Serie "Zweite Heimat":Wiedersehen mit dem Bruder

Serie "Zweite Heimat": Hanif Mozafari hat eine Arbeit, zahlt Steuern und muss trotzdem immer wieder um seinen Aufenthaltstitel ringen.

Hanif Mozafari hat eine Arbeit, zahlt Steuern und muss trotzdem immer wieder um seinen Aufenthaltstitel ringen.

(Foto: Claus Schunk)

Hanif Mozafari kam wegen familiärer Bande in den Landkreis München. Die Sehnsucht nach den in Afghanistan Verbliebenen ist groß.

Von Angela Boschert, Unterhaching

Warum er seine Heimat Afghanistan verlassen hat, möchte Hanif Mozafari nicht sagen. Es bewegt ihn, seine Mutter und ein Bruder leben noch dort. Weil sein zehn Jahre älterer Bruder Zachidat als Orgelbauer in Höhenkirchen-Siegertsbrunn arbeitet, wusste Mozafari, wohin er will und gelangte über Iran, die Türkei, Griechenland, Serbien und Mazedonien nach Deutschland.

Er war im Aufnahmelager in Andechs und lebte ein Jahr in Finnland. Es sei "sehr kalt und dunkel" gewesen, erinnert er sich und es schüttelt ihn kurz. Er sei zurückgekommen und durfte nach vier langen Monaten in einem Flüchtlingslager in Bamberg zu seinem Bruder: "Wir wollten beide nicht allein sein!"

Seit 2018 lebt Mozafari nun in Unterhaching bei Renate Weidlich, die ihm half, eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. "Ein Jahr haben wir darum gekämpft", sagt der 28-Jährige. Es sei zermürbend gewesen, dieses wichtige Papier immer wieder beim Amt erbitten zu müssen. Einmal habe ihn eine Mitarbeiterin drei Mal zur Bank geschickt, weil noch etwas gefehlt habe. Zur Verwunderung der Bankmitarbeiter, die fragten: "Warum erneut? Die haben doch wirklich alle Papiere". Um in dieser Zeit auf bessere Gedanken zu kommen, setzte sich Mozafari oft aufs Rad oder zog die Laufschuhe an. Mit der Arbeitserlaubnis konnte er 2019 dann die Ausbildung zum Fachinformatiker mit Systemintegration beginnen und arbeitet noch heute bei seiner Ausbildungsfirma Yenoit in Höhenkirchen-Siegertsbrunn.

Wie sein Mitbewohner Mahdi Amiri treibt er viel Sport und lernte drei Jahre lang eifrig Deutsch, etwa mit Partnern aus Helferkreisen und den Töchtern von Renate Weidlich, die er so kennenlernte. Für Weidlich sind die beiden Afghanen inzwischen "ihre Söhne". Sie alle akzeptieren und schätzen einander in ihrer Verschiedenheit: "Schauen Sie: Über dem Esstisch im Wohnzimmer hängt ein Kreuz, neben dem Sofa liegt der Koran", lacht Mozafari. Er und Amiri essen gerne bayerisch, Renate Weidlich schätzt die afghanische Küche. Zum Gespräch kocht sie einen Safran-Tee, wie eine Mutter.

Was jedoch alle belastet, ist der unsichere Zustand, auch im neuen Heimatland. Gerade erst wurde sein Aufenthaltstitel verlängert, nach einem Jahr Bemühen. "Ich arbeite, verdiene mein eigenes Geld, zahle Miete und Steuern, aber ich kann mir nicht einmal eine Sim-Karte kaufen", sagt Mozafari. Schwerer als diese Sorge wiegt eine andere Frage: "Wie geht es meiner Mutter und meinem Bruder in Afghanistan?"

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