Süddeutsche Zeitung

Überraschende Personalie:Unterhachings Pfarrer wechselt nach Haar

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Nach mehr als einjähriger Vakanz soll Kilian-Thomas Semel die Leitung des katholischen Pfarrverbands übernehmen. Dafür tut sich nun eine Lücke in den bisher von ihm betreuten Kirchengemeinden und im Dekanat Ottobrunn auf.

Von Michael Morosow, Unterhaching/Haar

Jubel in Haar, Entsetzen in Unterhaching, Betroffenheit im Dekanat Ottobrunn: Selten hat eine Personalie des Erzbischöflichen Ordinariats München-Freising im Landkreis München einen derartigen Nachklang erfahren wie der am Sonntag öffentlich bekannt gegebene Wechsel des Unterhachinger Geistlichen und Pfarrverbandsvorsitzenden Kilian-Thomas Semel nach Haar, wo der 50-Jährige am 1. August die Leitung des dortigen Pfarrverbandes übernehmen wird. Semel hatte das Amt im Oktober 2010 als Nachfolger des verstorbenen Pfarrers Willi Abt angetreten. Sein Wechsel, der seit 19. Dezember feststeht, wird auch Neuwahlen im Dekanat Ottobrunn notwendig machen, dem Semel seit Mai 2015 als Dekan vorsteht. Grund: Der Pfarrverband Haar zählt zum Dekanat München-Trudering.

Die Kirchgänger in Haar und Unterhaching haben von der Personalie beinahe gleichzeitig am Ende der jeweiligen Gottesdienste erfahren. Den Zeitpunkt der Bekanntgabe habe er in einem langen persönlichen Gespräch mit Kilian-Thomas Semel am 3. Januar vereinbart, sagte der Pfarradministrator und Leiter des Pfarrverbandes Haar, Albert Schamberger. Der 75-jährige Geistliche, der von 1975 bis 2006 auch Krankenhauspfarrer im Isar-Amper-Klinikum war, hatte auf Wunsch der Erzdiözese in Haar die Stellung gehalten, nachdem Pfarrer Markus Bittner im März 2016 überraschend sein seelsorgerisches Wirken in Haar beendet hatte.

Seitdem wird in den vier zum Haarer Pfarrverband gehörenden Kirchen ein Notprogramm gefahren und teilen sich Schamberger und der Pfarrvikar Stephan Ostrowitzki Termine und Gottesdienste, wobei der Vikar nur eine halbe Stelle ausfüllt. Zuerst sei er als Überbrückungspfarrer und kommissarischer Pfarrgemeindeleiter bis August 2016 vorgesehen gewesen, dann sei bis 31. Dezember verlängert worden, weil sich zunächst kein Pfarrer auf die Ausschreibung des Erzbischöflichen Ordinariats gemeldet habe. Nunmehr aber hätten sich gleich mehrereInteressenten gemeldet, "und natürlich sind wir jetzt erleichtert", sagte Schamberger.

Mit dieser Entscheidung hat niemand gerechnet

Nun also wird im Pfarrverband Haar eine alte Lücke geschlossen und sich in Unterhaching eine neue auftun, offenbar sehr zum Verdruss der Kirchgänger. Als Pfarrer Kilian-Thomas Semel nach dem Gottesdienst ein "persönliches Wort" an die Gläubigen richtete und seinen Weggang ankündigte, habe diese Nachricht wie ein Blitz eingeschlagen, berichtet Pfarrverbandsmitglied Richard Raiser, der dem Gottesdienst beigewohnt hatte. Mit dieser Entscheidung habe niemand gerechnet, sie habe große Betroffenheit, Verwunderung und bei vielen Bedauern ausgelöst. Im Pfarrverband gehe nun die Sorge um, wie es weitergehen werde, wenn sich Pfarrer Semel am 4. Juni verabschieden wird, um sich vor seinem Antritt in Haar eine zweimonatige Sabbatzeit zu gönnen.

Denn die Not ist jetzt schon groß. Erst am Samstag hatte sich Kurat und Seelsorger Moses Nnajiikar nach acht Jahren von der Gemeinde verabschiedet, der 70-Jährige kehrt in sein Heimatland Nigeria zurück. Wenn für Pfarrer Semel nicht bald ein Nachfolger gefunden wird, steht Pfarrvikar Stanislaw Grzesik allein auf weiter Flur - in einem Pfarrverband mit drei Kirchen und circa 10 000 Katholiken. Und Grzesik ist noch dazu gesundheitlich angeschlagen.

In seinem persönlichen Wort an die Kirchgänger hatte Kilian-Thomas Semel einen Zeitplan skizziert: "Von Seiten des Erzbischöflichen Ordinariats wurde mir versichert, dass die Leitungsstelle im Pfarrverband Unterhaching im Laufe des Frühjahrs zur Wiederbesetzung ausgeschrieben wird. Ende Januar/Anfang Februar soll es diesbezüglich erste Gespräche mit mir, den Gremienvertretern und dem Erzbischöflichen Ordinariat geben, um eine gute Lösung für die Zukunft des Pfarrverbandes zu finden." In sechs Wochen werde die Stelle neu ausgeschrieben, Anfang Mai werde eine Entscheidung getroffen, sagte Christoph Kappes, Sprecher der Erzdiözese. Die Ausschreibungspflicht bestehe seit 2015, erklärte Kappes.

Jetzt muss eine Dekanatskonferenz einberufen werden

"Die Leute standen nach dem Gottesdienst in kleinen und großen Gruppen zusammen und diskutierten aufgeregt und bestürzt", berichtete Pfarrgemeinderat Richard Raiser. Die Stelle werde zwar neu ausgeschrieben, "aber bei dem Priestermangel ist nicht absehbar, wer zu welchem Zeitpunkt nach Unterhaching kommt", sagte Raiser.

Für das Dekanat Ottobrunn mit 19 Seelsorgestellen in 13 Gemeinden beziehungsweise Ortsteilen bedeutet der Wechsel Semels nach Haar vorzeitige Neuwahlen. Semel hatte das Amt des Dekans, das auf fünf Jahre ausgelegt ist, erst vor gut eineinhalb Jahren übernommen. Jetzt muss eine Dekanatskonferenz einberufen werden, in der entweder der bisherige stellvertretende Vorsitzende Martin Kurlitsch oder ein anderer Bewerber zum Nachfolger bestimmt wird.

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SZ vom 10.01.2017
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