Unterhaching:Steilvorlage aus dem Rathaus

Unterhaching: Ein Grundstück am Sportpark soll bebaut werden, das aktuell als Parkplatz genutzt wird.

Ein Grundstück am Sportpark soll bebaut werden, das aktuell als Parkplatz genutzt wird.

(Foto: Claus Schunk)

Die Gemeinde will der Spielvereinigung Unterhaching durch eine Vergrößerung des Baurechts einen Wertzuwachs für ein Grundstück ermöglichen. Die Grünen nennen das Vorhaben unseriös und unfair.

Von Iris Hilberth und Stefan Galler, Unterhaching

Der Wert von Grundstücken in der Region München steigt ständig, ohne dass man etwas dafür tun muss. Mit einem Kniff kann der Preis manchmal sogar noch rascher nach oben getrieben werden. Etwa wenn man plötzlich viel mehr darauf bauen darf, als ursprünglich gedacht. GFZ lautet das Zauberwort, Geschossflächenzahl. Hinter diesem so harmlos klingenden Parameter im Bebauungsplan können Millionen von Euro stecken, wenn man entsprechend an dieser Zahl schraubt.

Im Unterhachinger Gewerbegebiet Nord, zwischen Biberger Straße und Stadion, wollte die Gemeindeverwaltung jene GFZ jetzt mehr als verdoppeln. Klammheimlich, finden die Grünen, und sind empört. Das Grundstück neben dem Stadion gehört der Spielvereinigung. Sie soll es erst kürzlich vom vorherigen Eigentümer erworben haben.

Im aktuell noch gültigen Bebauungsplan wird für dieses Areal eine GFZ von 1,0 angegeben. Viel zu wenig, um das Gebiet attraktiv für Investoren zu machen, weiß Unterhachings Wirtschaftsförderer Simon Hötzl schon lange. Weil dieses Gewerbegebiet das einzige in Unterhaching ist, das noch Potenzial hat, will er daraus einen hochwertigen Gewerbestandort entwickeln. Dagegen hat auch niemand im Gemeinderat etwas. Und so verständigte man sich im April auf eine GFZ von 1,6. Das bedeutet: Bei einer Grundstücksgröße von 5500 Quadratmetern dürfen dort 8800 Quadratmeter Bruttogeschossfläche errichtet werden. Mehr sollte es nicht werden, schließlich grenzt das Grundstück direkt an die Frischluftschneise Hachinger Tal, der Standort ist also heikel.

"Bauvorhaben muss sich rechnen"

Nun hat die Gemeindeverwaltung laut Hötzl aber festgestellt, dass 1,6 ein viel zu geringes Angebot an mögliche Interessenten ist, um hier zu investieren. 2,4 sei die Zahl, die gerade noch angenommen werde; das entspricht 13 200 Quadratmeter erlaubter Geschossfläche. "Ein Bauvorhaben muss sich rechnen", sagte er vergangene Woche im Bauausschuss, angesprochen auf die plötzlich höhere Geschossflächenzahl in den Unterlagen.

Einigen Ausschussmitgliedern leuchtete das nicht wirklich ein. Die Sache wurde vertagt und an diesem Mittwoch mit kleinen Änderungen dem Gemeinderat vorgelegt. Im 3. Obergeschoss ist man um vier Meter zurückgegangen, die GFZ wurde auf 2,3 reduziert. "Wir haben das schnell mit dem Investor geklärt und sind dem Gemeinderat entgegengekommen", findet Hötzl.

Die Grünen sind jedoch der Ansicht, dass die Gemeinde vor allem dem Eigentümer entgegenkommt, der das Grundstück nach der April-Sitzung gekauft haben soll. "Der politische Wille war im April ganz klar die GFZ 1,6. Alle Investoren, Kaufinteressenten und Beteiligten konnten sich danach richten, die Voraussetzungen waren klar, beschlossen und fixiert", sagte Claudia Köhler in der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend.

Wenn der Gemeinderat keine fünf Monate später die GFZ einfach so deutlich erhöhe und damit die Parameter entscheidend verschiebe, sei das keine verlässliche Politik. "Wir erhöhen ohne Vorteil für die Gemeinde, ohne die im Baugesetzbuch vorgesehene Gewinnabschöpfung, den Wert des Grundstücks drastisch", mahnte sie. Es entstehe ein "leistungsloser Bodengewinn", wie Hans-Jochen Vogel, der frühere SPD-Vorsitzende und Münchner OB, das immer genannt habe, und zwar zugunsten des Planungsbegünstigten, eines Investors oder Bauherren, der am Ende das Grundstück besitzen oder verkaufen werde, und nicht zugunsten der Gemeinde.

Unterhaching Bürgermeister Wolfgang Panzer (rechts) und Vizepräsident der Spielvereinigung Peter Wagstyl

Sind sich nah: Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer und SpVgg-Vize Peter Wagstyl (links).

(Foto: Claus Schunk)

"Das ist unseriös", findet Köhler. "So ein Gebaren ist nicht fair gegenüber anderen, denen wir nicht einfach den Wert ihres Grundstücks erhöhen. Es ist ein deutlicher Eingriff in den freien Markt." Alle wüssten, wem das Grundstück gehört und was mit der Wertsteigerung beabsichtigt sei, sagte Köhler in Anspielung auf die Spielvereinigung, die kürzlich den Kauf des Fußballstadions von der Gemeinde ausgehandelt hat. Deren Vereinspräsident Manfred Schwabl verwies am Donnerstag an seinen für Finanzen zuständigen Vize Peter Wagstyl. Dieser sagte, es sei kein Verkauf beabsichtigt; vielmehr wolle die vereinseigene Projektgesellschaft Büros und Eventräume errichten.

Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) wollte sich in der Sitzung dazu nicht äußeren. Wirtschaftsförderer und Rathaussprecher Hötzl sagte der SZ am Donnerstag auf Nachfrage: "Mit was der Käufer kalkuliert hat, erschließt sich uns nicht." Natürlich habe er wirtschaftliche Vorteile. Aber auch die Gemeinde besitze in dem Gebiet ein Grundstück. Und: Die GFZ von 1,6 sei schließlich nur eine "erste städtebauliche Idee" gewesen. Die Gemeinde müsse gewisse Anreize setzen, um eine "realistische Entwicklungsperspektive" zu bieten. Hötzl verweist zudem auf die Gewerbesteuereinnahmen, die man sich erhoffe. "Unterhaching hat in den vergangen fünf Jahren sehr stark von den Gewerbesteuern profitiert, wir haben zu den Großen im südlichen Landkreis aufgeschlossen und wollen das stabilisieren."

Diskussionslos und ohne ein Modell, wie das Gewerbegebiet aussehen könnte, wollten auch die anderen Fraktionen den Plänen nicht zustimmen. Der Bauausschuss wird sich daher erneut mit dem Thema beschäftigen. Hötzl räumt ein, dass die Verwaltung gegenüber dem Gemeinderat "klarer kommunizieren" müsse. Man werde jetzt noch einmal eine Runde drehen.

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