Beim geplanten Bau des ersten Radschnellwegs im Freistaat von München-Neuherberg in den Landkreis nach Garching und Unterschleißheim sind weitere Verzögerungen zu erwarten. Im Mobilitätsausschuss des Kreistags erklärte nun Stefan Rinderer vom Staatlichen Bauamt Freising, dass für die an Bundesstraßen gelegenen Streckenabschnitte ein Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden müsse.
Dies treffe definitiv auf den Abschnitt entlang der Bundesstraße 13 nach Unterschleißheim zu, machte Rinderer deutlich - und womöglich auch auf die Trasse an der B 471 nach Garching. Ob diese überhaupt verwirklicht werden kann, ist mittlerweile aber ohnehin fraglich. Nach massiver Kritik an der Streckenführung aus der Stadt Garching werden mittlerweile zwei alternative Trassen geprüft: entlang des Schleißheimer Kanals und nördlich von Hochbrück.
Die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens für den Radschnellweg, sagt Landrat Christoph Göbel (CSU), komme zwar "unerwartet", aber auch "nicht vollkommen überraschend". Schließlich sei das Bundesfernstraßengesetz in dieser Frage sehr klar formuliert, so der Landrat: Wenn, wie in diesem Fall an der B 13 nach Unterschleißheim, an einer Bundesstraße Änderung vorgenommen werden, muss ein solches Verfahren eingeleitet werden. Ist der Radweg indes als "selbständig" zu betrachten - gibt es also keine baulichen Eingriffe in die bestehende Straße -, ist ein normales Bauleitverfahren ausreichend.
Markus Büchler, Kreisrat und verkehrspolititischer Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen, sagt: "Auf den Standpunkt, ein Planfeststellungsverfahren einzuleiten, kann man sich schon stellen." Allerdings sei er vom Zeitpunkt "überrascht" worden, sagt Büchler und kritisiert die Staatsregierung und Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU). Der habe noch vor kurzem dem Bau von Radschnellwegen Priorität eingeräumt und behauptet, der Freistaat werde sich bei diesen Projekten stärker engagieren. "Der Verkehrsminister will beschleunigen, nimmt die Straßenbauämter mit hinein und plötzlich blockieren die und bauen neue Hürden auf", sagt Büchler. "Das ist doch ein Witz. Wir verlieren nur immer mehr Zeit."
Landrat Göbel indes nennt den Zeitverlust durch das Planfeststellungsverfahren "überschaubar". Göbel und Abteilungsleiter Rinderer rechnen mit einer zusätzlichen Planungsphase von etwa eineinhalb Jahren, bis das Verfahren gestartet werden kann. "Und dann kann alles sehr schnell gehen, wenn diese Planung wasserdicht ist", sagt Göbel.
Zudem sei ein Planfeststellungsverfahren "rechtssicherer", biete weniger Angriffsfläche, da es "nur von bestimmten Kreisen angegriffen werden kann" und die "Rechtsmittelfrist mit vier Wochen deutlich kürzer ist als bei einem Bauleitverfahren", so der Landrat. Auch mögliche Enteignungen beim Grunderwerb seien mit einem Planfeststellungsverfahren deutlich leichter zu realisieren, sagt Göbel: "Aber ich will hier natürlich keine Keule schwingen oder drohen." Grundsätzlich sei es aber auch möglich, gegen ein Planfeststellungsverfahren zu klagen.
"Ginge es um eine Straße für Autos, wäre das Projekt längst realisiert", sagt Grünen-Verkehrsexperte Büchler. "Es ist doch ein Wahnsinn. Wir reden über einen vier Meter breiten Radlweg auf einer Länge von 15 Kilometern - und das Hightech-Land Bayern braucht dafür zehn Jahre. Das kann keiner mehr verstehen." Büchler fordert, dass der Freistaat die Verantwortung für die Radschnellwege übernehmen und diese in den Rang von Staatsstraßen erheben müsse: "Dann müsste der Freistaat die Planung, den Bau und den Unterhalt übernehmen, und es wäre endlich klar definiert, was ein Radschnellweg ist und wie die Prozesse abzulaufen haben."
Auch Ingrid Lenz-Aktas, Sprecherin der SPD-Kreistagsfraktion, sieht die Staatsregierung in der Verantwortung. "Minister Reichhart hat gesagt, der Bau von Radschnellwegen werde beschleunigt, und nichts passiert. Das ist wie beim Brennerzulauf oder der zweiten Stammstrecke." Die Prozesse von Planfeststellungsverfahren müssen dringend beschleunigt werden, sagt Lenz-Aktas. "Dafür braucht es den politische Willen, aber auch mehr Personal. Wir im Landkreis dürfen uns nicht damit zufrieden geben, wie es jetzt läuft."
Dass der erste Radschnellweg kommt, sei sicher, sagt Landrat Göbel. Zugleich macht er aber auch auf die Dimension des Projekts aufmerksam: "Das ist schon ein Viech. Wir reden hier schließlich über das größte Radwegeprojekt Bayerns."