Energieversorgung:Kalte Dusche für Erdwärme-Fans

Energieversorgung: Die Geothermie-Anlage in Unterschleißheim besteht seit 2003.

Die Geothermie-Anlage in Unterschleißheim besteht seit 2003.

(Foto: Claus Schunk)

Ein Gutachten der Geothermie-Gesellschaft zeigt, dass eine zweite Förderbohrung in Unterschleißheim unrentabel und eine Vollversorgung der Stadt unrealistisch ist.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Die Geothermie-Gesellschaft Unterschleißheim AG (GTU) verzeichnet angesichts steigender Energiepreise und eines wachsenden Interesses, auf die Klimakrise zu reagieren, "einen regelrechten Nachfrage-Schub" bei Hausanschlüssen. Doch das städtische Unternehmen verweist auf die Grenzen des Machbaren. So hat eine Studie der GTU gezeigt, dass eine Erdwärme-Versorgung aller 30 000 Bewohner und aller Betriebe im Stadtgebiets sehr kostspielig, wenig ertragreich und praktisch kaum umsetzbar wäre. Eine zweite Förderbohrung, um die Kapazität entsprechend auszubauen, wird deshalb derzeit nicht angestrebt.

Die Geothermie-Gesellschaft Unterschleißheim (GTU) war die erste im Landkreis München, seit 2003 beutet sie die Erdwärme aus der Tiefengeothermie in großem Stil aus. Mittlerweile sind 31 Prozent der etwa 13 500 Privathaushalte an das Fernwärmenetz angebunden. 78 Wohnanlagen und 199 Einfamilienhäuser in der Stadt heizen mit Hilfe des Thermalwassers, das tief unter der Stadt gefördert wird. Dazu kommen 33 weitere Gebäude wie Büros, Schulen und Kirchenzentren. Ein weiterer Ausbau ist geplant. So wird die Kapazität des Geothermie-Kraftwerks gerade mit Hilfe einer Absorptions-Wärmepumpe von 39 auf etwa 60 Megawatt erhöht. In diesem Sommer werden in der Carl-von-Linde-Straße Fernwärme-Rohre verlegt. Es werden weitere Gewerbebauten, die Feuerwehr, die Ganghoferschule sowie der neue Caritas-Hort klimaschonende Energie beziehen. Etwa 14,5 Millionen Euro werden dafür investiert.

Doch den ganz großen Wurf, wie er FDP-Stadtrat Manfred Riederle vorgeschwebt ist, wird es dem städtischen Unternehmen zufolge wohl nicht geben. Der Liberale hatte beantragt zu prüfen, ob eine Vollversorgung des Stadtgebiets mit nahezu CO₂-freier Energie möglich wäre. Der Stadtrat beschloss, dies untersuchen zu lassen. Doch jetzt berichtet die GTU von einer Machbarkeitsstudie, der zufolge eine zweite Thermal-Förderbohrung "beim derzeitigen und mittelfristig geplanten Ausbaustand" wenig ratsam sei. Bereits jetzt bleibe in den Sommermonaten, außerhalb der Heizperiode, die vorhandene Geothermie-Energie überwiegend ungenutzt. Den hohen Kosten einer weiteren Förderbohrung stünde ein magerer Zugewinn von 7,5 bis acht Megawatt Leistung gegenüber. Dennoch erklärt die GTU: "Eine zweite Förderbohrung bleibt für einen späteren Zeitpunkt weiter in der Betrachtung."

Die Studie hat dem städtischen Unternehmen zufolge auch gezeigt, dass das Stadtgebiet flächenmäßig zu groß ist und baulich zu klein strukturiert, um eine vollständige Versorgung auch nur annähernd wirtschaftlich zu erreichen, insbesondere wenn Gebäude von bestehenden oder künftigen Leitungstrassen zu weit entfernt liegen. Jeder Trassenmeter einer Hauptleitung kostet die GTU nach jüngsten Ausschreibungsergebnissen etwa 1900 Euro netto, was nach Abzug der von Kunden zu zahlenden Baukostenzuschüsse durch die GTU AG getragen wird. Zu erwartende massive Kostensteigerungen beim Leitungsbau seien noch nicht berücksichtigt. Aktuell wird laut GTU untersucht, ob bei unwirtschaftlichen Gebäudeanschlüssen höhere Baukostenbeiträge verlangt werden könnten.

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