Unterhaching:Mit der Brechstange gegen den Lärm

Unterhaching: In Taufkirchen, aber auch in Unterhaching leiden die Anwohner unter dem Lärm der nahen Autobahnen.

In Taufkirchen, aber auch in Unterhaching leiden die Anwohner unter dem Lärm der nahen Autobahnen.

(Foto: LKS)

Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer wirbt bei einer Veranstaltung von SPD und Grünen für die Unterschriftenaktion, die ein Tempolimit auf den Autobahnen bringen soll.

Von Nadja Tausche, Unterhaching

"Wenn Sie in der Nacht mindestens vier oder fünf Mal hören, wie ein Sportwagen stark beschleunigt, ist das gesundheitsschädigend", sagt ein Unterhachinger. Wie etwa 130 andere lärmgeplagte Anwohner der Autobahnen A 995 und A 8 aus Unterhaching und Taufkirchen ist er am Dienstagabend zur Informationsveranstaltung gekommen, die SPD und Grüne aus beiden Gemeinden organisiert haben.

Seit Jahren fordern die Kommunen, die Lärmbelästigung durch die beiden Autobahnen zu senken. Zuletzt startete der Unterhachinger Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) gemeinsam mit seinem parteifreien Kollegen Ullrich Sander aus Taufkirchen eine Unterschriftenaktion für ein durchgehendes Tempolimit von 80 Stundenkilometer für Pkw und 60 für Lkw. Mit der Aktion "80/80" wollen die Bürgermeister herausfinden, ob der Lärm von den beiden Autobahnen tatsächlich für viele Bürger ein Problem ist, um beim Innenministerium mehr Druck machen zu können. "Ich habe hier einen, der sich beschwert und da; jetzt geht es darum, Masse zu generieren", sagt Panzer bei der Informationsveranstaltung im Unterhachinger Rathaus.

Könnten die Gemeinden die Geschwindigkeitsbeschränkung durchsetzen, bräuchte es auch entsprechende Kontrollen. "Ein Tempolimit funktioniert nur mit Blitzer", sagt Panzer. Das Problem zeige sich jetzt schon, erklärt ein Anwohner: Die Geschwindigkeit von Tempo 120 in der Nacht werde nicht eingehalten. Darüber wurde bereits mit der Autobahnpolizei gesprochen, sagt Matteo Dolce von der Taufkirchner SPD, die sage jedoch, man müsse zuerst Unfallschwerpunkte kontrollieren. Und da gehöre die Strecke nicht dazu. Für Dolce ist klar: "Wir müssen uns darauf einstellen, dass für Lärmschutz nicht geblitzt wird."

Etwa 52 000 Fahrzeuge sind jeden Tag auf der Strecke unterwegs. Ob eine Begrenzung auf Tempo 80 im Kampf gegen den Lärm überhaupt die richtige Lösung ist oder doch eine Lärmschutzwand her muss, da herrschen bei den Bürgern Zweifel - immerhin habe die alte Lärmschutzwand sehr wohl geholfen. Die musste aber abgebaut werden, weil sie marode war. "Nach dieser Niederreißung ist die Lärmbelastung schlimmer geworden", sagt ein Anwohner.

Eine Lärmschutzwand käme die Gemeinde viel teurer

"Wenn eine Lärmschutzwand mehr bringt, darf ich dann überhaupt unterschreiben?", fragt eine Anwohnerin aus Unterhaching. Zur Lärmminderung seien beide Optionen gleich effektiv, erklärt Panzer: Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 80 in Kombination mit dem Flüsterasphalt, der vor drei Jahren aufgebracht wurde, verringere den Lärm etwa gleich stark wie eine Lärmschutzwand. Letztere würde aber pro Gemeinde etwa 15 Millionen Euro kosten, ein Schild mit dem Tempolimit nur etwa 1000 Euro.

Dass die Wand trotzdem die richtige Lösung ist, davon ist Catia Hilgart überzeugt. "Für eine bessere Lebensqualität muss es Unterhaching das wert sein", sagt sie. Hilgart hat eine eigene Unterschriftenaktion für eine solche Wand gestartet und in vier Tagen 250 Unterschriften gesammelt. Auch der Eigentümer zweier Häuser fordert, dass die Gemeinden in die Wand investieren. Ihm haben Mieter wegen des Lärms mit Mietminderung gedroht.

Das Problem bei der Wand ist das Geld. "Bei allen Maßnahmen bis auf das Tempolimit stellt sich die Frage: Wer soll das bezahlen?", fragt Claudia Köhler von den Grünen in Unterhaching. Vor dem Lärmschutz kommen schließlich Pflichtaufgaben wie Schule und Kinderbetreuung. "Andere sagen: Was wollt ihr mit einer Lärmschutzwand - mein Kind muss in die Schule", erklärt Dolce. Deswegen, sagt Panzer, versuche man jetzt, die billige Variante "mit der Brechstange" durchzubringen: "Das gebe ich zu." Die Unterschriftenlisten liegen in den Rathäusern aus und können im Internet heruntergeladen werden. Unterschreiben können Bürger jeden Alters und auch Nicht-Anwohner.

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