Umstrittene Asyl-Unterkunft:Ministerin lässt Ekel-Container schließen

Die Bewohner klagten über Ratten und Schimmel - und doch wurden wieder Flüchtlinge in den Containern in der Lerchenau untergebracht. Doch damit ist jetzt Schluss.

Bernd Kastner

Die Wiedereröffnung einer maroden Container-Unterkunft für Flüchtlinge in München hat zu einem Eklat innerhalb der Staatsregierung geführt. Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) kritisierte die für die Unterbringung zuständige Regierung von Oberbayern heftig: "Dies ist nicht tragbar." Sie ordnete die "unverzügliche" Schließung der Containeranlage an.

Umstrittene Asyl-Unterkunft: Erst wiedereröffnet, nun schon wieder geschlossen: Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer hat die Wohncontainer für Flüchtlinge in der Waldmeisterstraße schließen lassen.

Erst wiedereröffnet, nun schon wieder geschlossen: Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer hat die Wohncontainer für Flüchtlinge in der Waldmeisterstraße schließen lassen.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Indirekt schloss sie sich der Kritik von Flüchtlingsorganisationen an, die die Container schon lange als "menschenunwürdig" bezeichnen. Wohin die derzeit an der Waldmeisterstraße in der Lerchenau lebenden rund 170 Flüchtlinge sollen, ist aber noch völlig unklar. Man suche nach Pensionen, auch im Landkreis, hieß es.

Die Regierung von Oberbayern hatte bereits am vorletzten Wochenende die etwa 20 Jahre alten Container in einer "Notsituation" reaktiviert. Die Erstaufnahmeeinrichtung in der Baierbrunner Straße sei überfüllt, so die Begründung. Damit setzte man sich über einen einstimmig gefassten Beschluss des Landtags aus dem Dezember 2008 hinweg, der die Staatsregierung zur Schließung eben dieser Anlage zwang, weil sie in einem desolaten Zustand war.

Haderthauer nannte die Situation damals "inakzeptabel". Bewohner hatten über eine Rattenplage und Schimmel geklagt. Haderthauer sagte am Freitag auf einer Pressekonferenz, es sei nicht relevant, in welchem Zustand die Container jetzt seien, entscheidend sei der Parlamentsbeschluss und dass die Asylsuchenden "menschenwürdig" untergebracht würden.

Viele neue Flüchtlinge

Von der Reaktivierung der Waldmeisterstraße sei sie erst im Nachhinein informiert worden, erklärte die Ministerin. Ihre Anweisung zur unverzüglichen Schließung erging am Donnerstag. Dass die im Januar 2009 geschlossenen Container noch nicht abgerissen sind, liege laut Regierung daran, dass man "noch nicht dazugekommen" sei. Zudem habe man sie seither für Sammelanhörungen genutzt. Laut Regierung seien in den vergangenen Tagen so viele Flüchtlinge neu nach München gekommen, dass man sich nicht anders zu helfen gewusst habe, als die Container aufzusperren.

Haderthauer telefonierte nach eigenen Angaben am Freitag mit ihrem Minister- und Parteikollegen im Innenressort, Joachim Herrmann. Es sei dessen Aufgabe, die Flüchtlingsströme "in den Griff zu kriegen". Derzeit kommen laut Regierung vor allem Asylsuchende aus Somalia, Irak, Afghanistan und Mazedonien nach Bayern. Allein in der Nacht zum Freitag seien 45 weitere eingetroffen. Die bundesweite Zuständigkeit für einzelne Ethnien ändere sich ständig. Die in München vorhandenen rund 500 Plätze für die Erstaufnahme, die meisten davon an der Baierbrunner Straße, seien nicht ausreichend. Die ebenfalls bereits vorbereitete Reaktivierung der Container im Dreilingsweg, die erst vor kurzem geschlossen worden waren, stoppte die Regierung nach dem Machtwort Haderthauers.

Mit ihrer Aktion hat die dem Innenministerium angegliederte Behörde auch Landtagsabgeordnete gegen sich aufgebracht. Der Münchner CSU-Sozialexperte Joachim Unterländer kritisiert das Vorgehen als "Missachtung" einer Vorgabe Haderthauers. Die Grünen forderten einen Bericht der Sozialministerin im Landtag. Man frage sich, so die Abgeordnete Renate Ackermann, "was das Sozialministerin vom Treiben seiner untergeordneten Behörde weiß", und warum Haderthauer erst durchgegriffen habe, als der "Skandal" publik geworden sei. Die Staatsregierung steht seit Jahren heftig unter Beschuss wegen ihrer Flüchtlingsunterbringung. 2007 hatte auch der Menschenrechtskommissar des Europarats eine der Münchner Containersiedlungen angeprangert.

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