Unterhaching:Bildung heißt auch Begegnung

Unterhaching: Jan-Michael Schreiber forscht über den Einsatz von Robotern in der Pflege. In Unterhaching stellte er seine Arbeit vor.

Jan-Michael Schreiber forscht über den Einsatz von Robotern in der Pflege. In Unterhaching stellte er seine Arbeit vor.

(Foto: Claus Schunk)

Die Volkshochschule diskutiert Vor- und Nachteile der Digitalisierung

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Die Option mag verlockend klingen: Statt sich jeden Donnerstagabend auf den Weg zum Italienisch-Kurs zu machen, einfach den Dozenten der Volkshochschule digital nach Hause holen. Möglich ist so etwas schon lange. Auch die Volkshochschule Unterhaching, die am Freitag ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert hat, ist mit der Zeit gegangen und macht ihren Kursteilnehmern so manches Online-Angebot. So sehr die Digitalisierung auch in der Erwachsenenbildung inzwischen ein Rolle spielt, macht VHS-Geschäftsführerein Barbara Sporrer doch deutlich: "Die Präsenzangebote bleiben erhalten, sie werden nicht durch Web-Seminare ersetzt."

Die VHS Unterhaching hat sich anlässlich ihres Jubiläums neben den Feierlichkeiten mit Rückblick und Ehrungen an diesem Abend intensiv mit der Zukunft beschäftigt. "Wie digital wollen wir leben?" lautete das Thema verschiedener Workshops im Kultur- und Bildungszentrum (Kubiz), zu denen die VHS namhafte Dozenten eingeladen hatte. Deutlich wurde vor allem, wie ambivalent die VHS-Teilnehmer die Digitalisierung sehen, welche Ängste es gibt, wenn etwa Roboter Aufgaben übernehmen und welche Unterstützung sie sich erwarten. "In meinem Alter ist die Digitalisierung nicht mehr so einfach", sagte etwa die 80 Jahre alte SPD-Gemeinderätin Waltraud Rensch. "Ich stehe mit der technischen Entwicklung auf Kriegsfuß", räumte sie ein - ein Satz, den eine andere Teilnehmerin fast wortgleich wiederholen sollte.

"Wir beschäftigen uns intensiv in der Erwachsenenbildung mit der Digitalisierung", sagte Klaus Meisel, Aufsichtsratsvorsitzender des Bayerischen Volkshochschulverbands. Viele hätte bei der VHS bereits Kenntnisse in den IT-Basics erworben. Meisel betonte aber auch: "Für mich gibt es keine digitale Bildung." Denn es gehe immer auch um Diskussion, Reflexion und Streit. Um das Miteinander." Zudem könnten die technischen Medien einem das Memorieren beim Lernen nicht abnehmen. Zwar meinten manche, dass etwa Sprachen lernen mit Medien schneller gehe, sagte Meisel, "das stellt aber eine große Herausforderung an die Lerndisziplin." Es sei wie beim Joggen. Alleine den inneren Schweinehund zu überwinden sei immer schwieriger, als wenn man eine Verabredung mit der Gruppe habe. Reines Online-Lernen werde in der VHS kaum nachgefragt. "Von der Volkshochschule erwartet man weiterhin Präsenzlernen." Bildung habe auch etwas mit Begegnung und Austausch zu tun. Die VHS mache daher nichts, nur weil es modern sei, sagt Meisel. Allerdings sehe sie ihren Auftrag darin, alle so weiterzubilden, dass sie nicht abgehängt seien. Es gehe dabei zum einen um Anwendungskompetenz: "Es ist ja heute schon hoch komplex, sich aus dem Automaten der Deutschen Bahn ein Ticket zu ziehen." Wichtig sei aber auch, die Medienkompetenz zu schulen, Fragen zum Datenschutz zu beantworten. "Und wir brauchen einen gesellschaftlichen Diskurs über die Entwicklung", sagte Meisel, "etwa über die Frage, ob ich im Alter von einem Roboter gefüttert werden will." Noch sei es nicht so, dass die Menschen der VHS die Bude einrennen würden, um das zu diskutieren.

Am Jubiläumsabend standen genau solche Fragen zur Debatte. Die Workshops dazu waren gut besucht - etwa der von Jan-Michael Schreiber von der TU München, Experte auf dem Gebiet der Geriatronik, der zum Einsatz von Robotern in der Pflege zur Entlastung der Pflegekräfte forscht. Auch die Frage, ob die Demokratie durch die Digitalisierung in Gefahr sei, ist ein Thema, das VHS-Teilnehmer stark beschäftigt. Mit Andreas Dohmen, Dozent der VHS Unterhaching und Autor des Buches "Wie digital wollen wir leben?" konnten sie an diesem Abend darüber diskutieren und nutzten die Möglichkeit intensiv. Ganz analog.

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