Unterföhring:Generalangriffe auf die Sinne

Kammeroper Köln, Musical: Barricade

Großes Drama vor dem Hintergrund der Pariser Straßenkämpfe: Die Kammeroper Köln zeigt das Musical "Barricade" nach Victos Hugos "Les Miserables" in Unterföhring.

(Foto: Rolf Franke/Kammeroper Köln/oh)

Von Filmmusik über modernen Tanz bis zu Theater, Jazz und Kabarett - das neue Unterföhringer Kulturprogramm wartet mit enormer Vielfalt und hochkarätigen Künstlern auf. Der Abo-Verkauf hat jetzt begonnen

Von Udo Watter, Unterföhring

Wenn es die vornehmste Aufgabe der Kunst ist, den Rezipienten in ein ästhetisches Hochgefühl zu versetzen, dann ist ein umfassender Generalangriff auf die Sinne die wohl wirksamste Methode. In kaum einem Phänomen verdichtet sich das so gut wie in der Filmmusik, die ja vor allem als akustischer Gefühlsverstärker visueller Darstellungen fungiert. Manchmal mündet das in kitschiger Überwältigungssoße, manchmal zeitigt das aber auch unvergängliche Melodien: Das Deutsche Filmorchester Babelsberg widmet sich am 26. Februar im Bürgerhaus Unterföhring solchen berühmten Leitmotiven, Themen und Titelsongs, die als Soundtrack-Elemente selbst zu Klassiker wurden: Stücke etwa aus "Der Pate", "Goldfinger" oder "Mission Impossible".

Das Ensemble, das aus dem UFA-Sinfonieorchester der Stummfilm-Ära und dem DEFA-Sinfonieorchester zu DDR-Zeiten hervorgegangen ist, setzt freilich nicht nur auf die Verführungskraft der Klänge: Parallel dazu laufen im Bürgerhaus Filmsequenzen auf großer Leinwand. "Das ist ein Novum für uns", sagt Florian Nagel vom Unterföhringer Kulturamt. "Wir können auf eine neue Filmprojektionstechnik zurückgreifen und das in Kinoqualität zeigen." Auch die drei anderen Veranstaltungen, die man im Rahmen des Musikabonnements für die kommende Spielzeit 2017 buchen kann, versprechen optisch eindrucksvolle Unterhaltung: "Barricade" eine Musicalversion von "Les Misérables" nach dem Roman von Victor Hugo erzählt eine Geschichte um Liebe, Leidenschaft und Tod vor dem Hintergrund der Pariser Straßenkämpfe, eine Co-Produktion der Deutschen Musical Company mit der Kammeroper Köln. "Das kommt immer gut an, das wird ein Renner", glaubt Nagel. Dazu kommt eine Inszenierung des Landestheater Schwaben "Out of Allgäu", die unter dem eigenwilligen Genre "Muhsical" firmiert. Schließlich gibt's in der Abo-Sparte Musik noch Vocal Jazz aus Skandinavien mit dem A-cappella-Ensemble Leveleleven, das im Rahmen des Internationalen Jazz Weekends in der Gemeinde auftritt.

Der Abo-Verkauf für die neue Unterföhringer Kultursaison in den Bereichen Schauspiel, Musik, Kabarett und Aula (Gemischtes Angebot in der Schulaula) läuft seit einigen Tagen, der Wahl-Abo-Verkauf - bei dem man Veranstaltungen aus diversen Bereichen auswählen kann, beginnt am Samstag, 19. November (Informationen dazu unter Telefon 089/95 08 15 06). Der Vorverkauf für die Einzelvorstellungen startet am 26. November.

