Süddeutsche Zeitung

Unterföhring:Eine Schule fast wie neu

In einer Sondersitzung hat der Unterföhringer Gemeinderat einstimmig die Sanierung der alten Bauteile beschlossen, die mindestens sechs Millionen Euro kosten wird. Auch über einen Abbruch wurde diskutiert

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Die erforderliche Ertüchtigung der beiden alten Bauteile der Unterföhringer Grundschule in Sachen Brandschutz und hinsichtlich einer Neuordnung der Räume aus pädagogischer Sicht wachsen sich zu einer umfassenden Generalsanierung aus. In einer Sondersitzung hat sich der Gemeinderat nun die Pläne dafür vorstellen lassen - und am Ende darum gerungen, ob ein Neubau an der Bahnhofstraße nicht günstiger kommen würde. Ersten Schätzungen zufolge muss Unterföhring wohl knapp 6,4 Millionen Euro in die Hand nehmen, um den "blauen Kasten" aus dem Jahr 1964 und seinen gelben Anbau von 1996 zu optimieren.

Der graue Erweiterungsbau von 2015 bleibt davon unberührt. Während der Sanierung sollen die betroffenen Klassen in die neue Grundschule auf dem Campus an der Mitterfeldallee umziehen.

Bereits Ende Mai haben die Kommunalpolitiker das Projekt auf den Weg gebracht und das von Schulberaterin Andrea Lehner vorgestellte pädagogische Schulraumkonzept bejaht, das Gemeindeverwaltung und Schulleitung in den vergangenen Monaten erarbeitet haben. So soll die Struktur der drei Schulbauten am Standort an der Bahnhofstraße erhalten bleiben. Das Innere der beiden älteren Gebäudeteile aber wird vollkommen neu geordnet. Geplant ist zum Beispiel, die ehemaligen Pausenhallen im blauen Kasten, die zu Klassenzimmern umgestaltet wurden, wieder zu öffnen und als Gemeinschaftsräume nutzbar zu machen. Der Verwaltungstrakt soll laut dem Konzept aus dem gelben Gebäude ins Erdgeschoss des Altbaus umziehen, sodass der dort vorhandene Eingang, der in den vergangenen Jahren verschlossen war und nach Rückkehr einiger Schüler nach dem Corona-Lockdown nur bestimmten Klassen zur Verfügung stand, wiedereröffnet werden kann. Die Klassenzimmer sind so angelegt, dass es in einer Jahrgangsstufe keine Trennung mehr von Ganztags- und Regelklassen gibt, auch Inklusion soll möglich gemacht werden.

Nicht erfüllen wird die Gemeinde den Wunsch der Schulleitung, die auch als Spielstätte genutzte Aula umzugestalten, die wegen der treppenförmigen Anordnung der Sitzplätze an ein Amphitheater erinnert. Und auch die Lichtkuppel über der Aula und die unter ihr liegenden Lichthöfe sollen so erneuert werden, "dass das Lichtauge erhalten bleibt", wie Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer von der Parteifreien Wählerschaft (PWU) sagte.

Als wahre Mammutaufgabe erweist sich die Optimierung des Brandschutzes. Der von der Gemeinde beauftragte Münchner Architekt Ralf Hall stellte den Lokalpolitikern die notwendigen Arbeiten dar - die Liste ist lang. So seien die Rettungswege nicht mehr auf dem neuesten Stand, teilweise sei dort Holz verbaut, und Kabelschächte aus Kunststoff stellten ebenfalls eine Gefahr dar. Das Glas in Brandschutztüren und Treppengeländern sei nicht zertifiziert und könnte bei einem Feuer bersten. Gleiches gilt für die gläserne Kuppel. Im ganzen Haus gibt es keine FI-Schutzschalter, die zweiten Rettungswege müssten ausgebaut werden und es brauche eine vollkommen neue Elektrik, so Hall. Der Architekt schlug den Einbau einer Brandmeldeanlage und die Schaffung einer einheitlichen Sicherheitsbeleuchtung vor, denn nur dann könnten die Treppenhäuser offen bleiben.

Der blaue und der gelbe Kasten seien "Zeichen ihrer Zeit, sehr besondere Gebäude mit großen und hohen Räumen", sagte Hall. Um sie zu erhalten und zu modernisieren, muss die Gemeinde also kräftig investieren. Und das gefällt nicht allen im Gemeinderat. CSU-Sprecher Manfred Axenbeck sah vor allem beim ältesten Bauwerk eine "totale Entkernung" auf Unterföhring zukommen, was Hall bestätigte: "Das ist ein Rückbau auf nahezu Rohbau", sagte der Architekt. Was denn mit der energetischen Sanierung sei, wollte Axenbeck wissen. Würde eine solche nötig, dann müssten auch Fenster und Fassade erneuert werden. Darauf könne man unter Umständen verzichten, so Hall.

Der CSU-Mann forderte daraufhin zumindest eine Gegenüberstellung der Kosten von Sanierung und Neubau. Albert Kirnberger (SPD) sprang ihm bei, während Johann Zehetmair (PWU) sagte, er sei verwundert, dass nun schon wieder über Abriss und Neubau geredet werde. Ein Erhalt des blauen Kastens habe doch auch mit Identität zu tun, gab er zu bedenken. Ein Vergleich der Kosten sei zwar legitim, so Zehetmair, "aber ein Abriss ist überzogen". Thomas Weingärtner (SPD) äußerte Zweifel, ob die sechs Millionen Euro überhaupt ausreichen werden. Er bat um genauere Zahlen. Schlussendlich votierte der Gemeinderat einstimmig für den Maßnahmenkatalog zur Sanierung der beiden Gebäudeteile. Im Oktober soll eine detaillierte Kostenaufstellung für das Projekt vorliegen.

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Quelle:
SZ vom 01.08.2020
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