Unterföhring:Seniorenbeirat beklagt Vertrauensbruch

Unterföhring: Im Frühjahr sind zahlreiche Mängel im Unterföhringer Seniorenzentrum bekannt geworden.

Im Frühjahr sind zahlreiche Mängel im Unterföhringer Seniorenzentrum bekannt geworden.

(Foto: OH)

Das Gremium fühlt sich von Gemeinderat und Rathaus übergangen. So wurde nicht nur der Vertrag mit einem umstrittenen Heimbetreiber ohne Rücksprache verlängert, auch in anderen Fällen blieb der Kontakt aus.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Der Unterföhringer Seniorenbeirat fühlt sich von Gemeinderat und Rathausverwaltung missachtet. Wie das Gremium in seiner Sitzung am Dienstag kritisierte, ist der Beirat in den vergangenen Monaten mehr oder weniger nicht beteiligt worden, als es in der Kommunalpolitik um Bereiche ging, die für Senioren relevant sind. Und das, obwohl die seit März 2017 geltende Satzung genau dies vorschreibt. Vor allem der Umgang der Gemeinde mit dem wegen Pflegemängeln in die Schlagzeilen geratenen Seniorenzentrum stört das siebenköpfige Gremium nach eigenen Angaben massiv.

So ist man entrüstet, dass der Beirat offenbar bei der Vertragsverlängerung mit dem Betreiber des Heims nicht auf dem Laufenden gehalten wurde, wie Mitglied Artur Lutz sagt. Der Beirat habe auf Drängen der Gemeinde seinen Antrag auf Kündigung oder Nicht-Verlängerung des Vertrages im Januar zunächst zurückgestellt, um dann Mitte Mai bei einem Treffen mit dem Gemeinderat zu hören, dass der Kontrakt mit dem Betreiber keine drei Wochen später unterzeichnet wurde. "Wir als Seniorenbeirat sind über die Art und Weise nicht begeistert", beklagt Lutz. Das sei ein "Vertrauensbruch". Das Gremium hatte sich dafür ausgesprochen, dass die Gemeinde das Seniorenzentrum als kommunale und eben nicht private, profitorientierte Einrichtung führt - im Sinne der Unterföhringer Patienten.

Es sei Zeit, eine neue Ära einzuleiten

Der Seniorenbeirat wies zudem Vorwürfe des Unterföhringer Rathauses zurück, er habe die Debatte um Pflegemängel im Altenheim ins Rollen gebracht, weil er der Süddeutschen Zeitung vertrauliche Dokumente zugespielt habe. Das sei nicht der Fall gewesen. Die diesbezüglichen "Vorhaltungen" von Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) hätten erhebliche Entrüstung im Beirat verursacht, sagt Lutz. Der renommierte Pflege-Kritiker Claus Fussek hatte das Thema bei einer Diskussion in Unterföhring auf Tapet gebracht.

Nach Ansicht des Seniorenbeirats ist es an der Zeit, eine neue Ära einzuleiten. Wie Lutz in der Sitzung sagte, will man die von der Heimleitung gemachte Zusage zum regelmäßigen Austausch intensivieren. Den Weg dorthin will der Seniorenbeirat mit einem einstimmig beschlossenen Antrag ebnen, das Gremium gemäß seiner Satzung besser einzubinden. So wird der Gemeinderat gebeten, per Beschluss die Rathausverwaltung zu verpflichten, den Beirat "in allen seniorenrelevanten Angelegenheiten zu beteiligen". Die Verwaltung müsse dieser Verpflichtung nachkommen. Unabhängig davon hält es der Gemeinderat für erforderlich, den Seniorenbeirat stärker an der Willensbildung des Gemeinderats teilhaben zu lassen, wie es heißt.

Unterföhring solle sich ein Beispiel am Nachbarn München nehmen

Gedeckt sind diese Forderungen durch die von den Lokalpolitikern beschlossene Satzung für den Beirat. Diese regelt darüber hinaus, dass alle Beratungsgegenstände, die Ältere betreffen, dem Gremium durch die Gemeindeverwaltung zugeleitet werden müssen. Unabhängig davon kann der Beirat von sich aus Vorschläge, Anregungen, Stellungnahmen oder Gutachten abgeben, die auf seinen Antrag hin im Gemeinderat oder den zuständigen beschließenden Ausschüssen zu behandeln sind.

So viel zur Theorie. In der Praxis hat es in den vergangenen Monaten allerdings ganz anders ausgesehen: Seit der konstituierenden Sitzung des Seniorenbeirats Unterföhring Mitte September 2017 ist das Gremium nach eigenen Angaben von der Gemeindeverwaltung nur in einem einzigen Fall beteiligt worden. Hierbei sei es um eine Verkehrsschau gegangen, die Ende April stattgefunden hat.

In den übrigen Fällen seien Initiativen ausschließlich vom Seniorenbeirat ausgegangen, sagte Lutz. "Das bedeutet, dass in diesem Zeitraum die Gemeindeverwaltung der sich aus der Satzung ergebenden Verpflichtung nicht nachgekommen ist." Denkbar sei grundsätzlich auch, "dass keine seniorenrelevanten Angelegenheiten von der Gemeindeverwaltung oder dem Gemeinderat behandelt wurden, sofern der Anstoß nicht vom Seniorenbeirat erfolgt ist", so das Gremium.

Wenn es nach dem Seniorenbeirat geht, dann sollte sich Unterföhring ein Beispiel am Nachbarn München nehmen. Der dortige Seniorenbeirat wird zu jeder Sitzung der Ausschüsse und des Stadtrats eingeladen und hat Rederecht. "Damit hat der Seniorenbeirat die Möglichkeit, die Haltung unmittelbar zu schildern. Er steht hier aber auch für Nachfragen zur Verfügung, um mögliche Missverständnisse, Unklarheiten oder Hintergründe sofort beantworten zu können." So sollten es auch die Unterföhringer halten.

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