Die tote Nonne kommt wie aus dem Nichts angeschossen. Gerade war man damit beschäftigt zu rätseln, ob die lebensgroße Figur, an der man sich in dem schmalen Gang vorbeidrücken muss, ein echter Mensch ist oder doch nur eine Puppe, da kommt sie in ihrer Kutte zischend und ohne Vorankündigung frontal auf einen zugerauscht. Kreischen erfüllt den Raum.
Die Geräuschkulisse im Unterschleißheimer Bürgerhaus unterscheidet sich seit Montag deutlich von dem, was dort sonst zu hören ist. Bis ins Foyer hört man die Schreie derer, die sich in den zum Gruselhaus umgebauten großen Saal getraut haben. Hinzu kommen unheimliche Geräusche von Band.
Verantwortlich für das Grauen ist Raphael Kornherr, Vorsitzender des Vereins „Gestalten. Begeistern. Unterschleißheim“, der sich vor allem für Jugendarbeit einsetzt. Er hat mit 20 Helferinnen und Helfern den „Horror Maze“ aufgebaut. Das Ergebnis ist eine begehbare Geisterbahn, die sich sehen lassen kann. Hier warten nicht nur schaurige Bilder und plumpe Gimmicks wie in anderen Geisterbahnen, sondern auch Live-Darsteller, die die Besucher nach allen Regeln der Kunst erschrecken.
Es lohnt sich, seine Augen nicht nur für Gefahren links und rechts offenzuhalten, sondern auch für die detailreiche Deko. Im Empfangsbereich wird man vom Tod persönlich begrüßt und in der Ecke sitzt ein Skelett am noch fein gedeckten Kaffeetisch. Bis man an der Reihe ist, werden als Einstimmung Clips aus dem Gruselhaus, Ausschnitte aus Horrorfilmen, und Youtube-Schnipsel gezeigt.

Mit der Bemerkung des Todes, er hoffe, dass auch alle wieder hinauskämen, werden schließlich Gruppen von zwei bis drei Leuten in das Labyrinth gelassen. In ständiger Angst, dass jeden Moment von irgendeiner Seite etwas Erschreckendes kommen könnte, bahnt man sich den Weg durch enge Gänge und dunkle Räume. Vorbei an Spinnen, Geistern und anderen Gestalten wird behutsam ein Fuß vor den anderen gesetzt. Man ertappt sich dabei, hinter jeder schaukelnden Spinnwebe etwas Schauriges zu erwarten. Winkel und Biegungen tragen ebenfalls zum Gruseln bei.
Jeder Raum hat sein eigenes Thema. Es gibt einen Schlachthof, ein Hexenzimmer und eine Puppenstube. Die aufwendig bemalten Puppen, okkulte Symbole, zahlreiche Fläschchen und Plastik-Tierköpfe, die von der Decke baumeln, zeigen, wie viel Liebe die Veranstalter in ihr Gruselhaus gesteckt haben.

Natürlich gibt es die klassischen Jump-Scares, wenn ein unscheinbarer Bilderrahmen plötzlich heruntergezogen wird, eine schrille Klingel ertönt und ein Darsteller mit verzerrtem Gesicht einen anblickt. In einem Labyrinth aus Gespenstern streift eine in einen weißen Arztkittel gehüllte Darstellerin umher, die Besucher fest im Blick, mit einem gespenstischen Lächeln auf den Lippen. Da möchte man nur noch schnell um die nächste Ecke verschwinden.
„Es ist auch für Schisser und Angsthasen“
Tanja Mura, Isabell Cocco und Roxanne Pflügler sind restlos begeistert, nachdem sie das Gruselhaus verlassen haben, durch das eben noch ihre Schreie hallten. „Es ist auch für Schisser, Angsthasen und Memmen geeignet“, findet eine der drei. Am besten gefallen hat den Freundinnen ein dunkler Raum, in dem ein Stroboskoplicht immer nur ganz kurz aufblitzt und den Blick auf Darsteller freigibt, die plötzlich vor einem stehen und dann wieder verschwinden. „Die haben eine Arbeit und Liebe da rein gesteckt – unfassbar“, sagt Isabell Cocco. Auch Lichteffekte, Technik und Nebel werden geschickt eingesetzt. So ist in einem Raum keine Handbreit zu sehen. Da hält man sich aus Angst schon mal an der Schulter des Vordermanns fest.

Organisator Kornherr ist seine Passion für Halloween anzumerken. Was über Jahre in seiner Familie begonnen hatte, hat sich über Zwischenstationen in einer Garage und im Jugendtreff „Gleis 1“ immer weiter und größer entwickelt. Raphael Kornherr macht auch selbst als Darsteller mit und erschreckt Besucher – am liebsten Heranwachsende, „die cool tun. Die will man dran kriegen.“

Es wird aber auch Rücksicht genommen, gerade auf Kinder. Für die Sicherheit sei selbstverständlich gesorgt, sagt Kornherr. Über Abkürzungen, die alle Mitarbeiter kennen, könnten Besucher, die in Panik geraten, schnell ins Freie gebracht werden. Und die beiden Nebelräume können etwa Asthmatiker umgehen. Tanja Mura, Isabell Cocco und Roxanne Pflügler mit deren zwei Töchtern haben es jedenfalls unbeschadet nach draußen geschafft. Auf dem Heimweg durch den herbstlichen Nebel werden sie aber wohl noch mehrfach über die Schulter schauen.
Das Gruselhaus hat an diesem Mittwoch von 17 bis 21 Uhr und am Donnerstag von 16 bis 22 Uhr geöffnet. Erlaubt ist der Eintritt ab acht Jahren, empfohlen ab zwölf. Der Eintritt ist frei, Spenden aber sind willkommen.