Süddeutsche Zeitung

Unterföhring:Notunterkunft mit Geothermie-Anschluss

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In Unterföhring steht die sechste von insgesamt sieben geplanten Traglufthallen für Flüchtlinge im Landkreis. Mehr als 1000 Interessierte kommen zur Besichtigung - manche bringen Spenden für die künftigen Bewohner mit.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

"Wir sind neugierig auf die Menschen, die zu uns kommen werden, und das im positiven Sinne." Was der Unterföhringer Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) am Montagabend beim Besichtigungstermin in der neu aufgestellten Traglufthalle sagte, gilt offenbar auch für die Bevölkerung in der Stadtrandkommune: Mehr als 1000Interessierte haben den Weg an die Mitterfeldallee gefunden, um sich das Notquartier anzusehen.

Dieses steht in direkter Nachbarschaft zur Allianz, in der zahlreiche Mitarbeiter laut Kemmelmeyer in den vergangenen Wochen "bergeweise Spenden" gesammelt haben. Anfang Januar werden die ersten Schutzsuchenden in die an das kommunale Geothermienetz angeschlossene Unterkunft einziehen. Sie bietet Platz für bis zu maximal 300 Flüchtlinge.

Drei Kinder überreichen dem Bürgermeister ein Kuvert

Zwei Mädchen und ein Junge aus Unterföhring haben sich bereits Gedanken darüber gemacht, dass man den bald ankommenden Menschen Gutes tun muss: Luise, Berenike und Björn übergaben am Montagabend dem gerührten Bürgermeister ein großes Kuvert mit 65 Euro - dem Erlös aus dem Verkauf von Armbändern, welche die drei selbst gebastelt hatten.

Die Unterföhringer Traglufthalle ist die sechste im Landkreis München; seit Ende Juli wurden in Taufkirchen, Neubiberg, Oberhaching, Unterhaching und Grünwald solche Notunterkünfte eingerichtet, eine weitere wird noch in Haar entstehen. Wöchentlich kommen derzeit 145 Asylbewerber im Landkreis München an. Bis zum Jahresende muss der Landkreis Statistiken zufolge 6110 Menschen untergebracht haben. Aktuell wohnen Asylbewerber auch noch behelfsmäßig in Turnhallen, und zwar in Haar, Unterschleißheim und Gräfelfing. Letztere wird nach den Worten von Landratsamtssprecherin Christine Spiegel voraussichtlich Mitte Januar geräumt, wenn dort die feste Unterkunft bezugsfertig ist.

Bis Ende 2016 müssen voraussichtlich 9000 Menschen untergebracht werden

Da dauerhafte Unterkünfte nicht innerhalb kurzer Zeit realisiert werden können, setzt der Landkreis auf Traglufthallen als Übergangslösung. "Wir gehen davon aus, dass sich die Situation 2016 nicht wesentlich ändern wird und richten unsere Planungen jetzt auf eine Zahl von insgesamt 9000 Flüchtlingen aus, die bis Ende 2016 im Landkreis eine Unterkunft brauchen", sagte stellvertretender Landrat Ernst Weidenbusch (CSU) bei der Besichtigung.

Aufgebaut werden die Traglufthallen von der Berliner Firma Paranet-Deutschland GmbH. In einer solchen Notunterkunft haben die Schutzsuchenden mehr Privatsphäre als in einer Sporthalle, in der die Stockbetten oft nicht einmal durch Trennwände abgeschirmt werden können. In den klimatisierten Traglufthallen gibt es dagegen nach oben offene, separate Einheiten mit jeweils sechs oder weniger Betten. Jede Einheit erhält Spinde, einen Tisch und Stühle. Darüber hinaus gibt es Speise- und Aufenthaltsbereiche sowie einen Spielbereich für Kinder. Die sanitären Anlagen befinden sich in eigenen Containereinheiten innerhalb der Halle. Auch die Objekt- und Sozialbetreuung bekommt eigene Arbeitsräume. Die Halle verfügt darüber hinaus über ein Behandlungszimmer für Sprechstunden von Ärzten.

Für starken Schneefall gibt es einen eigenen Notfallplan

In Unterföhring stehen den Asylsuchenden Sozialbetreuer der Arbeiterwohlfahrt als Ansprechpartner zur Verfügung. Unter der Woche wird tagsüber mindestens ein Mitarbeiter in der Halle sein. Auch der örtliche Helferkreis, in dem sich mittlerweile mehr als 200 Unterföhringer engagieren, wird in der Notunterkunft ein Büro beziehen. Rund um die Uhr sind Objektbetreuer und Brandwachen anwesend, die sich um die Sicherheit der Bewohner und die technische Bedienung der Halle kümmern. Sollte es dort zu einem Druckabfall kommen, fahren zwei Gebläse-Anlagen hoch, die zusätzlich über Notstromaggregat gesichert sind. Bei starkem Schneefall werden Druck und Temperatur in der Halle erhöht, damit der Schnee schnell abtauen kann.

Sobald weitere feste Unterkünfte fertig sind, ziehen die Asylbewerber "sukzessive nach dem Drehscheibenprinzip" wieder aus den Traglufthallen aus, wie das Landratsamt mitteilt.

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Quelle:
SZ vom 23.12.2015
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