neue Idee, ein Kulturtempel mit Kino und Heimatmuseum entstehen?

Diese letztgenannte Idee hatte Kinobetreiber Stefan Stefanov aus dem Hut gezaubert. Der 33-Jährige, der das "Capitol" in der Alleestraße als Programmkino mit viel Herzblut und äußerst erfolgreich führt, sorgt sich dennoch um die Zukunft seines Hauses. "Wir machen es richtig gut, es funktioniert und das Publikum ist da. Aber es wird immer schwieriger, die Filme zu bekommen mit nur einem Saal." Stefanov hat nur einen einzigen Vorführraum, in dem gerade mal 80 Leute Platz finden. Manche Projekte, an denen er sich gerne beteiligen würde, wie etwa Schulfilmwochen, fielen deswegen schon mal flach. Trotz dieses Handicaps hat er es geschafft, im vergangenen Jahr 20 000 Besucher ins Kino zu locken. Schmunzelnd erzählt er von einer Stammkundin, die immerhin 65 Mal in diverse Vorstellungen kam. Doch auf diesem Erfolg will er sich keinesfalls ausruhen, zumal die Kinolandschaft rund um Unterschleißheim aufrüstet mit Multiplex-Kinos und Riesensälen.

Stefan Stefanov (auf dem Foto von 2015 noch mit Bart), hat Pläne für das städtische Grundstück an der Bezirksstraße. (Foto: Robert Haas)

So weit will Stefanov nicht gehen. Er wünschte sich ein Arthouse-Theater mit drei bis vier Sälen und etwa 300 bis maximal 350 Plätzen, denn das ist ihm ganz wichtig: Das Kino sollte ein Familienbetrieb bleiben, auch wenn es größer würde. Der persönliche Kontakt zu den Besuchern und auch besondere Programme, für die er schon mehrere Preise eingeheimst hat, das soll bleiben. Das Konzept, das Stefanov zusammen mit seinem Mitarbeiter Anton Koch entwickelt hat, bleibt jedoch nicht beim Kino stehen. Vielmehr entwirft es eine umfassendere Kulturnutzung. Da wäre auch Platz für ein Heimatmuseum, für Gastronomie à la "Hans im Glück", für eine Tiefgarage und eventuell auch für das Marionettentheater Bille.

Stefanov schwebt eine Multinutzung der Säle vor, die am Tag anders aussehen könnte als am Abend. "Es gibt nichts Traurigeres als einen dunklen Saal", sagt er. Doch wie im Endeffekt so ein Kulturbau aussehen könnte, müsste natürlich auch nach Wirtschaftlichkeitskriterien geprüft werden. Dem Kinobetreiber ist nur wichtig, eine Diskussion anzustoßen und seine Idee vom "Capitol 2020" voranzubringen. "Wir sind an keinen Raum gebunden, es ist uns egal, ob das neue Kino in der Bezirksstraße steht oder in der Straße A, B oder C. Hauptsache, es ist in Unterschleißheim." Für ihn geht es darum, jetzt die richtige Entscheidung für die Zukunft des Capitol-Kinos zu treffen.

Auf dem Grundstück steht derzeit noch eine Tankstelle. (Foto: Robert Haas)

Der Stadtrat dagegen befasst sich, wie Bürgermeister Christoph Böck (SPD) es im Bauausschuss am Montag formulierte, zunächst mit der Frage: "Was hilft der Bezirksstraße als Einkaufsstraße?" Aber wie lässt sich das ermitteln? Die Stadtverwaltung schlug als Basis weiterer Überlegungen eine Untersuchung über die Einzelhandelsoptionen in Verbindung mit städtebaulichen Anforderungen an der Stelle vor. Zu kurz gesprungen, rügten die Grünen. Auch die Optionen für soziale oder kulturelle Nutzungen müssten untersucht werden, forderte Brigitte Huber, "das kann auch ein Magnet für den Einzelhandel werden".

Zu früh geplant, mahnte die SPD. Auch beim benachbarten Einkaufsmarkt zeichne sich wegen des Wechsels von Tengelmann zu Edeka eine Veränderung ab, rief Katharina Bednarek in Erinnerung. Dies könne die Rahmenbedingungen dann wieder drastisch verändern. Zu eng gesehen, fand die ÖDP. Eine Untersuchung könne nicht nur die Bezirksstraße umfassen, argumentierte Bernd Knatz, sondern müsse auch die ebenfalls offene Entwicklung im IAZ am Rathausplatz berücksichtigen. Die CSU verteidigte den Fokus auf den Einzelhandel. "Wir haben das Grundstück nicht für teures Geld erworben, um einen Zuschussbetrieb anzusiedeln", betonte Theo Pregler. Die Nutzung müsse sich für die Stadt rechnen. Bürgermeister Böck wollte mögliche Wechselwirkungen mit IAZ oder der Tengelmann-Zukunft nicht abwarten: "Wir sollten jetzt die Möglichkeiten angehen, die wir haben."

Gegen die Stimme der Grünen entschied der Ausschuss mit großer Mehrheit, die Einzelhandelsuntersuchung für den Standort in Auftrag zu geben. Parallel soll die Stadtverwaltung mögliche Fragestellungen für eine soziale oder kulturelle Nutzung entwickeln, über deren Untersuchung der Ausschuss dann in einem zweiten Schritt entscheiden will. Möglich wäre also auch ein Kinozentrum, verbunden mit anderen Einrichtungen.

© SZ vom 18.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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