Vorbild Grünwald:Erdwärme für Ulan-Bator

Eine Delegation aus der Mongolei informiert sich in Bayern über umweltfreundliche Energieerzeugung. In Grünwald steht ein Besuch der Geothermieanlage auf dem Programm.

Von Claudia Wessel

Vorbild Grünwald: Besuch aus der Mongolei: Oochma Göbel (Zweite von links) nahm an der Führung in Laufzorn teil.

Besuch aus der Mongolei: Oochma Göbel (Zweite von links) nahm an der Führung in Laufzorn teil.

(Foto: Claus Schunk)

Grünwald - Wenn Shainbat Oyundari zurück nach Ulan-Bator kommt, wird sie "im Büro reden". Oyundari ist Architektin und hat von ihrem Vater ein namhaftes Architekturbüro in der Hauptstadt der Mongolei übernommen. Ihr aktuelles Projekt ist die Planung eines neuen Wohnviertels, durch das ein Teil des Jurtenviertels der Stadt ersetzt werden soll.

Vorbild Grünwald: Die Architektin Shajinbat Oyundari will ihre Erkenntnisse für die Planung eines neuen Stadtviertels nutzen.

Die Architektin Shajinbat Oyundari will ihre Erkenntnisse für die Planung eines neuen Stadtviertels nutzen.

(Foto: Claus Schunk)

"60 Prozent der Menschen leben noch in Jurten oder einfachen Holzhäusern", erzählt die Architektin mit Hilfe des Übersetzers Amar Erdenebat. "Sie heizen mit Kohle und anderen schädlichen Stoffen, manchmal verbrennen sie sogar Reifen." Verständlich, denn im Winter gibt es Temperaturen von bis zu 30 Grad minus. Doch entsteht dadurch schlimmer Smog in der Stadt.

Das soll geändert werden, indem nach und nach feste Häuser errichtet werden. Derzeit ist noch geplant, diese ans Kohlekraftwerk anzuschließen. Doch wären erneuerbare Energien natürlich eine noch bessere Lösung. Um sich deutsches Know-how anzueignen, ist die Architektin zu einer einwöchigen Reise nach Deutschland gekommen, die von den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft organisiert wurde. Auf der Reise erfahren die 15 Teilnehmer aus der Mongolei viel über erneuerbare Energien. Ihre letzte Station ist die Erdwärme Grünwald, wo sich regelmäßig Delegationen aus vielen Ländern über die umweltfreundliche Technologie informieren. Allein in diesem Jahr waren vor den Mongolen bereits zwölf Gruppen da, unter anderem aus Finnland und Japan, Hongkong und Kufstein, aber auch von der Bundeswehruni Neubiberg oder Erzieherinnen aus Grünwald. Zu allen ist der Ruf der Erdwärme als vorbildlicher Einrichtung gedrungen.

Bohren im Erdbebengebiet

Vorbild Grünwald: Enebish Namjil will die Eindrücke aus Deutschland an seine Studenten weitergeben.

Enebish Namjil will die Eindrücke aus Deutschland an seine Studenten weitergeben.

(Foto: Claus Schunk)

Auch Arunjarga Baatarchuluum wird nach ihrer Rückkehr in die Mongolei gleich etwas Neues anpacken. Die Heizungsbauingenieurin, die gemeinsam mit ihrem Mann eine Firma betreibt, möchte ihr Privathaus auf Solarenergie umstellen. "Ich habe auf dieser Reise sehr viele Möglichkeiten gesehen", sagt sie. Zwar habe sie schon vorher von der Möglichkeit gewusst, die 300 Sonnentage in ihrer Heimat zu nutzen, doch sie musste es mit eigenen Augen sehen. Etwa auf der Messe Intersolar oder beim Besuch im "Sonnenhaus" in Zwiesel im Bayerischen Wald. Auch die Geothermie findet sie sehr interessant und wird ihrem Mann davon berichten.

Sein Wissen in der Mongolei weitergeben wird auch Professor Enebish Namjil, der an der National University of Mongolia lehrt. "Meine Studenten haben nicht die Möglichkeit, hierher zu reisen, es ist für sie zu teuer", sagt er. Doch er wird in seiner Vorlesung beispielsweise die Geothermie vorstellen.

Solarenergie ist ideal für die Mongolei, sagt Namsrai Dorj, der Präsident der Mongolian Association of Construction Designers, dem Ingenieurverband, in dem alle Teilnehmer dieser Reise Mitglied sind. Mit der Geothermie, die ihnen an diesem Nachmittag vom Geschäftsführer der Erdwärme Grünwald, Andreas Lederle, Grünwalds Bürgermeister Jan Neusiedl und dem ehemaligen Unterhachinger Bürgermeister und heutigen Präsidenten des Bundesverbandes Geothermie, Erwin Knapek, schmackhaft gemacht wird, ist es so eine Sache.

"Die Seismik-Fachleute jagen uns Angst ein", berichtet Dorj von den ersten Versuchen in Ulan-Bator, sich über die Möglichkeiten für diese umweltfreundliche Heizmethode zu informieren. Der Grund: Die Gegend ist erdbebengefährdet, es gibt Verschiebungen der Erdplatten. Und man weiß nicht, ob eine Bohrung in 3800 Meter Tiefe wie in Laufzorn, am Standort der Erdwärme Grünwald, ein kleines Erdbeben überstehen würde. Dorj aber ärgert sich ein wenig über die Angstmache, das merkt man ihm an. "Ich habe gefragt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für ein Erdbeben ist. Sie haben gesagt, alle 500 Jahre eins." Er möchte es auf jeden Fall angehen, sagt er. Aber da gibt es eben noch viel zu tun. Am liebsten mit Hilfe von Experten aus Deutschland. Mit solchen hat er auch bereits gesprochen, erzählt er, und die hätten alle gesagt: "Das funktioniert."

Interessante Gespräche entstehen jedenfalls nach dem Rundgang, und für ein besonderes Heimatgefühl sorgt die Anwesenheit von Oochma Göbel, der Frau von Landrat Christoph Göbel, die aus der Mongolei stammt und etwa Professor Namjil auch schon dort getroffen hat. Zum Schluss gibt es noch mongolische Geschenke für die Grünwalder. Bürgermeister Neusiedl etwa geht mit einem Wodka nach Hause. Die mongolischen Ingenieure mit neuen Inspirationen für ihre Arbeitsfelder.

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