Unterschleißheim:Bloß nicht zu hoch bauen

Unterschleißheim: Eine Nummer kleiner: Der geplante Wohnturm am Unterschleißheimer Business Campus soll statt 70 Meter weniger als 50 in die Höhe ragen.

Eine Nummer kleiner: Der geplante Wohnturm am Unterschleißheimer Business Campus soll statt 70 Meter weniger als 50 in die Höhe ragen.

(Foto: Wilkdesign)

Die Stadt plant ein neues Wohngebiet und bezieht die Bürger mit ein. Die haben schon mal das markanteste Gebäude gestutzt.

Von Martin Mühlfenzl

Ein Turm, viele Meinungen. So lässt sich die lebhafte Diskussion rund um das neue Wohngebiet zusammenfassen, das auf dem ehemaligen Siemens-Parkplatz an der Alfred-Nobel-Straße nördlich vom Business-Campus in Unterschleißheim entstehen soll. Eine Konsequenz ist bereits zu Beginn der Bürgerbeteiligung, dass der von den Architekten als Landmarke vorgesehene Turm mit einer Höhe von 70 Meter wohl nicht gebaut wird, sondern die in einem Bürgerentscheid im Jahr 2012 beschlossene Maximalhöhe von 49 Metern zur Anwendung kommen wird.

Was die Stadt zusammen mit der Unternehmensgruppe DV Immobilien aus Regensburg auf dem etwa drei Hektar großen Areal - ein Drittel befindet sich in Besitz der Stadt - plant, ist nicht nur von den Ausmaßen her groß gedacht, sondern soll Antworten auf gesellschaftlich relevante Herausforderungen geben: Der öffentliche Raum soll möglichst offen sein, es sollen ökologische Viertel entstehen, Dachflächen begrünt und bisher versiegelte Fläche wieder geöffnet werden. Zugleich soll bezahlbarer Wohnraum entstehen, um dem weiter anhaltenden Druck auf dem Wohnungsmarkt begegnen zu können.

Zuvor sollen die Bürger eingebunden werden. Vergangene Woche kamen zur Vorstellung eines ersten Entwurfs für das neue Quartier mehrere hundert Bürger, online können sich Interessierte umfassend informieren und auch Einwendungen machen und Anregungen geben (www.wohnviertel.mitsprechen.com).

Die Diskussion rund um das Projekt - und vor allem die Höhe des Turms - hat bereits volle Fahrt aufgenommen. "Na klasse, da haben sich die Bedenkenträger also wieder durchgesetzt", schreibt ein User auf Facebook. Und weiter: "Bloß nichts wagen, bloß nicht herausstechen aus dem Einheitsbrei der Münchner Vorstädte." Sie sei der Meinung, schreibt eine Userin, es sollte wieder höher gebaut werden, "um somit auch mehr Wohnungen entstehen zu lassen." Dies kontert ein Kritiker: "Es ist leider ein Irrtum, das neue Wohnungen eine Auswirkung auf den Mietpreis haben." Nur ein kleiner Anteil von vielleicht zehn Prozent werde hinterher der Stadt gehören.

Unterschleißheims Bürgermeister Christoph Böck (SPD), der sich nach der Kritik bei der Präsentation der Pläne mit dem Investor darauf geeinigt hat, künftig eine "Begrenzung der Höhenentwicklung auf unter 50 Meter" zu berücksichtigen, sieht die Sache pragmatischer. "Der Turm mit einer Höhe von 70 Meter war ein Vorschlag des Architekten", sagt Böck der SZ.

"Wir haben das besprochen, die Bürgerbeteiligung sehr ernst genommen und jetzt auch so entschieden." Letztlich, so der Rathauschef, liege die endgültige Entscheidung, wie hoch nahe dem Business-Campus gebaut wird, ohnehin beim Stadtrat. Ob die vorläufige Entscheidung, die 49-Meter-Grenze einzuhalten, nachhaltige Auswirkungen auf künftige Projekte haben wird, will Böck indes nicht beantworten: "Ich halte sie an dieser Stelle für eine gute Entscheidung. Ob das künftig bei allen Vorhaben so sein wird, werden wir sehen."

Dass durch die Reduzierung der Höhe wichtiger und vor allem bezahlbarer Wohnraum verloren gehen könnte, glaubt Böck nicht. "Wir stehen am Anfang der Planungen. Und es ist jetzt die Aufgabenstellung für den Architekten, dafür zu sorgen, dass kein Wohnraum und kein öffentlicher Raum verloren gehen", sagt der Bürgermeister. Stefan Krimmer, Gemeinderat und Bürgermeisterkandidat der CSU, findet, die erste Bürgerbeteiligung habe gezeigt, dass eine Begrenzung der Höhenentwicklung gewünscht werde.

"Mir war klar, dass der Vorschlag eines Turms mit 70 Meter Höhe sehr, sehr kontrovers diskutiert wird", sagt Krimmer. "Und an diesem Punkt sind wir jetzt. Es zeichnet sich ab, dass die 70 Meter nicht kommen werden." Die Planungen, in dem Hochhaus vor allem kleinteiligere Wohnungen bauen zu wollen, befürwortet Krimmer indes. Diese würden in Unterschleißheim dringend benötigt.

Es dürfe aber nicht "auf Teufel komm raus" neuer Wohnraum geschaffen werden, so der Bürgermeisterkandidat. "Unterschleißheim ist flächenmäßig eine der kleinsten Kommunen. Wir dürfen dem Angebot auf dem Wohnungsmarkt nicht hinterherlaufen, sondern müssen die Balance schaffen zwischen Angebote zulassen und viel Wohnraum in eigenem Bestand zu haben."

Wie sehr die Meinungen beim Projekt "Tower" auseinander gehen, zeigt ein weiterer Blick ins Internet. Dort haben sich mehr als 700 User an einer Umfrage zum Thema Hochhäuser beteiligt und mehr als 50 Prozent haben dem "Trend-Barometer" zufolge kein Problem mit Hochhäusern in der bevölkerungsreichsten Kommune des Landkreises.

Freilich weisen die Macher der Umfrage darauf hin, dass nur ein "kleiner Teil der Einwohnerschaft" daran Teil genommen habe, dennoch fordert ein User gleich: "Zeit für einen neuen Bürgerentscheid." Der aber wird so schnell nicht kommen, vielmehr fühlen sich Bürgermeister Böck und der Investor weiter an das Ergebnis von 2012 gebunden.

Zur SZ-Startseite
Höchhäuser München Paketposthalle

Hochhäuser in Münchens Skyline
:"Städtebauliche Parasiten"

Die Hochhaus-Pläne auf dem Areal der Paketpost provozieren leidenschaftliche Reaktionen: Die Mitglieder der Stadtgestaltungs­kommission sind angetan, Traditionalisten aber schäumen.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: