Unterföhring:Schleifchen der Hoffnung

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Auf Schleifchen können Unterföhringer jedes Jahr Wünsche schreiben. Manche tun das auch nur in Gedanken. (Foto: A. Rehfeldt)

Hilfe bei Wohnungssuche und Familienplanung: Ein Wunschbaum für Erwachsene findet in Unterföhring großes Interesse

Von Cristina Marina, Unterföhring

Keine schillernden Christbaumkugeln, keine Figürchen, die durch die dichten Nadeln hindurch blitzen - den Christbaum des Elternbeirats der Mittagsbetreuung an der Grundschule Unterföhring schmücken nur Stoffbänder. Doch manch einem Erwachsenen dürfte dieser Schmuck wertvoller sein, als alles noch so glänzende Lametta. Denn die Stoffbänder transportieren, was die Menschen in Unterföhring sich vom Christkind wünschen.

Vor fünf Jahren überlegte Monika Schubka, was man auf dem Christkindlmarkt den Erwachsenen anbieten könnte. Für Kinder gab es schon das Christkindlpostamt, auf dem sie Briefe an das Christkind senden konnten, um ihm mitzuteilen, was sie sich an Weihnachten wünschten. Die Briefe lasen und beantworteten die engagierten Mitglieder des Elternbeirats, so wie Monika Schubka selbst. Die Aktion hatte Riesenerfolg.

Doch Schubka wusste: "Auch Erwachsene haben Wünsche." So entstand die Idee des "Wunschbaumes". Seitdem darf auf dem Christkindlmarkt jeder, ungeachtet seines Alters, auf einem Stück Geschenkband seinen Wunsch für das kommende Jahr zum Ausdruck bringen. Die weißen, grünen, gelben oder roten Bänder geraten kürzer oder länger, je nach Umfang des Weihnachtswunschs.

Seit drei Jahren kümmert sich Annika Rehfeldt um den Wunschbaum. Als die älteste ihrer Töchter eingeschult wurde, trat die Pädagogin dem Elternbeirat bei und hörte da erst von der Aktion für Erwachsene: Da ihre Kinder die Grundschule verließen, suchte Schubka eine "würdige Nachfolge". Und fand sie - in Person der damals 33-jährigen Rehfeldt.

"Hätte ich früher davon erfahren, hätte ich längst mitgemacht", sagt Rehfeldt. Auch im Christkindlpostamt ist sie aktiv - allein in diesem Jahr hat sie die Arbeit von zwei bis drei Tagen eingebracht, um die 120 Briefe, die Unterföhringer Kinder eingesandt hatten, mit anderen Eltern gemeinsam entgegenzunehmen, zu lesen, zu sortieren und anschließend zu beantworten. Und das, obwohl sie als dreifache Mutter eigentlich nicht über viel Zeit verfügt. "Die Zeit nehme ich mir", erklärt Rehfeldt. In diesem Jahr seien ihr die Briefe der Kinder besonders ans Herz gegangen, denn etliche wünschten sich keine materiellen Geschenke, sondern beispielsweise mehr Zeit mit ihren Eltern oder Großeltern zu verbringen; oder aber - wie kürzlich ein Kind schrieb - "dass es den anderen Kindern auch so gut geht wie mir". Ein anderes habe indes das Christkind gebeten: "Ich möchte bitte keine Albträume mehr haben." Beruflich hat Rehfeldt 18 Jahre lang mit Kindern gearbeitet. In ihren Antwortbriefen versucht sie, für jedes Kind die richtigen Worte zu finden.

Beim Wunschbaum tut Annika Rehfeldt dies hingegen nicht, denn die Erwachsenen erwarten keine Antwort auf ihre Wünsche. Viele schrieben nicht einmal wirklich etwas auf die bunten Stoffbänder, sondern "übertrugen" ihre Wünsche nur gedanklich, also eher symbolisch, darauf. Die Erwachsenen binden ihre Bänder selbst um die Zweige.

Nur wenn Annika Rehfeldt mitbekommt, dass ein bestimmter Wunsch besonders dringend ist, sagt sie den Menschen, sie sollen das Band möglichst hoch oben an den Baum anbringen, "damit das Christkind es auch schnell finden kann". Oft sind es - wie bei den Kindern - Dinge, die man "nicht mit Geld kaufen" könne, berichtet Rehfeldt. Dass eine Wohnung gefunden wird, beispielsweise, oder dass die Mutter, die an Krebs erkrankt war, wieder gesund wird.

Ob Rehfeldt selbst auch ein buntes Stoffband angebracht hat? Das habe sie - vor zwei Jahren. Damals wollten sie und ihr Mann ein drittes Kind bekommen - erfolglos. Rehfeldt hatte bereits die Zusage für einen neuen Job in der Tasche - der Kinderwunsch sollte damit ruhen. "Ein letzter Versuch noch - warum nicht wenigstens probieren?", habe sie gedacht und selbst eine Schleife am Wunschbaum gebunden. Im Januar fiel der Schwangerschaftstest positiv aus. Ihre jüngste Tochter ist jetzt 15 Monate alt.

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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