Süddeutsche Zeitung

Schulprojekt:"Beim Wandern entwickelt man sich"

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Sponsorensuche, Risikomanagement und Instagram: In einem P-Seminar am Unterhachinger Gymnasium organisieren angehende Abiturienten eine Bergtour.

Von Conie Morarescu, Unterhaching

Dass das Wandern für sie eine persönliche Bereicherung ist, schildert die Schülerin Stephanie Gigov so: "Beim Wandern entwickelt man sich, man baut die Seele auf." Sie besucht die Q11 des Lise-Meitner-Gymnasiums in Unterhaching und hat sich für das Projekt-Seminar Wandern entschieden. Während eines Austausches in Neuseeland ist sie schon einmal bei einem Schulprojekt mitgewandert. "Ich erhoffe mir eine ähnlich tolle Erfahrung", sagt die 17-Jährige.

Die Idee zu dem P-Seminar, das es in ähnlicher Form schon einmal 2018 vor der Pandemie an der Schule gab, stammt von Lehrerin Christiane Wagner-Klein, die selbst eine passionierte Wanderin ist. Was sie wohl auch dazu bewog, eine Zusatzausbildung als Erlebnispädagogin abzuschließen. "Die Schülerinnen und Schüler lernen unheimlich viel. Weil sie sich selbst organisieren müssen. Wir Lehrkräfte begleiten sie nur", sagt Wagner-Klein.

Und genau das macht den Reiz aus, findet Benedict Freundl. Er kümmert sich mit einem Mitschüler um die Finanzen, dazu gehört auch die Sponsorensuche. "Dass wir selbst alles organisieren und dann durchführen, macht das Projekt erst richtig interessant", sagt er. "Das gibt am Ende, wenn alles klappt, ein großes Erfolgsgefühl."

Mitschüler Andreas Barenth ist für die Außenkommunikation zuständig. Das heißt unter anderem: Instagram-Account pflegen und ein cooles Youtube-Video erstellen, "damit die Sponsoren auch wissen, wofür sie uns unterstützen". Er ist schon als kleiner Junge mit seinen Eltern in die Berge gefahren. "Wir hatten eine Berghütte gepachtet", erzählt er. "Aber diesmal alles selber zu planen und sich nicht auf die Eltern zu verlassen, ist schon etwas anderes. Da freue ich mich drauf."

Erst einmal gibt es einen Probelauf in Ruhpolding. Der steht jetzt unmittelbar bevor. Benedikt Freundl hat dafür 650 Euro von den Sponsoren gesammelt. Örtliche Banken, ein Friseur, eine Fahrschule und weitere Sponsoren steuern etwas bei. Für drei Tage geht es auf eine einfache Forsthütte.

Proviant zur Selbstversorgung von 16 Schülerinnen und Schülern muss organisiert werden. Doch das ist lange nicht alles. Es steht noch sehr viel mehr an: Tourenplanung, Risikobeurteilung, Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit und Teambuilding. Themen, die verschiedenen Schülerteams zugeteilt wurden. "Jeder hat seinen Verantwortungsbereich, das ist auch wichtig", erklärt Lehrerin Christiane Wagner-Klein.

Um das Teambuilding kümmert sich Stephanie Gigov zusammen mit einer Mitschülerin. Damit das Wandern wirklich für jeden Teilnehmer und jede Teilnehmerin zu einer persönlichen Bereicherung wird, so wie sie es in Neuseeland erfahren hat. "Bei den Wanderungen sollen sich alle gut kennenlernen und als eine Gemeinschaft fühlen. Es wäre schade, wenn sich Grüppchen bilden."

Dem möchte Gigov entgegenwirken. Zum Beispiel, indem jeder einem anderen Teilnehmer, den er nicht gut kennt, einen Zettel mit einer persönlichen Frage überreicht. Oder durch Feedbackrunden. "Die Schüler sollen sich gegenseitig reflektieren und dadurch selbst besser kennen lernen", erläutert Wagner-Klein den Sinn dieser Übungen.

Die Tour führt bis auf 2900 Meter

Wirklich ernst wird es dann Mitte September, da werden die Teilnehmer ihr Erlerntes im Hochgebirge erproben, bei einer dreitägigen Wanderung durch das Sellrain. Bis auf 2900 Meter Höhe wird sie die Tour führen. "So weit oben war ich noch nie", sagt selbst Andreas Barenth, der das Wandern von klein auf kennt.

Ein Bergführer soll sicherstellen, dass der relativ großen Gruppe nichts passiert. "Das war uns lieber, damit wir bei 16 Teilnehmern nicht den Überblick verlieren, denn wir Lehrkräfte sind nur zu zweit", sagt Wagner-Klein. Auch ohne direkte Gletscher-Begehung sei die Tour im Hochgebirge nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Für die große Tour im Sellrain suchen die Schüler noch Sponsoren und hoffen auf Unterstützung. "Gerne auch durch Sachspenden", sagt Benedikt Freundl. Zum Beispiel hätten sie für den Probelauf in Ruhpolding Trinkflaschen geschenkt bekommen. "Das ist natürlich auch eine große Hilfe."

Der Spaß darf natürlich nicht zu kurz kommen. "Besonders freue ich mich auch auf die Abende am Lagerfeuer", sagt Andreas Barenth, "hoffentlich haben die anderen genügend Spiele organisiert". Benedikt Freundl hofft, "dass wir mit tollen Erinnerungen an die Zeit vor dem Abi nach Hause gehen". Er sei froh, dass das jetzt trotz der Pandemie wieder möglich ist. Und Stephanie Gigov wünscht sich vor allem, "dass alle eine tolle Zeit haben".

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SZ vom 27.07.2021
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