Süddeutsche Zeitung

Rassismus-Debatte:Unterföhring - Schwarzer Stein des Anstoßes

Der Kulturpreis "Unterföhringer Mohr" wird Thema im Gemeinderat.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Die aktuelle Debatte über Rassismus hat nun auch Unterföhring erreicht: Nachdem sich Stimmen mehren, den Kulturpreis "Unterföhringer Mohr" umzubenennen oder gar neu zu gestalten, soll sich der Gemeinderat im September mit dem Thema beschäftigen. Das hat Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer von der Parteifreien Wählerschaft (PWU) gleich zu Beginn der Sitzung am Donnerstagabend im Bürgerhaus angekündigt.

Seit 2008 vergibt die Gemeinde die kleine Statue aus schwarzem Marmor als Publikumspreis; sie zeigt einen offenkundig dunkelhäutigen Knaben mit krausen Haaren, breiter Nase und breiten Lippen. Eine ähnliche Darstellung ziert auch das Wappen der Kommune. Vielerorts wird derzeit über solche Darstellungen diskutiert, weil sie als ehrverletzend und rassistisch gegenüber Menschen mit dunkler Hautfarbe wahrgenommen werden.

Auch in Unterföhring gibt es Vorbehalte gegen die stereotype Form der Darstellung, etwa unter Grünen. "Wir wünschen uns eine differenzierte Diskussion darüber, bei der auch Menschen mit dunkler Hautfarbe zu Wort kommen sollen und ihre Sicht darlegen können", so Stephanie Moser, stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat. Und in Coburg etwa gibt es bereits seit Wochen eine kontroverse Debatte um den Mohren im dortigen Wappen.

Namhafte Künstler haben den Preis erhalten

In Unterföhring haben namhafte Künstler wie zum Beispiel Mathias Richling, Helmut Schleich oder Wolfgang Krebs den Kulturpreis erhalten. Im Hinblick auf "Black lives matter" müsse man sich die Frage stellen, "ob dieser sogenannte Unterföhringer Mohr noch zeitgemäß ist", findet Kemmelmeyer. Und: "Könnten sich künftige Preisträger daran stören?" Von den bisherigen allerdings habe sich niemand gemeldet. "Wir haben kein schlechtes Gewissen und auch die Preisträger bräuchten das absolut nicht", sagt der Rathauschef und verweist darauf, dass Unterföhring "mehr als bunt und weltoffen" sei. Dennoch wolle man keine falschen Signale aussenden und eine offene Diskussion führen.

Im September soll der Gemeinderat über den weiteren Umgang mit dem Publikumspreis entscheiden. Dieser wird jedes Jahr vergeben, und zwar an die Künstlerin oder den Künstler, die bei den Besuchern des Kulturprogramms am besten angekommen sind. Nach den Worten von Kemmelmeyer erfreut sich die Auszeichnung größter Beliebtheit. Ob sie jedoch weiter als Mohr deklariert wird, bleibt abzuwarten.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2020
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