Süddeutsche Zeitung

Unterföhring:Zurück zum Rohbau

Die Kosten des Wasserschadens im Unterföhringer Bildungszentrum gehen in die Millionen. Im Teil der Musikschule müssen alle Böden herausgerissen werden. Diese sucht jetzt Ersatzräume

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Es ist der Albtraum eines jeden Bauherren: Das Haus ist fertig, die Einladungen zur Einweihungsparty sind verschickt, und dann macht ein Wasserschaden alles zunichte. So ist es der Gemeinde Unterföhring ergangen, als sich Anfang August mehr als 30 000 Liter Wasser durch defekte Ventile in den Heizungsleitungen den Weg in das nagelneue Gebäude für Volkshoch- und Musikschule bahnten, Teile davon überfluteten und es zumindest für Musiklehrer und Schüler unbespielbar machten. Wie enorm der Schaden ist, hat Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) am Donnerstagabend dem Gemeinderat mitgeteilt. "In allen 18 Räumen der Musikschule muss der Boden raus", sagte er. Eine Sanierung sei möglich, "wir müssen bis zum Rohbau zurück".

Ursprünglich hatten die Unterföhringer angenommen, dass die Schäden bis zum Jahresende behoben sind und die Musikschule dann ihr neues Domizil am Bahnhof uneingeschränkt nutzen kann. Doch daraus wird nun nichts. Mindestens bis Mitte 2020, wenn nicht länger, wird die umfassende Wiederherstellung der Räume nach den Worten des Bürgermeisters dauern. "Der Schaden geht in die Millionen", sagte Kemmelmeyer.

Erst am Mittwoch habe das Rathaus die Ergebnisse des Gutachters bekommen. Und diese sind niederschmetternd. Laut Bürgermeister hat das Wasser in den Gebäudeteilen drei und vier, in denen die Musikschule ihren Unterricht anbieten wollte, so massive Schäden angerichtet, dass all die Anstrengungen zur Trocknung in den vergangenen Monaten nicht zu dem erwünschten Erfolg geführt haben: Das Mauerwerk und die verbauten Materialen sind nicht mehr zu retten und müssen komplett erneuert werden. Nur auf diese Weise sei auszuschließen, dass sich nach der Sanierung Schimmel bilden könne, so Kemmelmeyer. "Da zerreißt es einem das Herz", sagte er in der Gemeinderatssitzung und dankte VHS und Musikschule fürs Zusammenrücken im heilgebliebenen Teil des neuen Kulturzentrums, in das Unterföhring mehr als 31 Millionen Euro investiert hat. Das einzig Gute: Die Kommune ist versichert und auch der Übeltäter für das Malheur ist gefunden. Nach Angaben von Kemmelmeyer ist eine Charge von Ventilköpfen offenbar fehlerhaft gewesen.

Die Zerstörung der Räume hatte bereits in der Nacht vom 4. auf den 5. August ihren Lauf genommen, als das Wasser wegen mangelhafter Technik ungebremst aus den Heizungsrohren strömte. Der Hausmeister habe den Schaden bei seinem Rundgang am Morgen bemerkt, doch da war schon vieles kaputt. Mehr als 30 000 Liter Wasser liefen vom ersten Stock nach unten, bis in die Tiefgarage. Die Wände hatten sich vollgesogen und in allen Etagen waren Wände, Parkett und Estrich betroffen - und damit auch der teure Terrazzoboden.

Die beiden Nutzer des Hauses stellt der kapitale Wasserschaden vor einige Herausforderungen. So kann die Musikschule ihren Bereich bis mindestens Mitte 2020 nicht nutzen, sie sucht nun Ausweichquartiere im ganzen Ort, weil die Möglichkeiten in den vom Wasser verschont gebliebenen VHS-Räumlichkeiten im gemeinsamen Haus nicht ausreichen. Auch für externe Interessenten hat der massive Schaden und die damit verbundene Sperrung des Gebäudes Konsequenzen. Wie Bürgermeister Kemmelmeyer sagte, können im großen Vortragssaal auf unbestimmte Zeit nur Veranstaltungen von Volkshochschule und Musikschule stattfinden.

Das Bildungszentrum am Bahnhof ist von den Münchner Architekten und Stadtplanern Martin Hirner und Martin Riehl entworfen worden. Es sollte mit seinem großen Vortragssaal, großzügigen Kurs-, Turn- und Gymnastikräumen, einer Lehrküche, einem Audio- und Videostudio sowie modernen Unterrichtszimmern für die Musikschule bei Nutzern und Besuchern keine Wünsche offen lassen. Bis es so weit ist, wird es zum Bedauern der Unterföhringer mindestens bis zum Sommer nächsten Jahres dauern.

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Quelle:
SZ vom 16.11.2019
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