Unterhaching:Die Arbeit wird immer mehr, das Geld weniger

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Schafft der Gemeinderat mit seinen Beschlüssen der Rathausverwaltung zu viel Arbeit an? Darüber sind die Gemeinderäte uneins. (Foto: Claus Schunk)

Warum verlassen so viele Bedienstete das Rathaus? Über die Gründe dafür gehen die Meinungen im Gemeinderat auseinander.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Unterhaching geht nicht nur das Geld aus, sondern auch das Personal. Zwar ist auch anderswo in Rathäusern aktuell Not an Mann und Frau, Stellenangebote für Verwaltungsjobs gibt es in nahezu jeder Kommune; wer sich mit Gemeindefinanzen, Hoch- oder Tiefbau, Klimaschutz oder Sozialarbeit auskennt, kann es sich aussuchen, wo er arbeiten möchte. Aber Unterhaching ist offenbar derzeit nicht die erste Wahl: Zahlreiche Mitarbeiter - die Rede ist von bis zu 20 - haben das Rathaus verlassen. Eine Nachbesetzung ist wegen der leeren Kassen schwierig, und die dezimierte Verwaltung ächzt unter der vielen Arbeit.

Wie man mit dieser Situation umgeht, darüber ist sich der Gemeinderat uneins. Gegenseitige Vorwürfe unter den Kommunalpolitikern, eine Mitschuld an der Misere zu haben, vermiesen die Stimmung zusätzlich. Zuerst hatte der Kämmerer hingeschmissen. Ausgerechnet in der Phase, als deutlich wurde, dass die Gemeinde kräftig sparen muss, weil die Gewerbesteuer eingebrochen ist und zig Millionen zurückgezahlt werden müssen. Udo Grafe begründete diesen Schritt damit, dass er sich beruflich noch einmal verändern wolle.

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Dann verabschiedeten sich gleich mehrere Mitarbeiter aus der gerade erst neu aufgestellten Klimaabteilung nebst dem direkt bei Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) angesiedelten Klimaschutzmanager Philipp Dürr - ein Team, das für die Gemeinde das ambitionierte Ziel der Klimaneutralität 2030 umsetzen sollte. Als großer Verlust wird auch der jetzt bekannt gewordene Weggang der Seniorenbeauftragten Erdmute Albat gesehen. Und nun steht auch noch das Freibad kurz vor Saisonbeginn mit zu wenig Personal da.

Warum das so ist, da zuckt Rathaussprecher Simon Hötzl mit den Schultern. Fakt ist, dass viele Stellen im Rathaus befristet sind. Die Grünen sehen darin das Problem. Eine Entfristung würde den Arbeitsplatz in Unterhaching attraktiver machen, finden sie und haben einen Antrag gestellt. Dem entgegen steht allerdings das Einsparungsprogramm, das die Gemeinde fährt, um die Fördermittel für Musikschule und Volkschule nicht zu sehr zu reduzieren, damit die beiden wichtigen Institutionen nicht ins Straucheln geraten. Die dazu notwendigen Euros sollen beim Verwaltungspersonal abgezwackt werden, eben indem man hier und dort Stellen nicht wieder besetzt.

Zulagen, guter Personalschlüssel: Laut Rathaussprecher Simon Hötzl schöpft die Gemeinde Unterhaching alles aus, was möglich ist, um Betreuungspersonal zu gewinnen. (Foto: Claus Schunk)

Kein Wunder also, dass die Stimmung im Rathaus nicht besonders gut sein soll. Man habe das Gefühl oder die Wahrnehmung, die Atmosphäre im Rathaus sei "nicht optimal", wird von verschiedenen Stellen bestätigt. Genauer will sich niemand äußern. Man habe gehört, dass die Fluktuation ungewöhnlich hoch sei, heißt es nur aus den Reihen des Gemeinderats. Aber jeder weiß natürlich: Wenn viele gehen, bleibt die Arbeit an denen hängen, die noch da sind. Und dass die in der Verwaltung nicht weniger wird, sondern eher immer noch etwas dazu kommt, ist bekannt.

Um die Rathausmitarbeiter zu entlasten und damit nicht nur personelle Ressourcen, sondern auch Geld zu sparen, hatte die Neo-Fraktion gemeinsam mit den Freien Wählern nun beantragt, die Geschäftsordnung für den Gemeinderat dahingehend zu ändern, dass die Flut von Anträgen aus dem Gremium reduziert wird. Vor allem seit dieser Amtsperiode hat die Verwaltung immer einen großen Packen an Aufträgen aus dem Sitzungen mitgenommen, der teilweise umfangreiche Bearbeitungen und Zusammenstellungen von Unterlagen nach sich zog.

Im Rathaus sind viele von der Antragsflut aus dem Gemeinderat genervt

Emil Salzeder von den Neos war der Ansicht, dass vieles davon bei genauerem Hinschauen vermeidbar wäre. "In der Vergangenheit lebten wir in einem All-inclusive-Club, in dem man auch mal spaßigen Vorhaben zustimmen konnte", stellte er in der Gemeinderatssitzung am Mittwoch fest. Viele Ideen seien nicht zu Ende gedacht und für solche "Spielsachen-Anträge" habe man jetzt aber nicht mehr das Budget und die Ressourcen. Sein Vorschlag: Die Antragsteller sollen Nutzen und Aufwände, insbesondere wirtschaftlicher Art, ermitteln, abschätzen und gegenüberstellen.

"Wir müssen uns an die eigene Nase fassen", findet FW-Gemeinderat Alfons Hofstetter. (Foto: Claus Schunk)

Er fand dafür durchaus Mitstreiter. Vor allem von denjenigen, die von der zeitraubenden Antragsflut genervt sind und im beginnenden Wahlkampf befürchten, dass die Bühne des Gemeinderats noch intensiver zur Profilierung genutzt wird. "Für die Verwaltung ist das oft ein enormer Aufwand", sagte Peter Hupfauer (FDP), man müsse als Gemeinderat auch entscheiden, ob die Sache so wichtig sei, dass die Mitarbeiter sie in dem Maße begleiten. "Wir müssen uns an die eigene Nase packen und fragen, ob nicht ein Anruf im Rathaus ausreicht", mahnte Alfons Hofstetter (Freie Wähler). Die Grünen und der größte Teil der CSU-Fraktion lehnten den Vorschlag ab. Sie finden, ein ehrenamtlicher Gemeinderat könne eine solche Vorarbeit nicht leisten.

"Wir sind doch gewählt, um bestimmte Themen einzubringen", findet Grünen-Gemeinderätin Evi Karbaumer. (Foto: Claus Schunk)

Im Rathaus versucht man sich nun so zu helfen, indem man in der Sitzung am Mittwochabend erst einmal im Gemeinderat abstimmen ließ, ob ein Antrag überhaupt behandelt werden sollte, bevor die Verwaltung mit der Ausarbeitung beginnt. Vier Anträge der Grünen hat Bürgermeister Panzer sich so gleich mal vom Tisch geschafft, weil niemand außer der Grünen selbst dafür stimmte. Die fragen sich, warum jemand etwas gegen ihren Anträge hat und was das für ein Demokratieverständnis ist. "Wir sind doch gewählt, um bestimmte Themen einzubringen", sagt Fraktionssprecherin Evi Karbaumer. Im Rathaus hält man das zum ersten Mal praktizierte Vorgehen als gangbaren Weg, den Prozess zu straffen. Ob man das in Zukunft immer so macht, soll Ende Mai bei der dann wegen anderen Themen anstehenden Änderung der Geschäftsordnung besprochen werden.

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