Unterschleißheim:Freitags in die Mutter-Maria-Moschee

Die Stadt Unterschleißheim reagiert auf Kritik am geplanten muslimischen Zentrum mit einer Podiumsdiskussion. Dabei macht die Vertreterin des Trägervereins einen überraschenden Vorschlag.

Von Alexandra Vettori, Unterschleißheim

Islamisches Gemeinde- und Kulturzentrum Am Weiher

Öczan Bölen (links) vom Fatih-Moschee-Verein beantwortete geduldig die Fragen der Anwohner.

(Foto: lukasbarth.com)

An die 200 Interessierte sind ins Unterschleißheimer Bürgerhaus zum Informationsabend über das geplante muslimische Zentrum gekommen, unter ihnen viele Muslime. Eingeladen hat die Stadt, nachdem es Unruhe in der Nachbarschaft gegeben hatte. Auch am Dienstag wurden Fragen gestellt, auch Kritik wurde laut. Doch am Ende überwog Harmonie - und einer der Anwesenden erklärte sich spontan bereit, die bislang nur in Türkisch gehaltene Homepage des Moschee-Vereins ins Deutsche zu übersetzen.

Zunächst werden Container aufgestellt

Der Fatih-Verein wird in den nächsten Wochen Container für ein Gebets- und Kulturzentrum auf seinem Grundstück am Weiher aufstellen. Die bisherigen Räume wurden gekündigt. Den Wunsch nach einem repräsentativen Neubau gibt es; weil er mit Spenden finanziert werden muss, ist er aber nicht so schnell umzusetzen.

Das Unterschleißheimer Rathaus hat nichts dem Zufall überlassen. Schon die erste Kritik aus der Nachbarschaft am Furtweg und am Weiher nahm man zum Anlass, die Öffentlichkeit in die Entstehung des muslimischen Zentrums einzubinden, auch wenn es vorerst nur ein paar Container sind. Auch hatte sich die Stadt beim ersten Infoabend, dem - so versicherte Bürgermeister Christoph Böck (SPD) - bei Bedarf weitere folgen, Schützenhilfe geholt.

Die Journalistin Andrea Flemer führte als Moderatorin durch den Abend, auf dem Podium saßen neben Bürgermeister Böck und Öczan Bölen, die Mitglied im Vorstand der Fatih-Moschee ist, auch der evangelische Pfarrer Thomas Lotz, Florian Knape vom Bundesamt für Migration und Mitglied der Deutschen Islamkonferenz, sowie Thomas Schmitt, Humangeograf der Universität Augsburg.

Pfarrer Lotz nahm schon gleich bei der Vorstellungsrunde Druck aus der Diskussion. Die Kernfrage sei doch, ob die Menschen an einem Ort alle den gleichen Glauben haben sollten oder ob man mit religiöser Vielfalt leben könne. Da, fügte Lotz lächelnd hinzu, habe man immerhin schon eine Entwicklung hinter sich: "Vor 100 Jahren ein evangelischer Pfarrer auf dem Podium - das wäre undenkbar gewesen."

Die Personalentwicklerin Öczan Bölen lebt seit 33 Jahren in Unterschleißheim

Jetzt aber saß neben ihm Öczan Bölen von der Fatih-Moschee, seit 33 Jahren in Unterschleißheim, Handelsfachwirtin und Personalentwicklerin. 140 Mitglieder habe der Moschee-Verein, erzählte Bölen, dieser gehöre zum Dachverband der Ditib, der türkisch-islamischen Union. Diese, betonte Professor Schmitt, könne vom Verdacht auf Extremismus frei gesprochen werden.

Tatsächlich ist Fatih in das Ortsleben integriert, seit vor 20 Jahren die Gebetsräume am Unterschleißheimer Bahnhof eröffnet wurden. Man beteiligt sich an den Stadtfesten, es gibt zwei Fußballmannschaften in der Amateurliga. Die Container, die einst einen Kindergarten beherbergten, hat der Verein günstig erstanden, das Grundstück am Weiher schon vor zwei Jahren von der Stadt Unterschleißheim gekauft. Für welche Summe, sagte Bölen auch, nachdem sie ein Besucher direkt danach fragte: 300 000 Euro.

Andere Fragen drehten sich um Verkehr und Lärm. Wie viele Menschen an den Freitagen, den besucherstärksten Tagen, in die Moschee kämen, beantwortete Bölen mit maximal 120 an hohen Feiertagen. Auch dass vom Sommerfest im vergangenen Jahr noch Müll auf dem Grundstück des Vereins liege, bekrittelten Anwohner, ebenso wie ein Schild, das den Zutritt strengstens verbiete. Bölen antwortete, das Schild sei aufgestellt worden, weil sich auf dem Gelände Saufgelage von Unbekannten abgespielt hätten.

Die Verkehrsprobleme sollen gelöst werden

Auch der Name Fatih wurde kritisiert. Das sei, sagte ein Anwesender, doch der Name eines Eroberers von Konstantinopel, der aus der Kirche Hagia Sophia eine Moschee gemacht habe. Öczan Bölen blieb auch hier verbindlich: Sie wisse leider nichts über die Hintergründe der Namensgebung vor 20 Jahren, könne sich aber vorstellen, das neue Moschee-Zentrum umzubenennen, nach "Mutter Maria" zum Beispiel, damit könnten vermutlich alle leben.

Die befürchteten Verkehrsprobleme, beruhigte Bürgermeister Böck, würden spätestens gelöst, wenn der Andreas-Danzer-Weg ausgebaut werde, der dann den engen Furtweg entlaste. Dank des Besuchers, der seine Übersetzungsdienste anbot, wird auch die Beschwerde über die rein türkische Homepage der Moschee demnächst abgearbeitet.

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