Container-Depot in Unterföhring:Unerwünschter Umschlagplatz

Container-Depot in Unterföhring: Im Containerdepot in Unterföhring werden Container von der Schiene auf die Straße verladen und umgekehrt.

Im Containerdepot in Unterföhring werden Container von der Schiene auf die Straße verladen und umgekehrt.

(Foto: Catherina Hess)

32 000 Container werden auf dem Depot in Unterföhring jährlich von der Schiene auf die Straße verladen und umgekehrt. Doch das Gelände ist für Wohnbebauung vorgesehen - und der Betreiber findet nirgends einen Ersatz.

Von Irmengard Gnau, Unterföhring

Man könnte sich schönere Job-Voraussetzungen vorstellen als jene von Thorsten Meyerfeldt. Seit November 2022 hat der Hamburger die Geschäftsführung des Container-Depots München (CDM) in Unterföhring sowie der Tochterfirma TGM übernommen. Sein Vorgänger Rainer Jabke wird nach 27 Jahren auf diesem Posten demnächst in den Ruhestand gehen. Wie es mit dem Container-Depot weitergeht, das zu den wenigen großen Inlanddepots in der Region zählt, steht allerdings derzeit in den Sternen. Der Pachtvertrag läuft Ende Oktober 2024 aus, bis dahin muss ein neuer Standort gefunden sein. Meyerfeldt ist also auf der Suche, und das dringend. "Bis spätestens Spätsommer 2023 brauchen wir einen neuen Standort, sonst wird das Containerdepot seinen Betrieb 2024 einstellen müssen", sagt er.

Das Containerdepot ist seit seiner Gründung 1978 in Unterföhring ansässig. Auf mehr als 35 600 Quadratmetern kommen dort riesige Container aus Übersee an, um von Güterzügen auf Lkw verladen zu werden oder umgekehrt. Sie werden hier gereinigt, wenn nötig repariert und eingelagert, bis sie wieder gebraucht werden. Meterhoch stapeln sich die Container auf dem Gelände. Pro Jahr werden etwa 32 000 Container hier angeliefert und verlassen das Gelände wieder. Ein eigener Gleisanschluss sowie die Nähe zum Umschlagbahnhof in Riem waren jahrzehntelang die Pluspunkte des Standorts im Süden von Unterföhring. Doch die Gemeinde hat andere Pläne für die Zukunft: Sie will das Gelände, an das von Süden her bereits Wohnbebauung angrenzt, als ein neues Quartier entwickeln.

Container-Depot in Unterföhring: Der Standort grenzt bereits an die Wohnbebauung an und soll weiteren Wohnhäusern Platz machen.

Der Standort grenzt bereits an die Wohnbebauung an und soll weiteren Wohnhäusern Platz machen.

(Foto: Catherina Hess)

Von 2024 an sollen auf dem "Neuen Mitterfeld" zwischen Mitterfeldallee und Neubruchstraße Wohnungen für bis zu 2000 Menschen sowie Raum für Geschäfte, eine Kita und möglicherweise Arztpraxen entstehen. Die Familie von Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft), in deren Besitz sich das gesamte, in Summe etwa 100 000 Quadratmeter große ehemalige Kiesa-Areal über Jahrzehnte befand, hat das Gebiet zu diesem Zweck 2022 veräußert. Ein Zusammenschluss aus Projektentwicklern und Investoren plant nun unter dem Namen HVI Unterföhring die Neubebauung.

Das laute Gewerbe soll dafür weichen. Für das Container-Depot einen Alternativstandort innerhalb Unterföhrings zu finden, sei nie Thema gewesen, heißt es dazu aus dem Unterföhringer Rathaus. Als die Geschäftsführung des Container-Depots vor einigen Jahren auf die Gemeinde zugekommen sei, habe diese den Ratschlag erteilt, mit den übrigen Kommunen der Nordallianz in Kontakt zu treten, um auszuloten, ob dort geeignete Flächen zur Verfügung stünden. "Diese scheint es aber nach unserer Kenntnis dann nicht gegeben zu haben", so die Aussage aus dem Rathaus.

Container-Depot in Unterföhring: "Die Politik schert sich in ihrer Raumentwicklung nicht um das Logistik-Gewerbe", klagt Thorsten Meyerfeldt.

"Die Politik schert sich in ihrer Raumentwicklung nicht um das Logistik-Gewerbe", klagt Thorsten Meyerfeldt.

(Foto: Catherina Hess)

Das bestätigt Meyerfeldt. Sein Vorgänger habe schon seit Jahren bei den Nachbarkommunen um Flächen angesucht, doch bis heute ohne Erfolg. Meyerfeldt versucht daher nun, alles in Bewegung zu setzen, um doch noch einen möglichen Standort mit einer Fläche von 40 000 Quadratmetern, möglichst nahe am Umschlagbahnhof Riem aufzutun. Er hat die umliegenden Kommunen kontaktiert, das bayerische Verkehrsministerium, die Industrie- und Handelskammer, verschiedene Abgeordnete aus der Region, doch bis auf verständnisvolle Worten kam bislang wenig Konkretes zurück. "Die Politik schert sich in ihrer Raumentwicklung nicht um das Logistik-Gewerbe, obwohl das doch volkswirtschaftlich wichtig ist", kritisiert Meyerfeldt.

Freilich, ein Container-Depot ist kein Hochglanzgewerbe, mit dem eine Kommune viel Gewerbesteuer einnehmen kann und das ansonsten still glänzt, das weiß auch Meyerfeldt. "Wir bringen 150 bis 200 Lastwagen-Bewegungen am Tag mit", sagt er. Doch er verweist auf die Bedeutung des Depots für die Unternehmen in der Region, etwa die Autoindustrie, die viele Teile aus Fernost erhält und ihre fertigen Autos wiederum verschifft.

Das Unternehmen deckt die Hälfte der Container-Kapazitäten in der Region ab

Während die Container nicht gebraucht werden, lagern sie leer in Unterföhring und können bei Bedarf auf kurzem Weg wieder bestellt werden. "Wir decken etwa 50 Prozent des Containerkapazitäten im Raum München ab", sagt Meyerfeldt. "Wenn die wegfallen, müssten die Firmen die Container von weiter her bestellen und hätten erhebliche Mehrkosten." Im Raum München gibt es neben dem CDM noch zwei weitere Depotanbieter, einer davon ist sehr klein. Die nächsten Container-Depots befinden sich in Augsburg, Regensburg, Ulm und Nürnberg.

Neben den Kosten betont Meyerfeldt auch den Umweltaspekt: "Wir reden immer über CO₂-Reduktion - das hier ist ein lebendes Beispiel. Inlanddepots sind wichtig, um unnötige Wege auf der Straße oder der Schiene zu vermeiden." Der Speditionskaufmann hofft, dass sich noch jemand des Themas annimmt und neue Flächen für das Container-Depot gefunden werden. "Noch mangelt es am politischen Willen. Alle ducken sich weg, und nachher sagt jeder: Wie konnte das passieren?"

In einer früheren Version war vom ehemaligen Kiesa-Areal fälschlicherweise als "Kies-Areal" die Rede. Das Gelände am Wilhelm-Kemmelmeyer-Bogen in Unterföhring gehörte der Kiesa Quetschwerk GmbH und Co. Betriebs KG.

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