Süddeutsche Zeitung

Unsere Hauszeit:Partner unter Stress

Birgitt Hölzel und Stefan Ruzas aus Unterföhring bieten in der Corona-Krise als Paartherapeuten und Ehepaar Online-Hilfe an

Von Selina Trummer, Unterföhring

Nachhilfestunde bei der eigenen Tochter haben Birgitt Hölzel und Stefan Ruzas vor Kurzem genommen. Denn seit die beiden miteinander verheirateten Paartherapeuten aus Unterföhring aufgrund der Ausgangsbeschränkungen zuhause bleiben müssen, haben sie sich dazu entschlossen, auf Social Media aktiv zu werden. Im Normalfall beraten die 53-Jährige und der 51-Jährige Paare in ihrer Praxis "Liebling und Schatz" in München. Nun haben sie eine Seite auf Facebook und Instagram (@lieblingundschatz) erstellt, um Paaren in dieser Zeit online weiterzuhelfen.

Hölzel und Ruzas sind schon seit 25 Jahren verheiratet und haben zwei Töchter. Die jüngere warnte die Eltern vor peinlichen Hashtags und veralteten Formulierungen auf Instagram. Im September sei eigentlich eine Feier zur silbernen Hochzeit in Italien geplant, berichten die beiden. Ob sie stattfinden wird, hänge von der Entwicklung des Coronavirus ab. Bis dahin versuche man, anderen beim Umgang mit dieser Ausnahmesituation zu helfen. "Wir sind in einer identischen Situation wie andere. Wir sind auch ein Paar", sagt Ruzas.

Beide Partner müssen bereit sein, zu kooperieren und sich abzusprechen. Das Gefühl von Autonomie sei jetzt besonders wichtig, sagt Ruzas. "Man muss nicht immer alles zu zweit machen", erzählt Hölzel. Genauso wichtig sei es, Dinge für sich selbst zu tun. Stress könne zum Beispiel durch Bewegung abgebaut werden. Ob nun jeden Tag Fitness gemacht werde oder jemand mal wie verrückt staubsaugen wolle, sei dabei egal. Einer der wichtigsten Tipps für den Umgang mit dem Partner sei es, einander Raum und Zeit zu geben.

Die dauerhafte Enge sei eine Zerreißprobe und werde vielen zeigen, wie groß das Fundament der Beziehung ist, erklärt Hölzel. Ständiges Aufeinanderhängen sei ein Fehler, den einige Paare machen. Dadurch könne das Gefühl von Nähe verloren gehen. Für junge Paare werde die erzwungene Enge als Beschleuniger wirken und zeigen, ob die Beziehung tragfähig sei, ergänzt Ruzas. Bei jeglicher Form von Gewalt müssen sich Betroffene nach außen wenden, egal wie hoch der Stressfaktor sei, betont Hölzl. Auch als Außenstehender solle man eingreifen, wenn häusliche Gewalt beobachtet wird. "Stress ist keine Entschuldigung, in irgendeiner Form gewalttätig zu werden", sagt Hölzel.

An dieser Stelle berichten wir in nächster Zeit von Menschen und ihrem Leben während der Corona-Pandemie. Wenn auch Sie etwas zu erzählen haben, was anderen vielleicht sogar Mut macht oder zum Nachmachen dient, schicken Sie uns eine E-Mail (gerne auch mit Foto) an: lkr-muenchen@sueddeutsche.de.

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Quelle:
SZ vom 07.04.2020
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