Unterföhring:Ton in Ton

Unterföhring: Je nachdem, welche Musik Lea Jade hört, fällt auch ihr Bild aus. Die Künstlerin komponiert auch selbst. Ihre Bilder sind in Unterföhring zu sehen.

Je nachdem, welche Musik Lea Jade hört, fällt auch ihr Bild aus. Die Künstlerin komponiert auch selbst. Ihre Bilder sind in Unterföhring zu sehen.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Die Künstlerin Lea Jade verfügt über die Gabe der Synästhesie, sie hört Musik und malt danach in verschiedenen Farben, je nach Emotion

Von Francesco Collini

Mit ihren Bildern bringt Lea Jade zurzeit Farbe in die sonst eher dunkleren oberen Stockwerke des Bürgerhauses Unterföhring. Die Farben - mal rot, mal grün, mal gelb, vor allem aber weiß und blau - stechen aus den grauen Betonwänden heraus, unterstrichen vom grafitschwarzen Boden. An diesem Donnerstagabend hat Jade aber mehr im Gepäck. Im ersten Stock steht ein Klavier. Die Malerin wird zur Musikerin, sie vertont ihre eigenen Werke. Die Münchener Künstlerin ist Synästhetikerin: was sie hört, hat für sie eine Farbe. Aus und mit dieser Gabe macht sie seit etwa zehn Jahren Kunst. Ihre Bilder entstehen, während sie Musik hört.

"Meine Bilder haben bis zu 30 Schichten", erklärt Lea Jade den Besuchern der Ausstellung "Musik in Bildern" im Bürgerhaus. Denn bei jedem Anhören hinterlässt die Musik andere Eindrücke. Mal achtet sie einzeln auf die Instrumente, mal auf die unterschiedlichen Gefühle, die sich beim Anhören ergeben. Dafür hört sie ein Stück bis zu zehn Mal. Manchmal reiche sogar nur einmal, sagt sie: "Ich notiere mir die Farben auf einem Blatt." So sind tiefe Klavierklänge eher blau, orientalisch angehauchte Jazzstücke eher rot und Streicher klingen vorzugsweise weiß. Bei Jade ist die Farbe weiß keine Anwesenheit von Farbe. Sie kommt eigentlich zu Stande, je mehr Töne sich im Ohr verdichten. Doch was ist die richtige Musik zum Malen? Schwer zu sagen. Jades Lieblingsgenres sind unterschiedlich. Am liebsten Klassik, Jazz, Techno, manchmal sogar Filmmusik. Von Mozart über die experimentellen Klassik-Elektro-Melangen von Ólafur Arnalds bis zu den Beats von Räuber & Schulz. Bei ihrer Ausstellung in Unterföhring sind Bilder aus verschiedenen "Zyklen" ausgestellt. Diese entsprechen den Musikrichtungen. So gibt es etwa den klassischen Zyklus, aber auch eben den elektronischen.

Jade nimmt aber nicht nur Musik von anderen Künstlern für ihre Bilder. Sie komponiert auch eigene Stücke - und malt sie dann auf der Leinwand. Auch in Unterföhring zeigt und vertont sie einige ihrer synästhetischen Kompositionen. Ohne zu verraten, um welches Bild es geht, spielt sie das erste, verträumte Stück am Klavier. Die Töne sind mal tief, mal hoch, stets melodisch. Um welches Bild wird es denn gehen, fragen sich die Gäste. Dass Synästhesie extrem subjektiv ist, zeigt die Tatsache, dass keiner der Besucher am Ende des Stückes beim richtigen Bild gelandet ist. Doch folgt man ihrer Erklärung, macht alles auf einmal Sinn: Ihr Gemälde "Elefant and hulahoop" hat eine blaue Seele für die tieferen Noten und eine rote für die etwas komplexeren Parts. Dass niemand richtig geraten hat, findet Jade nicht schlimm - im Gegenteil: "Manchmal beginnt ein Bild von mir in blau und bei der letzten Schicht bin ich bei rot", erklärt sie. Bei ihrem Bild "Urinstinkt" werden die Technobeats von Räuber & Schulz in Form von aufeinanderfolgenden Abdrücken von ihrer Malerrolle, ihr einziges Malwerkzeug, sehr deutlich. Um sich die Musik anzuhören, die den Bildern entspricht, können Besucher mit ihren Handys ein QR-Code einscannen und sich die Tracks anhören, woraus eine angenehme Interaktivität entsteht. Das Verständnis ihrer Kunst ist für Lea Jade jedoch kein Muss: "Mir ist wichtig, dass man die Bilder fühlt, nicht, dass man sie versteht".

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