Empörte Anwohner oder aufgebrachte Eltern kennt man in den meisten Rathäusern. Sie gehören zu denjenigen Gruppen, die nicht lange warten, sich Gehör zu verschaffen, wenn sie Entscheidungen ungerechtfertigt finden oder wenn es ihnen an den Geldbeutel geht. Die Senioren gehören meistens eher zu den Stillen. Was sich aber diesen Sommer in Unterhaching abspielte, könnte man fast als einen Aufstand der Alten bezeichnen. Jetzt können sie aufatmen. Von möglichen Einsparungen ist erst mal nicht mehr die Rede.
Die Angst unter den Senioren war groß, dass die Gemeinden wegen knapper Kasse ihr Angebot für diese Generation arg zurückfahren könnte. Unzählige Briefe und E-Mails hatte Wolfgang Ziolkowski bekommen, im Rathaus zuständig für Heimat, Kultur und Senioren und damit auch Chef des Kultur- und Bildungszentrums (Kubiz). Alle zeugen von einer großen Verunsicherung der Generation 70 plus. Und dann bekam Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) in einer Gemeinderatssitzung im Juli auch noch sechs Unterschriftenlisten überreicht. Stets ging es um die dringende Bitte, die bewährte Betreuung durch das Team der Senioren im Kubiz mit seinem vielfältigen Angebot nicht zu ändern beziehungsweise zu beenden. Am Donnerstagabend im Finanzausschuss, als darüber diskutiert wurde, wie es mit der Seniorenarbeit nun weitergeht, war von einer Einstellung aber keine Rede, auch wenn solche Gerüchte die Runde machten, seit die langjährige Leiterin Erdmute Albat im April gekündigt hat. Ziolkowski stellte klar: "Nichts davon ist wahr!" Die Gemeinde habe nie an eine Einstellung des Betriebs gedacht.
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7000 Bürgerinnen und Bürger nutzen die Angebote, die es mittlerweile seit 30 Jahren in der offenen Seniorenarbeit im Kubiz gibt. Die Institution ist erste Anlaufstelle für Beratung und Information, Treffpunkt für Freizeit- und Bildungsveranstaltungen. Ein Ort für Kultur und gegen Vereinsamung, mit einem Fahrdienst, der es älteren Menschen ermöglicht, mobil zu bleiben und teil zu haben am gesellschaftlichen Leben. Kurz: ein erfolgreiches Gesamtpaket für die Senioren der Gemeinde, das für andere Kommunen beispielgebend war.
"Seit mein Mann gestorben ist, habe ich nichts anderes mehr."
So wie alles, was im Kubiz untergebracht ist und die Gemeinde Geld kostet, wurde auch das Angebot für die Senioren auf den Prüfstand gestellt. Bis zu 600 000 Euro zahlt die Gemeinde jährlich. Mit dem Weggang von Albat sah man im Rathaus die Gelegenheit, das Konzept zu überdenken. Beim Seniorennachmittag am Bürgerfest wurden 181 Besucher und Besucherinnen zur Nutzung der Angebote befragt und heraus kam, dass die Gruppe der über 60-Jährigen sich noch zu jung und agil dafür fühlt, Ältere ab 70 hingegen sehr wohl die Dienste nutzen und Kurse buchen. Vor allem die Aussage einer älteren Besucherin ist Ziolkowski in Erinnerung geblieben: "Nehmen Sie uns Senioren bitte nicht das Kubiz, das ist unsere Heimat! Seit mein Mann gestorben ist, habe ich nichts anderes mehr."
Im Finanzausschuss betonte der Kubiz-Chef: "Grundsätzlich wollen wir diesen hohen Standard im gewohnten Umfang erhalten, die grundsätzliche Ausrichtung sollte aber einer neuen Leitung vorbehalten sein." Über alle Fraktionen hinweg herrscht Einigkeit, dass es trotz klammer Kassen weitergehen soll, "das muss es uns Wert sein", sagte Richard Raiser (CSU) und Bürgermeister Panzer betonte: "Es geht um Personenpower, nicht das Geld ist das Thema."
Die Stelle für das Projekt "Gebraucht werden" konnte bereits nachbesetzt werden. Auch die zwei weggefallenen Tage im Fahrdienst werden, bis neues Personal gefunden wird, durch einen Mitarbeiter im Kommunalservice aufgefangen. Jetzt fehlt noch eine neue Leitung. Aber was der Gemeinde besonders wichtig ist: Anders als ursprünglich angekündigt findet die Seniorenweihnachtsfeier auf jeden Fall statt.