Aus dem Landkreis in die Welt:Bis Paderborn und nicht weiter

Aus dem Landkreis in die Welt: Peter Seeböck alias "Da Tracht'n Bäda" steht mit seiner Holzhütte regelmäßig auf der Auer Dult.

Peter Seeböck alias "Da Tracht'n Bäda" steht mit seiner Holzhütte regelmäßig auf der Auer Dult.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Ottobrunner Peter Seeböck tingelt mit seinem Trachtenstand über die Märkte. Gerade steht er auf der Auer Dult, Weihnachten geht es nach Köln. Nur ganz im Norden kommen Lederhosen und Dirndl nicht an.

Von Franziska Gerlach, Ottobrunn

Ein hellblaues Kinderdirndl lockt an diesem Morgen eine erste Kundin in die Alm von Peter Seeböck . Die ältere Dame hält den Bügel hoch, befühlt den Baumwollstoff. "Fürs Enkerl?", fragt der Ottobrunner. "Wenn ich nur eins hätt'", lamentiert die Frau. Das Kleid sei natürlich herzallerliebst. Aber kein Enkel, kein Dirndl. Und für Seeböck erst einmal kein Geschäft.

Dass die Frau schließlich ohne zu kaufen weiter zieht, zum nächsten Stand der Auer Dult am Mariahilfplatz in München, dürfte dem Inhaber von "Da Tracht'n Bäda" in Ottobrunn aber kaum schlaflose Nächte bereiten. Normalerweise sind die Leute nach der Wiesn ja ein wenig trachtenmüde. "Aber toi, toi, toi", sagt Seeböck, "bis jetzt geht es sehr gut." Der Laden - oder besser: die Hütte - läuft also in diesen Tagen. Vielleicht des goldenen Oktobers wegen, vermutet der 58-jährige Einzelhandelskaufmann. Außerdem hat Seeböck heuer zur Auer Dult eine ganz neue Holzhütte aufgestellt, zehn auf zehn Meter, ganz hinten rechts auf dem Gelände.

Die Kölner Kunden liegen dem Trachtenspezialisten

Seit mehr als zwanzig Jahren verkauft Seeböck auf der Auer Dult Trachtenmode, im Frühjahr, im Sommer und im Herbst - und das sind nur drei von rund 35 Märkten, die er mit seiner Ware ansteuert, deutschlandweit, wohl gemerkt. An der Ottostraße in Ottobrunn betreibt Seeböck seit 2008 ein Trachtengeschäft, das Unternehmen führt er gemeinsam mit seiner Frau, der Ottobrunner CSU-Gemeinderätin Andrea Steinböck. Rund 60 Mitarbeiter beschäftigen sie. Dazu muss man wissen, dass das Ottobrunner Ehepaar neben den Trachten auch Südtiroler Spezialitäten verkauft, Schlutzkrapfen, Gerstensuppe, Hirschgulasch.

Doch egal, ob Mode oder Gastronomie - die Seeböcks sind das ganze Jahr über auf Tour. Sie nehmen an Messen wie der "Grünen Woche" in Berlin und der "Jagd & Hund" in Dortmund teil, aber auch auf Märkten in Hessen und in Bayern sind die Ottobrunner vertreten. Peter Seeböcks liebster Termin ist der Kölner Weihnachtsmarkt, einer der umsatzstärksten Deutschlands. Nicht nur, weil er dort praktisch keine Mitbewerber hat. Sondern auch, weil ihm die Leute in der Domstadt am Rhein liegen. "Die Kölner sind offen, gut gelaunt, feiern gerne."

Auf der Auer Dult nehmen jetzt immer mehr Leute die Stufen zu Seeböcks Alm, durchkämmen die Stangen mit Trachtenjankern und die Stapel mit den Lederhosen. "Servus!", ruft Seeböck fröhlich, "kommt's nur rein!" Und diese Fröhlichkeit, die scheint ihn noch nicht einmal Kraft zu kosten. Man merkt: Der Mann kann nicht nur verkaufen. Der braucht den Trubel ganz offenbar sogar. Den ganzen Tag im Laden stehen? "Da würde ich eingehen wie eine Primel", sagt Seeböck, "ich mag immer wieder woanders sein, neue Menschen und auch viele Menschen um mich herum haben."

Am Anfang passte das ganze Sortiment in einen Kleinbus

Da sage noch einer, die Bayern seien nicht kommunikativ. Nur über Geld redet der Ottobrunner nicht so gern. Dann lieber noch ein wenig über Städte, und die Einkaufsvorlieben deren Bewohner. Die nördlichste, die der Ottobrunner mit seiner Ware ansteuert, ist Paderborn in Nordrhein-Westfalen. Früher, erzählt Seeböck, habe er seine Trachtenmode auch in Hamburg angeboten, doch Dirndl und Lederhosen kämen dort oben einfach nicht so gut an.

Überhaupt müsse man bei Trachten schon Kompromisse eingehen, klar. Denn einerseits habe der Hype der vergangenen Jahre dem Dirndl nicht nur gut getan. Mit billigem Glitzer und Glanz kann Seeböck wenig anfangen, und diese sexy-kurzen Polyester-Dirndl, die werde es bei ihm nie geben, ein Saumende bis kurz überm Knie ist bei Seeböck das höchste der Gefühle. Dass die Trachtenmode sich gerade wieder auf traditionelle Werte besinnt, gefällt ihm natürlich. Die Röcke werden wieder länger, die Farben gedeckter, und im Übrigen tragen die Damen bei den Blusen wieder hochgeschlossen. Weniger sei da eben oftmals mehr.

Zentrale Anlaufstelle ist das Geschäft in Ottobrunn

Sein Unternehmen aber ist in der Vergangenheit recht ordentlich gewachsen: Mehr Ware, mehr Umsatz, mehr Mitarbeiter, und freilich auch mehr Märkte. Als Seeböck vor etwa dreißig Jahren angefangen hat, kleine Tagesmärkte in Bayern und Baden-Württemberg abzuklappern, reichte ihm "ein Buslein" für den Transport der Ware. Von den Hemden hatte er immer nur eines in jeder Größe vorrätig, und wenn das vergriffen war, mei, dann war es halt so. Heute dauert allein der Aufbau seiner Holzhütte zehn Tage.

Und Hemden? Die gibt es stapelweise beim "Da Tracht'n Bäda" auf der Auer Dult, blau-weiß-kariert, rot-weiß-kariert oder grün-weiß-kariert. Nur eine weiße Bluse mit Streublümchen könnte ihm ausgehen. "Gibt's die auch größer?", fragt eine Dame. Hier nicht, sagt Seeböck. Aber dann solle sie halt mal in seinem Geschäft in Ottobrunn vorbeikommen. Ist doch ganz einfach.

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