Unterföhring:Zweiter Feringasee an der A 99

Kiesabbbau Anschlusstelle

Beim Bau der neuen Autobahnanschlussstelle wurde ein neuer Kiesweiher ausgebaggert.

(Foto: privat)
  • Neben der neu gebauten Autobahnanschlussstelle Aschheim/Ismaning hat ein Bagger aus bis zu sieben Metern Tiefe Kies ausgegraben.
  • Befürchtungen, dass nördlich des Feringasees ein neuer Badeweiher entstehen könnte, versucht die Gemeinde Unterföhring auszuräumen.
  • Der Erholungsflächenverein im Landkreis hofft dagegen auf "einen neuen See".

Von Sabine Wejsada und Martin Mühlfenzl, Unterföhring

Es sind Bilder, die vor allem den etwas älteren Unterföhringern bekannt vorkommen dürften. Inmitten eines Sees, gespeist aus reinstem Grundwasser, steht auf einer Insel aus Kies ein Bagger und macht genau das, wofür er angekarrt wurde: Er baggert aus bis zu sieben Metern Tiefe Kies. Für eine der größten Baustellen des Landkreises, nur wenige hundert Meter entfernt.

Für Klaus Läßing ist es kein schöner Anblick, sondern ein Frevel. Der frühere Unterföhringer Bürgermeister und jetzige Gemeinderat der Parteifreien Wählerschaft (PWU) kann es nach eigenen Angaben nicht fassen, was da im Norden des Feringasees an der A 99 passiert ist: Neben der neu gebauten Autobahnanschlussstelle Aschheim/Ismaning, die im November eröffnet wird, habe sich geradezu eine "Mondlandschaft" aufgetan. Das berichtete Läßing am Donnerstagabend am Ende der Sitzung des Gemeinderates und konnte sich angesichts "der großen Narbe in der gewachsenen Landschaft" gar nicht mehr beruhigen.

"Was soll mit dem Gelände geschehen?", wollte er wissen. Solle ein Biotop entstehen? Wer habe den Kiesabbau im großen Stil genehmigt, habe die Autobahndirektion dort draußen gar die Planungshoheit der Gemeinde Unterföhring verletzt? Und soll der durch den Abbau von 300 000 Kubikmetern Kies entstandene See, der an den vergangenen heißen Tagen bereits von Badegästen in Beschlag genommen worden sei, etwa bleiben? Er, so Läßing, wundere sich massiv, dass dies alles "ohne Wissen der Öffentlichkeit" geschehen sei. Vor allem der Kiesabbau bereite ihm Sorgen.

"Was hätten wir machen sollen?"

Unterföhrings Bauamtsleiter Lothar Kapfenberger versuchte aufzuklären und erinnerte an den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern für die Verlegung der Autobahnausfahrt Aschheim/Ismaning an die Kreisstraße M 3 vom Juni 2010. Das fragliche Grundstück gehört dem Bund, der Kiesabbau sei legal gewesen, für Unterföhring habe es da keine Handhabe gegeben. PWU-Gemeinderat Johann Zehetmair, der das Planfeststellungsverfahren begleitet hat, assistierte: "Was hätten wir machen sollen?" Die Kommune habe ihre Bedenken geäußert, aber verhindern habe man dies doch nicht können. "Eine kleine Gemeinde hätte gegen den Bund immer den Kürzeren gezogen." Nun müsse man aber darum kämpfen, dass das Gelände der Natur zurückgegeben werde.

Unterföhring: Der Feringasee entstand einst ebenfalls beim Autobahnbau.

Der Feringasee entstand einst ebenfalls beim Autobahnbau.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die vier Hektar große Fläche werde laut den Vorgaben der Planfeststellung zurückgebaut, so Kapfenberger; das sei mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt abgestimmt. Befürchtungen, dass nördlich des Feringasees ein neuer Badeweiher mit großer Anziehungskraft entstehen könnte, trat der Baumamtschef entschieden entgegen: In dem fraglichen Bereich werden Wälle angelegt, und dichte Bepflanzungen sollen Besucher vom geplanten Biotop fernhalten.

Alles Dinge, die Josef Trundt gerne vernommen haben dürfte. Der Chef der lokalen Agenda ging am Rande der Gemeinderatssitzung sogar noch weiter: Bis die Ufer der neu entstandenen Wasserfläche mit Büschen und anderen Gehölzen richtig eingewachsen seien, könne man das Gelände zum Beispiel einzäunen, um unliebsame Besucher abzuhalten: "Einen zweiten Feringasee brauchen wir in Unterföhring weiß Gott nicht."

Erholungsflächenverein hofft "auf einen neuen See"

Das sieht Jens Besenthal, Geschäftsführer des Erholungsflächenvereins im Landkreis, indes ganz anders. Er und seine Mitstreiter, sagte Besenthal unlängst, hofften "auf einen neuen See" - ähnlich dem Feringasee.

Dieser ist ein Relikt des Baus der A 99 in den Jahren 1974 und 1975, als hier in großen Mengen Kies abgebaut wurde. 40 Jahre später fühlen sich manche Unterföhringer an die Bilder von damals erinnert - diesmal nur nördlich der Autobahn. Der neue See in der "Mondlandschaft" ist mittlerweile auf etwa ein Fünftel der Größe des Feringasees angewachsen - und schürt Befürchtungen vor einem zweiten Freizeitparadies. Schließlich lockt der Feringasee als Wassersport-, Bade- und auch FKK-Zentrum an manchen Wochenenden im Sommer mehr als 30 000 Besucher täglich an.

Der jetzt im Unterföhringer Gemeinderat laut gewordene Unmut passt durchaus ins Bild einer skandalumwitterten Baustelle. Denn die Anschlussstelle Aschheim/Ismaning steht nicht nur aufgrund des enormen Flächenverbrauchs von etwa 22 Hektar in der Kritik, sondern vor allem wegen des enormen Anstiegs der Baukosten. Die Verlegung der Autobahnausfahrt, die Ende November dieses Jahres in Betrieb gehen soll, kostet statt der zunächst veranschlagten 25,4 Millionen Euro mittlerweile 44,5 Millionen. Möglicherweise inklusive eines neuen Badesees.

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