Süddeutsche Zeitung

Unterhaching:Rathaus-Grüne spalten sich

Claudia Töpfer und Emil Salzeder gründen aus Ärger über parteipolitische Spielchen eine eigene Fraktion.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Überraschender Tiefschlag für die Unterhachinger Grünen: Emil Salzeder und Claudia Töpfer verlassen die Gemeinderatsfraktion und gründen eine eigene. Unter dem Namen Neo wollen sie künftig im Duo Kommunalpolitik machen und hoffen so auch schneller mit ihren Themen voranzukommen.

Bei den Grünen ist man bestürzt über den plötzlichen Weggang. "Wir waren nicht immer einer Meinung, aber ich dachte nicht, dass es zu diesem Schritt kommt", sagt Fraktionssprecherin Eva Karbaumer, die am Dienstag von dieser Entscheidung erfuhr. Die verbliebenen sieben Grünen sind nun nicht mehr stärkste Fraktion. Über diesen Status kann sich jetzt die CSU freuen.

"Nein, unser Name hat nichts mit den österreichischen Neos zu tun", sagt Salzeder und lacht. Das sei schlichtweg eine Bezeichnung, die signalisieren solle, dass sie etwas Neues machen. Weg von ewigen Debattierrunden der Grünen, hin zu schnelleren und pragmatischeren Lösungen. "Ich brauche nicht immer noch einen Workshop und noch eine Klausur", sagt er. Schnelles Handeln, Verantwortung und handfeste Ergebnisse seien auch in ihrem Beruf ihr Tagesgeschäft. Der 51-Jährige ist selbständige Berater, Claudia Töpfer, 30, ist Ingenieurin. Dass sie beide ähnlich ticken, dass sie gemeinsam etwas anpacken können, beweisen sie gerade mit ihrem Engagement für eine Sanierung des Fasanen-Einkaufszentrums (FEZ).

Beide werden in der Partei bleiben

An den Themen der Grünen lag es nicht, dass sie nun alleine weitermachen wollen. Daher werden sie auch weiter beide in der Partei bleiben. "Niemand hegt einen Groll", betont Salzeder. "An meinen Aussagen für das damalige Wahlprogramm ändert sich nichts", sagt auch Töpfer. Die Grünen blieben ihre Kolleginnen und Kollegen. "Wir werden weiterhin gut in der Sache zusammenarbeiten", verspricht Salzeder. Doch sie wollten als Neos in der Kommunalpolitik genauso handeln wie im Beruf: an messbaren Zielen arbeiten. "Dabei können wir Probleme und Konflikte nicht mit uns rumschleppen. Wir lösen sie und arbeiten weiter an der Sache", teilen beide mit. "Die Grünen sind mir zu politisch", merkt Salzeder noch an.

Dass das Ausdiskutieren einer jeden Sache ein "grünes Genom" ist, wie Salzeder das nennt, machte sich zuletzt nicht nur bei internen Treffen, sondern auch im Gemeinderat bemerkbar. Nicht selten zogen sich Sitzungen dann bis zu fünf Stunden oder länger hin. Unterlagen über 577 Seiten hätten sich gestapelt, sagt Salzeder. Er und Claudia Töpfer vermissten die Effizienz. Sie wollten nun ihre eigenen Prioritäten setzen und "einen anderen Stil" pflegen. Den Kontakt zu den anderen Gemeinderäten und ins Rathaus wollen die beiden deutlich intensivieren und versachlichen.

Tatsächlich hatte das viel beschworene Miteinander im Unterhachinger Gemeinderat zuletzt etwas gelitten. Da waren eben die vor Kraft strotzenden Grünen, die gerne auch mal parteipolitisch wurden, die stets mit einem ganzen Sack voller Anträge anreisten und emsig eine Liste nach der anderen der Verwaltung in Auftrag gaben. Dann war da die CSU, die häufig mitspielte, wenn es um Mehrheiten ging. Und dann gab es noch die anderen Fraktionen, die teilweise sichtlich davon genervt waren.

Doch auch Salzeder und Töpfer hatten sich die Umgang in dem Gremium anders vorgestellt. "Ich dachte mir, der Wahlkampf ist vorbei, jetzt packen wir das gemeinsam für Unterhaching an und sehen es nicht mehr rot oder grün, schwarz oder weiß", sagt Claudia Töpfer. "Wir brauchen weder Fronten noch Theaterdonner, sonder sachliche Auseinandersetzung", findet Salzeder, "von einer weiteren Zementierung politischer Lager im Gemeinderat halten wir nichts".

Eva Karbaumer kann sich eine Zusammenarbeit mit der neuen Fraktion vorstellen, wenngleich sie die Kritik nicht nachvollziehen kann. "Anträge sind ein wichtiges Mittel, nichts Verwerfliches", sagt die Grünen-Fraktionssprecherin. Es gehe darum Themen zu setzen und es sei auch die Aufgabe des Gemeinderats, zu kontrollieren und um Dinge zu ringen, die notwendig seien.

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SZ vom 03.03.2021/belo
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