Krieg in der Ukraine:Ein Brief an den Papst

Krieg in der Ukraine: In einigen Gemeinden gibt es jetzt Friedensgebete, wie kürzlich auf dem Unterhachinger Rathausplatz.

In einigen Gemeinden gibt es jetzt Friedensgebete, wie kürzlich auf dem Unterhachinger Rathausplatz.

(Foto: Claus Schunk)

Sie schreiben Briefe an den Franziskus, beten, beladen Lkw und holen Flüchtlinge in den Landkreis München. Die Hilfsbereitschaft ist groß.

Von Angela Boschert, Irmengard Gnau und Iris Hilberth, Landkreis München

Die schrecklichen Bilder und entsetzlichen Nachrichten aus der Ukraine lösen inzwischen bei vielen Menschen im Landkreis das Bedürfnis aus, selbst anzupacken, zu helfen, Geflüchtete unterzubringen, zu spenden. In den Gemeinden laufen Hilfsaktionen an, Menschen stellen ihre Gästezimmer zur Verfügung oder fahren selbst mit dem Lastwagen los, um Hilfsgüter an die ukrainischen Grenzen zu bringen. Manche kommen auch auf ganz ungewöhnliche Ideen, in der Hoffnung, so dem Frieden näher zu kommen. Wie wäre es zum Beispiel, wenn man einfach mal an den Papst schreibt?

Hella Langer, Katholikin aus Gräfelfing, findet, es sei doch einen Versuch wert, als katholische Kirche "an das christliche Gewissen des Patriarchen Kyrill I. zu appellieren und mit ihm gemeinsam auf Präsident Putin einzuwirken und das auch überall höchst öffentlichkeitswirksam". Das schreibt sie an Kardinal Reinhard Marx, mit der Bitte, all seinen Einfluss auf Papst Franziskus geltend zu machen, damit dieser sich mit einem starken Zeichen für den sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine einsetze. "Eine Twitter-Botschaft ist aus meiner Sicht hier für den höchsten Vertreter der katholischen Kirche nicht ausreichend, ja viel zu schwach", findet sie. Hella Langer weist darauf hin, dass es sich schließlich um einen Krieg zwischen zwei über die Jahrhunderte verbundene christliche Ländern handele. "Ein sich selbst als Christ bezeichnender Präsident eines Landes befiehlt einen Angriffskrieg auf sein christliches Nachbarland und verursacht unendliche Zerstörung und Leid für alle Beteiligten. Wenn da das Oberhaupt der katholischen Kirche nicht gefragt ist, alles zu tun, auch unter persönlichem Einsatz, wann dann?", begründet sie ihr Schreiben.

FDP-Gemeinderat kritisiert "Dschingderassabum" in Unterföhring

Ebenfalls einen Brief geschrieben hat der Unterföhringer FDP-Gemeinderat Veit Wiswesser, und zwar an Bürgermeister Andreas Kemmelmeyer wegen der geplanten Eröffnung des Feststadels an diesem Sonntag. Aufgrund des Kriegs in der Ukraine habe er "weder das Bedürfnis noch die Nerven, bierselig und mit Dschingderassabum bei egal welcher Festivität mitzumachen", schreibt Wiswesser. Vielmehr schlägt er vor, den Feststadl als Notunterkunft für die Kriegsflüchtlinge herzurichten. In Unterföhring haben sich inzwischen verschiedenen Vereine zu einem "Aktionsbündnis Ukraine" zusammengeschlossen, um Hilfen und Spendenaktionen zu bündeln und zu koordinieren. Die Gemeinde unterstützt das Bündnis unter anderem bei der Informationsarbeit. Der Gemeinderat spendete spontan 10 000 Euro an die deutsche Sektion des Vereins "Ärzte ohne Grenzen".

Sachspenden gesammelt haben die Unterschleißheimer bei einer großen Aktion auf dem Lohhofer Volksfestplatz. Schlafsäcke, Isomatten, Bettwäsche, Decken, Verbandskästen, medizinische Handschuhe, Kinderwindeln und Thermounterwäsche kamen zusammen, die Dritte Bürgermeisterin Annegret Harms (SPD) freute sich über mehrere vollgepackte Lastwagen, die die Sachen zur ukrainischen griechisch-katholischen Pfarrei in München brachten. Das Familienzentrum der Unterschleißheimer Nachbarschaftshilfe bietet jetzt immer mittwochs von 17.30 Uhr bis 20 Uhr einen offenen Treff für die Geflüchteten und Kinder aus der Ukraine an. Er soll zum Austauschen, Kennenlernen und Spielen einladen. Willkommen sind auch Unterschleißheimer, bei denen die Geflüchteten untergebracht sind.

In Brunnthal treffen zwölf Flüchtlinge ein

In Straßlach-Dingharting haben die Mitarbeiter der Gemeinde einen Spendenaufruf gestartet. Das erste Paket wurde von allen Mitarbeitern der Gemeinde gespendet. Hygieneartikeln, Babynahrung, Windeln, Medikamente und Verbandszeug wurde verpackt. "Ich war überwältigt von der Hilfsbereitschaft meiner Mitarbeiter und mit welchem Eifer sie die wirklich wichtigen Hilfsgüter gesammelt und gespendet haben" sagte Bürgermeister Hans Sienerth. Zusammen mit der Seniorenbeauftragten Jessica Bauner hat die Gemeinde eine Annahmestelle am Seniorenstützpunkt in Straßlach eingerichtet. Der Zuspruch und die Unterstützung aus der Bevölkerung sei enorm gewesen, teilt die Gemeinde mit. Bereits am Donnerstag konnten die ersten Sachen bei einer Hilfsorganisation in München abgegeben werden.

Zwölf Ukraine-Flüchtlinge sind Freitagnacht in Brunnthal eingetroffen. Die Kinder mit ihren Müttern sind zunächst im Landgasthof Brunnthal untergebracht worden und sollen nach und nach in eine leerstehende gemeindeeigene Wohnung und in von Bürgern angebotene Zimmer umziehen. Sascha Peter Kraus, Reserve-Offizier der Deutschen Marine, und Gemeinderatsmitglied Andreas Langner (CSU) haben sie mit ihren Ehefrauen sowie einer Hofoldinger Bürgerin in zwei Sprinterbussen des Busunternehmens Geldhauser abgeholt, "in der Slowakai, etwa 200 Kilometer vor der ukrainischen Grenze an einem hoffnungslos überfüllten Bahnhof", wie der zweite Bürgermeister Thomas Mayer (CSU) sagt. Mayer leitet den neuen Koordinierungsstab, der sich um Unterbringung, Unterstützung und Hilfen für die Flüchtlinge kümmert. In einer emotionalen Diskussion hat der Gemeinderat am Mittwoch beschlossen, dass die Gemeinde als Soforthilfe Kosten vorstreckt und bis zu 14 Kriegsflüchtlinge aufnimmt.

In Haar ruft eine Privatinitiative unterstützt von der Gemeinde Haar erneut zur Lichterkette auf, als Zeichen der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine, gegen Krieg und für den Frieden. Treffpunkt ist am Sonntag, 13. März, um 19 Uhr auf dem Haarer Anger vor dem Poststadel. "Alle sind willkommen - als Menschen, als Europäer und Europäerinnen und als Bürgerinnen und Bürger dieses Zeichen zu setzen!", schreiben die Initiatoren. Bereits am Freitag hatten die Kirchen gemeinsam zum ökumenischen Friedensgebet auf dem Kirchhof der Jesuskirche aufgerufen.

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