Wintergärten:Gut fürs Wohnklima, schlecht fürs Weltklima?

Pflanzenparadies hinter Glas - Den Wintergarten planen und bauen

Nicht nur gut fürs Wohnklima, sondern auch fürs Klima auf der Erde? Wintergärten haben unterschiedlichen Nutzen.

(Foto: dpa)

Wärmepuffer oder Energieschleuder? Ob ein Wintergarten zum Klimaschutz beiträgt, hängt davon ab, ob er beheizt werden kann. Und davon will Unterhaching abhängig machen, ob die Anbauten erlaubt werden.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Ab und zu lässt sich die Sonne auch im November noch blicken. Auf der Terrasse ist es dennoch eher ungemütlich, wenn zugleich der Herbststurm ums Haus fegt. Ein Wintergarten käme jetzt gerade recht, denkt sich mancher Immobilienbesitzer und träumt von einer lichtdurchfluteten Wohnraumerweiterung. Bauanträge für solche verglaste Anbauten bekommen die Mitarbeiter in Rathäusern regelmäßig auf den Tisch. Meist geht es um die Befreiung vom Bebauungsplan, wenn dieser Wintergärten nicht vorsieht. In der Gemeinde Unterhaching, die sich das ehrgeizige Ziel gesetzt hat, bis 2030 klimaneutral zu sein, treibt die Gemeinderäte nun zusätzlich zum Problem der überschrittenen Baugrenzen die Frage um: Sind Wintergärten eigentlich energetisch vertretbar?

"Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Es kommt auf den Einzelfall an", sagt Anna Lambrecht aus der Abteilung Klimaschutz im Unterhachinger Rathaus. Denn Wintergarten ist nicht gleich Wintergarten. Genauer gesagt gibt es Kaltwintergärten und Wohnwintergärten. Spätestens wenn die Sonne den Wintergarten nicht mehr auf eine angenehme Wohlfühltemperatur aufheizt, überlegt sich der Besitzer, ob er allein damit zufrieden ist, in seinem angebauten Glashaus im Winter einfach nur sein Bier zu kühlen und frostempfindliche Pflanzen zu überwintern oder eine Heizung her muss. Will man behagliche 20 Grad erreichen, um auch im Februar ohne dicke Jacke am Esstisch Platz zu nehmen, muss der Wintergarten an die Heizungsanlage im Haus angeschlossen sein oder es wird sogar eine eigene Heizung eingebaut. Dann aber, heißt es aus dem Unterhachinger Rathaus, sei ein Wintergarten für den Klimaschutz keine gute Sache.

Denn ein Wintergarten besteht größtenteils aus Glas. "Der Wärmeverlust über die Scheiben bei kalten Temperaturen ist selbstverständlich größer als bei einem normalen Mauerwerk", schreiben die Experten des Online-Portals Fensterbau-Ratgeber.de. In der Heizphase betrage der Heizwärmebedarf des Wintergartens im Vergleich zum Wohnhaus etwa das Drei- bis Vierfache. Auch der Bundesverband Wintergarten bestätigt auf seiner Webseite: "Bei zu geringer direkter Sonneneinstrahlung oder zu geringem Streulicht braucht der Wintergarten allerdings eine stärkere Heizleistung als Kompaktbauten wegen der auch heute noch besseren Wärmedämmung massiver Wände und Dächer." Allerdings bezeichnet der Bundesverband die Glasanbauten auch als "hocheffektive Solaranlage mit solaren Energiegewinnen im Kilowattstunden-Bereich".

An 220 bis 270 Tagen auch in unseren Breiten nutzbar

Sie würden in der Heizperiode den Brennstoffbedarf für die Heizung dieses und des angrenzenden Raumes drastisch reduzieren, zum Teil sogar überflüssig machen. An sonnigen Tagen sei der Wärmeeintrag in den Wintergarten deutlich höher, als bei einem normalen Wohnraum, betont auch der Fensterbau-Ratgeber. An 220 bis 270 Tagen herrschten in unseren Breiten auch ohne Heizung angenehme Temperaturen im Wintergarten. Somit unterscheide sich der Energiebedarf eines Wintergartens unter Einbeziehung der solaren Gewinne nicht wesentlich von dem eines normalen Wohnraums. Abhängig ist das allerdings auch von der Ausrichtung.

Das Wohlwollen der Klimaschutzabteilung im Unterhachinger Rathaus finden die Kaltwintergärten, da sie für das Gebäude selbst als Klimapuffer und damit als Energiesparer wirken. Das bestätigt auch Ruth Jürgensen, Energieberaterin der Energieagentur Ebersberg-München. "Werden sie hingegen beheizt, wären sie als Erweiterung der thermischen Hülle zu sehen", erläutert sie den Unterschied. In der Regel dämmten Hauswände besser als Glasscheiben, wenngleich heutzutage sehr gute Verglasung in Hinblick auf Wärmedämmung zu bekommen sei. Handele es sich um einen Anbau an ein sehr altes Bestandsgebäude könne es auch vorkommen, dass die moderne Verglasung besser dämme als das alte Mauerwerk.

Anna Lamprecht aus dem Unterhachinger Rathaus hat noch weitere Punkte, die beim Bau eines Wintergartens berücksichtigt werden müssten, will man nicht nur etwas für das eigene Wohlbefinden, sondern auch für Klima- und Umweltschutz tun: Wenn der Anbau etwa auf einer bestehenden Terrasse errichtet werden soll und keine zusätzliche Fläche versiegelt werden muss, wenn er vielleicht sogar noch zum Gemüseanbau genutzt werden soll, könnte man in Unterhaching zukünftig bei einem Bauantrag durchaus Pluspunkte sammeln. Rathaussprecher Simon Hötzl geht davon aus, dass solche Kriterien durchaus eine entscheidende Rollen spielen werden, wenn es um die Befreiung vom Bebauungsplan geht.

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