Süddeutsche Zeitung

Unterhaching:Weniger im Angebot

Bewohner des Unterhachinger Fasanenparks beklagen, dass aus dem Tengelmann-Supermarkt ein Discounter wird. Sie halten Netto für keinen adäquaten Ersatz. Die Gemeinde dagegen ist eher erleichtert.

Von Michael Morosow, Unterhaching

Am Samstag, 25. Februar, wird die Tengelmann-Filiale im Fasanenpark für immer schließen und nach mehreren Wochen Umbauzeit als Discounter der Firma Netto eröffnen. Für viele Bewohner des Unterhachinger Ortsteils ist dies keineswegs ein Grund zur Freude. Im Gegenteil, den Tausch Tengelmann gegen Netto empfinden vor allem ältere Menschen als weiteren Schritt in Richtung Versorgungswüste. Statt zuvor circa 8000 Artikel werden sie nur noch 4000 Artikel in den Regalen vorfinden und Wurst wie Fleisch nicht mehr an der Frischetheke bekommen, sondern abgepackt in Frischhaltefolien.

"Wir sind alle ganz wütend. Viele ältere Menschen sind geradezu verzweifelt", sagt Ilse Kääb, Bewohnerin der ersten Stunde, die seit Jahren über die schlechter werdende Versorgungslage im Fasanenpark schimpft und wütend ist auf die Gemeinde Unterhaching, die ihrer Meinung nach nicht genügend unternommen hat, um einen Vollsortimenter im Ortsteil zu halten.

Ilse Kääb ist dabei bei weitem nicht die einzige, die Klage führt über den von den Bewohnern gefühlten Versorgungsengpass im Fasanenpark. "Es haben sich schon viele ältere Mitbürger deshalb bei mir gemeldet", sagt Rathaussprecher Simon Hötzl. Aber wie auch für Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) und den Gemeinderat ist auch für Hötzl die Neueröffnung des Netto keineswegs ein Grund zur Enttäuschung, sondern eher zur Freude.

"Unser Ziel war es, die fußläufige Einkaufsmöglichkeit im Fasanenpark zu erhalten, das ist uns gelungen", sagt Hötzl. Dass es kein Vollsortimenter mehr wird, sei der Tatsache geschuldet, dass die Verkaufsfläche dafür zu klein sei. Besser also der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach? Nach Darstellung von Claudia Köhler, Fraktionschefin der Grünen im Gemeinderat, ist das so. "Über unseren Köpfen schwebte auch die Möglichkeit, dass der Tengelmann ersatzlos schließt", sagt Köhler.

Einen Bus zum Grünwalder Weg lehnt die Gemeinde ab

Wie Ilse Kääb gehört auch Ursel Bendel zu den Siedlungsbewohnern der ersten Stunde, sie wohnt seit bald 50 Jahren im Fasanenpark. Bereits der Tengelmann sei immer schon zu klein und zu bieder gewesen, sagt Bendel, die sich als "Fasanenpark-Ureinwohner" bezeichnet. Weil sie seit einiger Zeit kein Auto mehr besitze, sei sie auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Wenn sie aber damit zum Unterhachinger Gewerbegebiet am Grünwalder Weg zum Einkaufen oder zum Essen fahre, müsse sie erst mit der S-Bahn nach Taufkirchen und dann mit dem Bus zurück nach Unterhaching fahren.

"Wäre es nicht möglich den Bus, der doch durch ganz Unterhaching fährt, hin und wieder (eventuell stündlich) ins Gewerbegebiet fahren zu lassen? Es gibt sicher noch mehr Bewohner ohne Auto, die gerne auch mal ins Gewerbegebiet Unterhaching fahren möchten", heißt es in einem Schreiben, das Ursel Bendel als Beitrag für die SZ-Dialog-Veranstaltung im Januar an die Redaktion geschickt hat. "Nein, geht nicht", lautet die kurze Antwort von Bürgermeister Panzer. Dieses Anliegen werde häufiger an ihn herangetragen, aber er sei darüber zwiegespalten.

"Wenn wir die Busse direkt dorthin fahren lassen, können die kleinen Geschäfte nicht überleben", und er wolle die Gewerbetreibenden im Fasanenpark nicht schwächen, sagt Panzer. "Wir haben uns bereits einen Fahrdienst überlegt, einen Bus, der zwei Mal in der Woche zum Gewerbegebiet fährt", sagt Ilse Kääb. Aber das sei nicht so einfach zu verwirklichen.

Am 31. Dezember 2016 endete die Ära von Kaiser's Tengelmann, die verbliebenen Geschäfte wurden an Edeka verkauft. Edeka wiederum veräußert 60 Filialen an Rewe weiter. Filialen mit einer großen Fläche werden zu Edeka umgestaltet, kleinere Läden wie im Fasanenpark zu Netto-Discountern.

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SZ vom 22.02.2017
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