Süddeutsche Zeitung

Naturschutz:Zu groß für den Baumschutz

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Die Gemeinde Unterhaching erlaubt das Umlegen einer 20 Meter hohen Fichte. Anwohner sind empört.

Von Celine Imensek, Unterhaching

Zum Entsetzen von Anwohnern ist eine etwa 20 Meter hohe Fichte an der Unterhachinger Katharinenstraße am Rosenmontag auf vier Meter gestutzt worden. Der Baum befindet sich auf einem privaten Grundstück, ein Fällbescheid der Gemeinde lag seit Juni 2023 vor. Doch das Ehepaar Baumstieger sieht die Unterhachinger Baumschutzverordnung verletzt. Laut dieser ist das Entfernen und Zerstören von Bäumen verboten, die Gemeinde kann aber nach "pflichtgemäßem Ermessen" Genehmigungen erteilen.

In einem Brief, in dem sie den Baum als "ortsbildprägend und unverzichtbar in Zeiten des Klimawandels und Hitzeperioden" beschreiben, wenden sich die Baumstiegers an die Öffentlichkeit. Die Fichte sei Lebensraum mehrerer Eichhörnchen und zahlreicher Vögel gewesen, außerdem habe man keinerlei Schäden oder Gefährdungen erkennen können. "Die Gemeinde war bei dieser Entscheidung leichtfertig", sagt Christine Baumstieger-Uhlig. "Alle Nachbarn, mit denen wir gesprochen haben, sind entsetzt, dass so ein riesiger Baum unwiederbringlich verschwunden ist."

Laut Gemeinde war aber eben die Dimension des Baums das Problem: "Die Fichte war für ihren Standort in einem dicht bebauten Gebiet viel zu groß", sagt Rathaussprecher Simon Hötzl. "Da der Baum auf einem Privatgelände stand, lag das volle Risiko bei den Eigentümern." Diese hatten bereits in ihrem Antrag im Mai 2023 auf die Gefahr hingewiesen, dass der Baum bei einem Sturm umstürzen könnte. Laut dem Fällbescheid der Gemeinde, der der SZ vorliegt, hat ein Mitarbeiter des Sachbereichs Baumschutz die Fichte begutachtet. Der flachwurzelnde Baum sei vergreist, von Efeu abgeschnürt und es sei eine Menge Totholz zu erkennen gewesen. Mit einer Gesundung sei nicht mehr zu rechnen gewesen. "Der Baum hatte nur noch wenige Nadeln und es war überhaupt keine Vitalität mehr zu sehen", sagt Hötzl. Im Gutachten ist zudem vermerkt, dass der Baum leicht schief stand.

Die Gemeinde hat mit dem Eigentümer des Grundstücks vereinbart, dass ein Ersatzbaum gepflanzt wird und ein vier Meter hohes Stück des Stamms als Habitatbaum für Insekten und andere Tiere erhalten bleibt. Baumstieger-Uhlig bestätigt, dass dieser Teil der Fichte noch steht. "An diesem Stamm ist auch dieser berühmte Efeu zu finden. Wenn das so ein großes Problem ist, müsste man die halbe Gemeinde roden", sagt die Anwohnerin.

Dass seit der Genehmigung so lange mit dem Abholzen gewartet wurde, erklärt die Gemeinde mit der erlaubten Fällperiode. Bäume dürfen nur von November bis Februar geschlagen werden. Wegen des Frosts habe man bis zum Ende dieser Zeit gewartet. Die Kosten für die Abholzung tragen die Eigentümer.

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