Süddeutsche Zeitung

Umweltschutz:Der Dreck der anderen

Schuhe, Fahrräder, Flaschen, jede Menge Kippen: Bei der Ramadama-Aktion der Grünen kommt einiges zusammen

Von Nico Kellner, Planegg/Obermenzing

Ruhig liegt die Blutenburg am frühen Vormittag da, als die Pasinger und Aubinger Grünen sich dort zum Müllsammeln entlang der Würm treffen. Noch sind erst zwei der Veranstalter vor Ort. Gisela Kainz trägt ein grünes T-Shirt mit der Aufschrift "Kommt, wir bauen das neue Europa". Sie geht immer wieder die Teilnehmerliste und die Wegroute durch - nur nichts vergessen. Als 15 Minuten vor Ramadama-Start noch immer erst zwei Helfer erschienen sind, fängt Kainz an, das Umfeld der Bank, an der sie wartet, zu reinigen: Sie packt die Zigarettenkippen und Papierschnipsel mit einer Zange in den Müllbeutel. "Das ist noch eine der schöneren Bänke", sagt sie. Die Sitzplätze rund um die Blutenburg seien alle ziemlich verdreckt. Um diesen Schmutz zu beseitigen, soll auch der Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek dazukommen. Aber er wird sich um eine Viertelstunde verspäten - also noch warten. Doch langsam füllt sich der Sammelplatz. Ein Teilnehmer entschuldigt sich, er habe nicht gleich einen Parkplatz gefunden. "Ich habe mich auf dem Hinweg gewundert, wie aufgeräumt es hier ist", sagt eine Frau, die zu Fuß gekommen ist. Die Müllsammler scheinen sich gut zu kennen, viele von ihnen sind Parteimitglieder.

Während die letzten Details geklärt werden, erscheint nun auch der Bundestagskandidat. Unter seiner gelben Regenjacke trägt Janecek ein grünes T-Shirt. Er freue sich, dass die Grünen "traditionell wieder etwas tun". Er stellt sich kurz vor, seit 2013 sei er schon im Bundestag, sein Kernthema - natürlich - der Klimaschutz. Auf diesem Themengebiet müsse man "jetzt ins Handeln kommen", denn sonst drohe eine Situation, in der "wir kein schönes Leben mehr miteinander haben". Der Wahlkämpfer sucht das Gespräch - und Müll. "Bei welchem Team bin ich denn dabei?"

Die Gruppe an der Blutenburg ist nur eine von vielen Ortsverbänden der Partei, die an diesem Tag an der Würm aufräumen. Überall entlang des Flusses sind sie unterwegs - beginnend an der südlichsten Stelle in Starnberg und auch im Würmtal im Landkreis München. Nur im letzten Abschnitt, auf Dachauer Gebiet, hat man das Ramadama abgesagt. Der Grund: zu wenig Müll. Die Gruppe aus Pasing setzt sich nun allmählich in Bewegung und beginnt, liegen gebliebenen Unrat einzusammeln. "Das hat ja etwas Meditatives", sagt jemand nach kurzer Zeit. Lucas Brunkhorst, der für die Grünen im Bezirksausschuss 21 sitzt, ist schon fündig geworden: Glasflaschen und jede Menge Zigarettenstummel. "Innerhalb von drei Stunden kann man halt auch nicht die ganze Würm absuchen", meint er. Ähnliche Aufräumaktionen gebe es von den Grünen häufiger, auch an der Würm - das sei aber "schon länger her". Da unterbricht er sich: "Du, Dieter, da ist ein Fahrrad im See." Kurzentschlossen zieht Janecek Socken und Schuhe aus und steigt in den Weiher der Blutenburg. Noch einen Moment hält er im Wasser inne - es ist Wahlkampf, ein Foto muss schon sein.

Er habe das Gefühl, der Müll sei ein bisschen weniger als sonst, sagt Lucas Brunkhorst. "Eigentlich sollte es ja mehr sein wegen Corona" - immerhin seien Jugendliche ja häufiger zum Feiern draußen. Dies merke man auch, findet eine Teilnehmerin: "Das meiste hier sind echt Kronkorken". Ein anderer Müllsammler zieht einen Bier-Karton aus dem Gebüsch.

Nach einigen Stunden wird in den sozialen Medien Bilanz gezogen: Etwa 25 Säcke innerhalb des Münchner Stadtgebiets, vermelden die Grünen. Ein skurriler Fund sei eine Tüte mit "diversen Sportschuhen" gewesen. Was mit dem Fahrrad aus dem Blutenburger See passiert ist? Vielleicht lehnt es immer noch am Baum.

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Quelle:
SZ vom 23.08.2021
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