Süddeutsche Zeitung

Unterföhring:Fünf Euro Parkgebühr am Tag

Der große Parkplatz und die Garage im Gewerbegebiet Unterföhring werden kaum genutzt, da sie den Pendlern zu teuer sind. Ein Arbeitnehmer wehrt sich.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Der große Parkplatz an der Jahnstraße im Unterföhringer Gewerbegebiet ist an diesem Nachmittag mehr oder minder verwaist. Nur ein paar Autos stehen vereinzelt auf dem Areal, das einmal im Jahr als Veranstaltungsort für das Bürgerfest dient. Und auch in der Garage darunter herrscht wenig Andrang. Zusammengenommen könnten ober- und unterirdisch tausend Fahrzeuge abgestellt werden - gegen Gebühr. Fünf Euro am Tag kostet das Parken in der im Dezember 2018 eröffneten Garage und auf dem Parkplatz.

Markus Sperl, Produktionsleiter bei der Filmfirma Storyhouse, wundert die gähnende Leere nicht. Der Preis sei einfach zu hoch, sagt Sperl. Seine Firma sei von der Gemeinde nicht darüber informiert worden, dass im Gewerbegebiet kostenlose Stellplätze wegfallen würden, weil Parkhäuser gebaut werden. In einer E-Mail an das Unterföhringer Rathaus äußert Sperl Zweifel an der Entscheidung, Pendler ins Gewerbegebiet derart zur Kasse zu bitten: "Ist Ihnen bewusst, dass die reichen Konzerne, sowie die besser verdienenden Angestellten mit leitenden Funktionen alle über einen Firmenparkplatz verfügen und nur die unteren und mittleren Einkommensschichten auf die öffentlichen Parkplätze angewiesen sind?", fragt Sperl.

Für einen normalen Angestellten machten die Parkgebühren 1200 Euro im Jahr aus - eine Summe, die nicht sozial verträglich sei, sagt der Produktionsleiter und spricht damit nach eigenen Angaben für seine Mitarbeiter. Er hält eine Parkgebühr von 1,50 Euro für vertretbar, das sei okay.

Seit Anfang Dezember sind Garage und Parkplatz an der Jahnstraße nutzbar. Nach dem Willen des Unterföhringer Gemeinderats soll mit diesem Parkhaus und einem weiteren, das heuer an der Diesel-, Ecke Betastraße entsteht, der Suchverkehr im Gewerbegebiet jenseits der S-Bahn eingeschränkt werden. Die Erfahrungen von Sperl, der mit dem Auto und bei gutem Wetter mit dem E-Bike von Ottobrunn nach Unterföhring pendelt, sind andere: "Jetzt suchen die Leute erst richtig, denn zahlen wollen sie nicht", sagt er. Das habe man schon in den knapp 16 Monaten Bauzeit gemerkt, als der Bürgerfestplatz, wo früher kostenlos Autos abgestellt werden konnten, wegen der Arbeiten gesperrt war.

Sperl und vielen seiner Kollegen graut es schon davor, wenn auch die zweite Garage steht. Dann nämlich werden noch mehr Parkplatzsucher im Gewerbegebiet ihre Runden drehen. Dort arbeiten 22 000 Menschen. Viele von ihnen kommen jeden Tag mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihrer Firma, bis zu 7000 Pendler nutzen für die Anreise das Auto. Mit Beginn der Bauarbeiten für das zweite Parkhaus ist ein weiterer großer Interimsparkplatz gesperrt worden, was den Suchverkehr noch einmal verstärkt hat, wie Markus Sperl tagtäglich beobachtet.

Die Parkplatzsituation im Gewerbegebiet beschäftigt den Unterföhringer Gemeinderat seit Jahren. Nach einer Bedarfserhebung zur Entlastung des öffentlichen Straßenraumes haben sich die Lokalpolitiker dazu entschlossen, eben jene zwei Parkhäuser zu schaffen. Nach einer Standortanalyse wurde der Bedarf einer gebührenpflichtigen Garage sowohl im Norden als auch im Süden des Gewerbegebietes bestätigt. Zusätzlich wurde zur Vermeidung einer Konkurrenzsituation die Gebührenstruktur in den firmeneigenen Tiefgaragen ermittelt und die derzeit bestehenden Parkgebühren durch den Gemeinderat beschlossen, wie es in einer Antwort aus dem Rathaus auf die Anfrage von Markus Sperl heißt. Den Firmen und Unternehmen im Gewerbegebiet sei angeboten worden, ein Kontingent an Stellplätzen zu einem monatlichen Tarif von 50 Euro pro Stellplatz anzumieten.

Die Investitionen der Gemeinde in die zwei Parkgaragen belaufen sich auf die stattliche Summe von 31 Millionen Euro.

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Quelle:
SZ vom 23.04.2019
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