Im Bereich Schauspiel ist das Angebot klassisch: Zu sehen ist eine Neuinszenierung von Lessings "Nathan der Weise" mit Peter Kremer, die in Unterföhring Premiere feiert. Shakespeares "König Lear" kommt im Bürgerhaus in einer rein männlichen Besetzung auf die Bühne, wie es zu Zeiten des großen englischen Dramatikers üblich war. Einem großen bayerischen Schriftsteller - der freilich seine dunklen Seiten hatte - widmet sich der Schauspieler, Intendant und Nockherberg-Veteran Michael Lerchenfeld bei seinem Ludwig-Thoma-Abend. Zum Reformationsjubiläum wird zudem das Stück "Martin Luther & Thomas Münzer" von Dieter Forte aufgeführt.

Kabarett gehört zu den Selbstläufern, das Angebot ist vielschichtig und grenzüberschreitend: Vom Klassiker Josef Hader ("Hader spielt Hader") über Annett Postel, die in ihren Opernparodien zwischen Koloratur und Komik changiert, bis zu Rainer Kröhnerts Expedition in die Kanzlerinnen-Matrix ("Mutti Reloaded") und den Botschaftern des burlesken Entertainments "Evi & das Tier". Komische Brettlkunst ist auch prägend für die Abo-Veranstaltungen in der Schulaula: Klaus Bäuerle, der sein Programm "Drei Männer braucht die Frau" präsentiert, ist dort ebenso zu Gast wie die Kabarettistin Sarah Hakenberg. Auch die so monogame wie "polybrutale" Beziehung, die Ehnert & Ehnert in ihrem Programm "Zweikampfhasen" zelebrieren, dürfte für Lacher sorgen. Das könnte auch bei der Vorstellung von "Die Judenbank", einer Produktion des "Theater Poetenpack" passieren, was freilich vor allem tragikomische Hintergründe hätte.

Die Ouvertüre zur kommenden Unterföhringer Kulturspielzeit dürfte ein besonderer Höhepunkt werden: Der international renommierte Tänzer und Choreograf Johannes Härtl präsentiert seine neue Produktion "Invisible Line". Einsamkeit, soziale Isolation und die Suche nach Geborgenheit sind Leitmotive, die das Schaffen Härtls, der "Choreographer in residence" in Unterföhring ist, schon länger bestimmen. Welche Bilder er diesmal für komplexen Beziehungsgeflechte findet, und wie die Beats seines Komponisten Jan Paul Werge und Videoprojektionen in einen genreübergreifenden Dialog treten, ist eine spannende Frage. "Ich finde seine Choreografien großartig", sagt Nagel. "Er hat ja schon mehrere Produktionen am Haus gemacht, aber das sind immer wieder schöne Überraschungen, sehr poetisch."

Hochkarätig ist auch das Jazz-Angebot, unter anderem treten Blues-Pianist Martin Schmitt und Boogie-Virtuose Axel Zwingenberger an und beim Internationalem Jazz Weekend spielt etwa das Trio Rom/Schaerer/Eberle auf, eine der gefragtesten Formationen des alternativen Jazz.

Was die klassische Musik angeht, wartet Unterföhring heuer mit einer Neuerung auf: eine Orgelkonzert-Reihe im schönen Ambiente der Barockkirche Sankt Valentin. Das Eröffnungskonzert spielt Peter Kofler, international renommierter Organist aus Bozen, der an der Hochschule für Musik und Theater in München unterrichtet. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche andere Veranstaltungen mit bekannten und weniger bekannten Künstlern, ein umfangreiches Kinderprogramm, Ausstellungen oder Auftritte lokaler Protagonisten wie der Laienspielgruppe Unterföhring oder des Theatervereins "Kulturbixn". Es muss ja nicht immer nur Überwältigungskunst à la Hollywood sein.

Weitere Informationen zu den Abos und zum Kartenvorverkauf gibt es unter 089/95 08 15 06 oder www.buergerhaus-unterfoehring.de. Auf der Liste für das Wahl-Abo, Verkaufsbeginn am Samstag, 19. November, stehen unter anderem die Tanzproduktion "Invisible Lines", eine Vorstellung des Odyssey Dance Theatre, "King Lear", "Die Judenbank" oder "Martin Luther", das Musiktheater "Out of Allgäu" und das Konzert von Leveleleven.

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