Unterhaching:Wo Panzers Hammer hängt

Bürgermeister schlägt auf Grünen-Antrag zu einer Fortbildungsoffensive für Erzieherinnen ein

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Wenn im Unterhachinger Gemeinderat der Punkt "Anfragen an den Vorsitzenden" zum Ende der Sitzung aufgerufen wird, dann rechnen viele damit, dass insbesondere die Grünen-Fraktion wieder einen Stapel mit Anträgen vorbereitet hat. Deren Ansinnen macht der Verwaltung oft eine Menge Arbeit, zu Beginn der Wahlperiode war das immer mal ein Thema. Insbesondere diejenigen Gemeinderäte, die inzwischen bei den Grünen ausgetreten und auch gar nicht mehr gut auf sie zu sprechen sind, regen sich gerne mal darüber auf. Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) nimmt die Anträge möglichst gelassen entgegen. Nur an diesem Mittwoch nicht. Da ist er richtig sauer geworden.

Die Grünen nämlich finden, dass die Unterhachinger Kindertageseinrichtungen dringend eine Fortbildungsoffensive brauchen, um den negativen Folgen der Corona-Pandemie begegnen zu können. Es ist von der Cospy-Studie aus Hamburg die Rede, wonach 20 Prozent der Kinder psychisch auffällig sein sollen. Sorgen, Ängste und psychosomatische Beschwerden hätten zugenommen. "Es muss davon ausgegangen werden, dass Unterhachinger Kinder ebenfalls von diesen Entwicklungen betroffen sind", befürchtet die Fraktion und fordert daher "eine hohe Qualität in der Kinderbetreuung".

Offenbar sehen die Grüne diese in Unterhaching nicht gegeben, denn sie schreiben: "Die Erziehungskräfte brauchen fachlichen Input und Zeit für Reflexion ihrer täglichen Arbeit. Alltagstheorien müssen überprüft und das Handlungsrepertoire erweitert werden. Das bedeutet: Sie brauchen Hilfestellung durch Fachberatung und Fortbildung." Die Grünen haben auch genaue Vorstellungen, wie eine solche Fortbildung aussehen soll.

Ihre Fraktionsvorsitzende Evi Karbaumer trug eine ganze Liste vor: von bedürfnis- und situationsorientierter Pädagogik, die Inklusion und Partizipation als Leitlinien voranstelle, über ein Augenmerk auf Armut und Ausgrenzung bis hin zu mehr Bewegung, gesunder Ernährung und angemessenem Medienkonsum. Auch die "kindgerechte Ausstattung der Räume" hält sie offenbar für verbesserungswürdig. Zudem fordert sie Aufklärungsprojekte zum Thema LGBTIQ, Regenbogenfamilien und Rassismus. Weiter schreiben die Grünen: "Die Weiterbildung der Erziehungskräfte thematisiert die Haltung jeder einzelnen Fachkraft, jedoch besonders auch die Haltung des Teams." Karbaumer ist überzeugt, dass nach einer solchen Fortbildungsoffensive das Kita-Personal mit "neuem Elan" an die Arbeit geht. Die Verwaltung solle nun einen Plan erstellen, die Kosten ermitteln und die Einrichtungen anderer Träger mit einbeziehen.

Im Gremium erntete Karbaumer mit ihrem Vortrag überwiegend Kopfschütteln. Bürgermeister Panzer rang um die richtigen Worte und sagte dann: "Ich bin bestürzt und peinlich berührt." Schließlich mache die Gemeinde alles, was möglich sei, für das Kita-Personal. "Wir schulen unsere Mitarbeiter ständig, auch ohne Pandemie und ohne solche Anträge." Für externe Anbieter könne die Gemeinde dies gar nicht. Seine Gefühlsregung auf den Antrag formulierte er so: "Ich fühle mich wie mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen."

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