SZ-Aktion "Läuft mit uns":Laufpartner Eminem

Musik kann laut einer Studie stimulieren oder beruhigen und den Jogging-Genuss steigern. Doch es kommt auf die Soundauswahl an.

Von Bernhard Lohr, Unterhaching

SZ-Aktion "Läuft mit uns": Igor Matišić mag Musik zum Sport: Er hört kroatischen Pop, Eminem oder Metallica. Je nach Stimmung und je nachdem, ob er gerade einen Motivationsschub braucht.

Igor Matišić mag Musik zum Sport: Er hört kroatischen Pop, Eminem oder Metallica. Je nach Stimmung und je nachdem, ob er gerade einen Motivationsschub braucht.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Igor Matišić chillt gerade, bevor er noch einmal richtig Gas gibt. Er macht ein paar langsame Schritte, streckt sich, dehnt sich. Dazu läuft kroatischer Pop über seine Kopfhörer. Und dann sprintet er los, den steilen Hang am Westende der Landebahn hinauf, die den Unterhachinger Landschaftspark durchzieht. Musik gehört für den 32-Jährigen dazu, wenn er Sport treibt und nicht gerade bei Fortuna Unterhaching als Stürmer auf dem Feld steht. Sie hilft ihm beim Entspannen, sie motiviert und gibt Kraft. Je nachdem, was er gerade braucht. Matišić wechselt dann flott auch von der Band Dalmatino zu Metallica, Eminem oder AC/DC: "Wenn ich fertig bin, gibt mir das Motivation", sagt Matišić.

Einige spulen an diesem lauen Frühlingsabend im Landschaftspark ein kleines Sportprogramm ab. Kite-Skateboarder sind auf der Asphaltbahn unterwegs. Ein paar Jungs und Mädels haben Spaß mit ihren Bikes. Und einige sind mit Ohrstöpseln oder Kopfhörern versehen ganz bei sich. Sie flitzen auf Inline-Skates vorbei oder Joggen stoisch vor sich hin, so wie der 32-jährige Unterhachinger, der nach seiner Laufrunde eben noch ein paar Belastungssprints hinlegt, damit er dem Gegner vor dem Tor davonziehen kann.

Musik hilft nicht nur Igor Matišić, der auch im Fitnessstudio mit Ohrstöpseln trainiert, beim Training noch mehr herauszuholen, Tiefpunkte zu überwinden und zu entspannen. Forscher der Universität im brasilianischen Londrina haben positive Effekte in einer Studie nachgewiesen, bei der 15 gut trainierte Testpersonen einen Fünf-Kilometer-Lauf absolvierten. Diese liefen mal mit ruhiger Musik, mal mit treibendem Sound und mal ohne. Die Forscher kontrollierten Hirnströme, Stimmung und Pulsschlag der Probanden. Sie schauten, wie es diesen vor dem Lauf geht, schickten sie auf die Strecke und kontrollierten hinterher deren Verfassung. Dabei zeigte sich, dass schnelle Beats und harte Riffs wie von Metallica aus einem erschöpften keinen fitten Läufer machen. Doch die Musik wirkt. Man stellte Impulse auf direkt hinter der Stirn liegende Gehirnbereiche fest, die viele Körperfunktionen steuern. Die Musik stimuliere beim Laufen und beruhige in der Regenerationsphase, schreiben die Forscher in ihrer Studie aus dem Jahr 2015, die sie im "Journal of Strength and Conditioning Research" veröffentlicht haben.

Es muss natürlich die richtige Musik sein. Eine Bach-Fuge bringt einen Sportler beim Sprint nicht zur Höchstleistung, hilft aber wohl beim Regenerieren hinterher. Die im Durchschnitt 25 Jahre alten Probanden durften jedenfalls ihren Fitness-Sound selbst wählen. Das liegt nahe. Aber es gibt auch viele Freizeitsportler, die zu einer der unzähligen Playlisten greifen, die etwa auf Spotify zu finden sind. Wer dort sucht, bekommt als Abonnent das vorgeschlagen, was vermeintlich zum Musikgeschmack und Alter passt. Beim Selbsttest im Landschaftspark erscheint gleich "Jogging 80s Style" ganz oben, dicht gefolgt von "Rock zum Joggen". Man ist nicht mehr der Jüngste, denkt man sich. Und so geht es mit "Walk of Life" und dem Refrain "Juhuhu" von den Dire Straits los. Der Song beschwingt merklich und treibt einen voran auf dem Betonband in Richtung Ottobrunn. "We got the action, we got the motion", klingt es im Ohr. Passt. Und kurzzeitig wird aus dem Laufen ein Springen, als es mit Prince und dem Song "Kiss" funkig wird. Man nimmt es freudig auf, der Rest geschieht im "präfrontalen Cortex".

SZ-Aktion "Läuft mit uns": Na dann laufen wir mal los: Gute Ausrüstung ist wichtig. Die Ohrstöpsel müssen fest sitzen.

Na dann laufen wir mal los: Gute Ausrüstung ist wichtig. Die Ohrstöpsel müssen fest sitzen.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Doch die Ohrstöpsel taugen nichts und rutschen heraus. Hatte nicht Igor eben so richtige Proficlips am Ohr, die jede Bewegung mitmachen? Profis wählen nicht nur gute Ausrüstung, sondern stellen sich ihre Playlist mit Bedacht zusammen. Im Internet etwa in der Zeitschrift Runner's World finden sich viele Tipps. Da wird elektronische Tanzmusik mit den entsprechenden Beats für eine Minute zum Aufwärmen empfohlen, bevor man sich dann wirklich auf die Strecke begibt. Dann gibt es Hip-Hop und Rock zum Beschleunigen und Aufmunterndes von U2 oder Coldplay, um auf der Strecke noch alles herauszuholen. Und am Schluss geht es motivierend mit Wohfühl-Klängen à la Bee Gees ins Ziel. Die brasilianischen Forscher ließen ihre 15 Läufer mit Musik und auch ohne Musik auf die Fünf-Kilometer-Strecke, mit der Ansage, diese so schnell wie möglich zu bewältigen. Auf den ersten Runden brachte die Musik eine Leistungssteigerung, am Ende schlug dann tatsächlich die nachlassende körperliche Fitness durch. Da half auch ein Prince oder Eminem als Jogging-Partner nicht weiter.

Auf jeden Fall lohnt es sich, auf seinen eigenen Musikgeschmack zu vertrauen. Kroatischer Pop von Dalmatino hilft Igor, sich auf den Sprint zu fokussieren, bringt aber andere eher durcheinander. Angebotene Jogging-Sampler bringen das Problem mit sich, dass man mal mit Freude registriert, wenn ein Song nach eigenem Geschmack kommt, um dann beim nächsten innerlich zusammenzusacken. Bei "Footloose" von Kenny Loggins ist halt dann Schluss mit Achtzigern. Aber auch die Playlist "Jogging Motivation 2022" beglückt nicht unbedingt, wenn Norda mit dem Song "TikTok" zum Begleiter wird. Cardio-Jogging? Muss auch nicht unbedingt sein. In ein paar Jahren vielleicht.

Die Sonne senkt sich im Landschaftspark. Jetzt läuft die Liste mit den eigenen Lieblingssongs vom Streamingdienst ab. Damit wird der Joggingausflug noch zum vollendeten Genuss.

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