Lokalsterben:Kulturtempel ohne Gyros

Manolis Kugiumutzis

Der zweimalige Lockdown war mindestens einer zuviel: Manolis Kugiumutzis wird keine Fischgerichte mehr in Unterföhring servieren.

(Foto: oh)

Manolis Kugiumutzis, Wirt des "Politia" im Bürgerhaus Unterföhring, sperrt aus finanziellen Gründen zum Jahresende zu

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Am 31. Dezember ist Schluss: Dann wird Manolis Kugiumutzis die Tür des Restaurants Politia im Unterföhringer Bürgerhaus von außen zusperren. Ohne Party, ohne Verabschiedung in größerer Runde - aber dafür mit Wehmut und vielen Erinnerungen. Mehr als zehn Jahre lang war Kugiumutzis Pächter der Bürgerhausgaststätte, und zwar "wirklich sehr, sehr gerne", wie er sagt. Doch nun geht es nicht mehr. Salopp gesagt hat dem gebürtigen Kreter Corona das Genick gebrochen.

Schon der erste Lockdown im Frühjahr sei nur außerordentlich schwer abzufedern gewesen, schildert Kugiumutzis seine wirtschaftliche Lage. Dass die Gastronomie Anfang November wegen der Corona-Pandemie wieder auf Mitnahme- und Lieferservice umstellen musste, niemand mehr an Ort und Stelle im Lokal Bauernsalat, Gyros oder kretische Fischgerichte verspeisen durfte, ist für den Wirt finanziell nicht mehr zu verkraften. "Ich habe seit März 40 000 Euro Verlust eingefahren", sagt Kugiumutzis.

Das Geschäft über den Sommer habe den Ausfall nicht ausgleichen können - und aktuell gehe überhaupt nichts mehr. Nach seinen Worten macht das Politia durch Abhol- und Lieferservie "nur 80 bis 100 Euro Umsatz am Tag", bei laufenden Pacht- und Energiekosten sowie der Bezahlung von vier Mitarbeitern ein Umstand, der das finanzielle Loch immer weiter vergrößert.

Und noch etwas kommt erschwerend hinzu: Wegen der Pandemie sind alle Veranstaltungen der Gemeinde im Unterföhringer Bürgerhaus weggefallen. Der Wirtschaftsempfang etwa, bei dem Kugiumutzis und sein Team in den vergangenen Jahren für das Catering zuständig waren; der Ehrenamtsabend, an dem sich die Kommune bei Vertretern von örtlichen Vereinen und Organisationen mit einem opulentem Essen bedankte, das der Wirt und seine Mitarbeiter zubereiteten; der für dieses Jahr geplante Silvesterball. Weil auch kulturelle Veranstaltungen sowie öffentliche Treffen und private Feierlichkeiten abgesagt werden mussten, haben sich Kugiumutzis' Einnahmen in den vergangenen Wochen gegen null entwickelt.

Da habe auch die Stundung der Pachtzahlungen durch die Gemeinde Unterföhring nichts mehr geholfen. "Ich habe um Auflösung meines Vertrages gebeten", sagt Kugiumutzis und bedankt sich schon einmal bei der Kommune, die Eigentümerin der Gaststätte im Bürgerhaus ist, für ihr Entgegenkommen während des Corona-Jahres.

Ein kompletter Erlass der Pachtzahlungen, die laut Kugiumutzis 5000 Euro im Monat betragen, ist allerdings keine Option gewesen. Wie Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer (Parteifreie Wählerschaft, PWU) berichtet, darf Unterföhring auf die Miete für ein gemeindliches Objekt wie das Politia kommunalrechtlich nicht verzichten. "Da geht es um Steuergeld", versichert der Rathauschef. Der Gemeinde seien die Hände gebunden. Kemmelmeyer bedauert nach eigenen Worten die Aufgabe von Kugiumutzis: "Mir tut es sehr leid." Unterföhring sei mit dem Pächter immer äußerst zufrieden gewesen, so der Bürgermeister, der selbst oft auch privat im Politia zu Gast gewesen ist. Obwohl der Vertrag mit Kugiumutzis eigentlich noch bis Mitte des nächsten Jahres laufen würde, sei der Gemeinderat in nicht öffentlicher Sitzung dem Gastwirt angesichts der massiven Ausfälle entgegengekommen. Schlüsselübergabe und Abnahme der Gasträume sowie Küche und Kegelbahn erfolgen laut Kemmelmeyer Mitte Januar. Danach steht eine Neuausschreibung des Lokals im Bürgerhaus an.

In Zukunft wird sich Manolis Kugiumutzis auf sein Restaurant Minoa in Neubiberg konzentrieren. An Unterföhring werde er immer gerne zurückdenken, sagt er. "Ich war dort mehr als zehn Jahre lang sehr glücklich", berichtet er und hofft, dass sich die Zeiten für Gastronomen wie ihn irgendwann wieder ändern - zum Positiven hin und mit der Aussicht, dass die Pandemie endlich vorbei ist.

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