Unterföhring:Klassen-Battle im Sitzsack

Im neuen Gymnasium werden bisher nur die unteren Jahrgangsstufen unterrichtet. Im Homeschooling und in der Notbetreuung versuchen die Lehrer, die Kinder durch Spiele zu motivieren

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Vier verschiedene Smileys. Mehr braucht es nicht, um die Rückmeldungen von Schülern, Eltern und Lehrern zum Distanzunterricht am neuen Unterföhringer Gymnasium einzuordnen. Wenn das Emoji übers ganze Gesicht lacht, dann bedeutet das so viel wie: Daumen hoch, gut gemacht, es gibt nichts auszusetzen. Zieht der Smiley dagegen eine traurige Schnute, dann besteht Verbesserungsbedarf. Um es vorwegzunehmen, den Trauerklops haben die wenigsten angeklickt, um ihr Feedback auf die zahlreichen Fragen in der Umfrage zum Daheimlernen gegeben.

Gefragt wurde zum Beispiel, ob die Buben und Mädchen während des Distanzunterrichts immer wussten, was zu tun ist, und ob das Hochladen der erledigten Hausaufgaben geklappt hat. Von den Eltern wollte die Schule wissen, ob sie den Eindruck hatten, dass die Kinder von den Lehrern ausreichend vorbereitet worden sind, um im Bereich MS-Teams, Mebis und anderen digitalen Schnittstellen den Distanzunterricht zu verfolgen. Und sogar die Frage nach dem Spaß beim Lernen daheim haben die meisten mit einem lachenden Smiley beantwortet.

Am Unterföhringer Gymnasium werden seit der Eröffnung im September insgesamt 310 Kinder und Jugendliche in den Jahrgangsstufen fünf bis sieben unterrichtet. Seitdem die Schulen wegen hoher Infektionszahlen im Dezember zunächst auf Wechselunterricht umstellen und nach den Weihnachtsferien ganz schließen mussten, sind auf dem Campus an der Mitterfeldallee nur eine Handvoll Kinder in der Notbetreuung. Sie verfolgen den Unterricht nach Stundenplan im Haus auf iPads, jeder der aktuell vier Schüler hat einen eigenen Raum mit Sitzsack und Betreuer - was äußerst komfortabel ist und vielfach bessere Umstände bietet als etwa das Lernen in beengten Kinderzimmern. Das Gymnasium hat so viel Platz, dass auch während der Zeit des Wechselunterrichts alle Schüler gleichzeitig in die Schule kommen und die Abstände ohne Probleme eingehalten werden konnten. "Wir hatten alle Klassen in voller Stärke da und sie konnten bequem auf mehrere Räume verteilt werden", sagt Schulleiterin Betina Mäusel. So wolle man es wieder halten, wenn wieder Wechselunterricht angesagt ist.

Unterföhring: Virtueller Musikunterricht am Unterföhringer Gymnasium: Während die meisten Kinder und Jugendlichen an den Schulstunden von daheim aus teilnehmen, werden in der Schule selbst vier Kinder betreut. Sie verfolgen den Lernstoff auch aus der Distanz - über Tablets.

Virtueller Musikunterricht am Unterföhringer Gymnasium: Während die meisten Kinder und Jugendlichen an den Schulstunden von daheim aus teilnehmen, werden in der Schule selbst vier Kinder betreut. Sie verfolgen den Lernstoff auch aus der Distanz - über Tablets.

(Foto: Gymnasium Unterföhring)

Auch beim kompletten Homeschooling setzt das Unterföhringer Gymnasium auf den ganz normalen Stundenplan. Virtueller Startschuss ist morgens um 8, gelehrt und gelernt wird bis um 13 Uhr, die Hausaufgaben können nachmittags erledigt und schließlich über das Programm Homeworker hochgeladen werden.

Hinter Schülern, Lehrern und Eltern liegen nun bereits fünf Wochen Distanzunterricht - und allen hat diese Zeit des Daheimlernens viel abverlangt. Während ältere Schüler mit dem Klassenzimmer in den eigenen vier Wänden meist ganz gut zurechtkommen, brauchen gerade jüngere Kinder bei der Bewältigung der ungewohnten Aufgaben mehr Hilfestellung. Und dabei stehen nicht nur die Grundschüler vor größten Herausforderungen. Auch jene, die im vergangenen September aufs Gymnasium gewechselt sind, können vielfach zwar zu Spielzwecken mit dem Smartphone oder Tablet umgehen. Dass nach nicht einmal zwölf Wochen in der neuen Schule mithilfe der technischen Gerätschaften monatelang Mathe gepaukt werden muss, Englisch- oder Französischvokabeln abgefragt werden und sich der Sportunterricht ausschließlich virtuell abspielt, das ist dann doch ungewohnt. Auch wenn die Kinder nach den Schulschließungen im ersten Corona-Lockdown im Frühjahr 2020 damit erste Erfahrungen gesammelt haben.

Das Unterföhringer Gymnasium hat seine Schützlinge offenbar gut auf das ungewohnte Lernen in der Ferne vorbereitet - mit Erklärvideos, Bedienregeln und Hilfsangeboten. Dass es gelungen ist, den Schülern die Scheu von der Technik zu nehmen, freut Mäusel. Mehr noch: Sie und ihr Lehrerkollegium hätten festgestellt, dass die Buben und Mädchen mittlerweile nicht nur "äußerst fit" sind, sondern dass manche Kinder im Fernunterricht sogar aufblühten, "sich öfter melden als vorher und engagiert mitarbeiten", so die Direktorin.

Die Umfragen wollen die Unterföhringer beibehalten: Seit November 2020 ist das Gymnasium eine sogenannte Feedback-Schule. Dabei gehe es vor allem um die Unterrichtsqualität, so Mäusel - egal, ob in digitalen oder analogen Schulstunden. Die Rückmeldungen von Schülern und Eltern seien eine wesentliche Informationsquelle. Um kontinuierlich Schülerfeedback zum Unterricht und Elternfeedback zur Schulorganisation einholen zu können, ist ein System eingeführt worden, mit dessen Hilfe die Kinder anonym ihren Lehrerinnen und Lehrern via Handy oder PC mitteilen können, wie es den Unterricht findet und was bei ihnen ankommt. Dieses Instrument wird laut Mäusel auch genutzt, um Eltern befragen zu können oder deren Meinung zu Projekten oder Unternehmungen zu erbitten.

Dass die Beteiligten in den bislang zwei Umfragerunden während des Distanzunterrichts überwiegend zufrieden gewesen sind, dürfte vor allem bei den Kindern nicht zuletzt an den Aktionen liegen, die von der Schule zur Auflockerung des Fernlernens bislang aufgelegt worden sind: In "Klassen-Battles" treten die Klassen gegeneinander an, indem sie kleine Aufgaben erledigen müssen. So wurde schon der schönste selbst gebaute Schneemann prämiert, Kinder konnten sich im Teebeutel-Weitwurf messen und Tanzvideos zum Hit "Jerusalema" von Master KG aufnehmen.

Das nächste Battle steht übrigens schon an. Das Szenario: Im Gymnasium hat es einen Cyberangriff gegeben, Direktorin Betina Mäusel ist in ihrem Büro gefangen. Eine Rettung ist nur möglich, wenn die Klassen beim Lösen von Aufgaben an den Code kommen, um den Raum öffnen zu können.

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