Unterhaching:Runter damit

Unterhaching: Protest gegen die AfD: Die Partei bei ihrem Wanderstammtisch durch Unterhaching.

Protest gegen die AfD: Die Partei bei ihrem Wanderstammtisch durch Unterhaching.

(Foto: Claus Schunk)

Während Demonstranten vor der Tür das Parteiprogramm essen, kürt die AfD in Unterhaching ihren Bundestagskandidaten

Von Martin Mühlfenzl, Unterhaching

Als sich die Staatsmacht mit einem halbwegs eleganten Knicks verbeugt, brechen die Demonstranten in Jubel aus. "Ordnungshüter, Ordnungshüter", schallt es über den Bahnhofsvorplatz an der Unterhachinger Hauptstraße. Und auch der Ordnungshüter muss lachen, lupft kaum merklich seine Dienstmütze und reiht sich wieder im Hintergrund ein.

Die Stimmung ist bestens an diesem Samstagnachmittag - bei Tom Gutbrod, dem Kreisvorsitzenden der Kleinpartei Die Partei, der den "Wanderstammtisch" organisiert hat. Bei den etwa 75 Sympathisanten ebenso. Und auch die Polizisten der Polizeiinspektion Unterhaching, die den Demonstrationszug vom Bahnhof bis zur Pschorr-Klause begleiten, machen einen ganz aufgeräumten Eindruck.

"Und wir wollen auch gar nicht rein!"

Wie die Stimmung in der Gaststätte Pschorr-Klause aussieht, können die Demonstrierenden indes nur erahnen. Sie dürfen an diesem Nachmittag nicht rein. "Und wir wollen auch gar nicht rein", ruft Gutbrod in sein eher klein geratenes Megafon. Denn in der Klause hat sich gewissermaßen der Antipode der Partei versammelt: Der Kreisverband der Alternative für Deutschland (AfD) kürt am diesem Samstag seinen Vorsitzenden Gerold Otten aus Neubiberg zum Direktkandidaten im Bundestagswahlkreis München-Land. Im Vorfeld hatte die AfD - nach Anfrage - per Vorstandsbeschluss auch Berichterstatter der SZ ausgeschlossen.

Die Organisatoren der Gegendemo hatten beschlossen, sich auf ganz eigene Art und Weise mit dem "nicht vorhandenen Parteiprogramm der AfD" auseinander zu setzen. Gutbrod und seine Mitstreiter planten eigentlich, das Programm vor der Klause zu verbrennen - doch dies war ihnen vom Landratsamt untersagt worden. "Dann verspeisen wir es halt", sagt Gutbrod und verteilt schließlich das auseinander gerissene Traktat an die meist jungen Demonstrierenden, die es in Stücke reißen und tatsächlich runterwürgen. Die erste Seite allerdings fängt dann doch noch Feuer - zusammengerollt, sagt Gutbrod, könne sie ja auch geraucht werden. Und das Landratsamt habe ja darauf hingewiesen sagt der Kreisvorsitzende, dass "handelsübliche Tabakwaren" erlaubt seien. Da grölt die Menge.

"Mehr Geld! Mehr Bier! Mehr Sex!"

Einer, der normalerweise nicht bei Demonstrationen mitläuft und nach eigenem Bekunden "mit Politik wenig am Hut hat" freut sich über die Botschaft, die von der Demo ausgehe. "Es ist doch super, dass hier so viele Jungen mitlaufen", sagt er. "Und da drin sitzen die Alten und verkriechen sich."

Bei Veranstaltungen legt die Partei selbst immer einen Spagat hin - von satirischen Botschaften bis hin zu ernsthaftem Protest. "Mehr Geld! Mehr Bier! Mehr Sex!" ist auf einem der Plakate zu lesen. So redet auch Parteichef Martin Sonneborn im Europaparlament. "Wir wollen die Demokratie retten", sagt einer der jungen Demonstranten indes sehr ernst. Und Tom Gutbrod zitiert aus dem viralen Hit der Band Jennifer Rostock: "Willst du ne Steuerpolitik, die nur dem Großverdiener nützt? Dann wähl' die AfD!"

Die beiden Blöcke bleiben unter sich. Die Partei draußen - die AfD in der Pschorr-Klause hinter verschlossenen Türen. Es ist ein friedlicher Nachmittag in Unterhaching. Einer, an dem die Ordnungsmacht wenig tun hat.

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