Tierheim Unterschleißheim:Auf den Hund gekommen

Tierheim Unterschleißheim am 10.10.2018.

Nach Einschätzung der Tierschutzvereinsvorsitzenden Christine Förster muss das Tierheim durch einen Neubau ersetzt werden.

(Foto: Jan A. Staiger)

Das Unterschleißheimer Tierheim kämpft aufgrund chronischen Geldmangels seit Jahren mit den immer strengeren Hygienevorschriften. Unterstützung könnte es jetzt aus dem Bürgerhaushalt der Stadt geben.

Von Sophie Kobel, Unterschleißheim

24 Jahre lang gab es in Bayern keine staatliche Förderung für Tierheime. Das soll sich jetzt ändern. Zwei Million Euro erhalten die Einrichtungen in den kommenden zwei Jahren laut einem Beschluss des bayerischen Ministerrats vom September.

"Natürlich freuen wir uns sehr darüber. Aber ich befürchte, die paar tausend Euro sind für die meisten Heime ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt Christine Förster und meint auch das dringend modernisierungsbedürftige Tierheim in Unterschleißheim, das sie leitet. Ihre Hoffnungen ruhen nun auf dem Bürgerhaushalt der Stadt, über den an diesem Mittwoch im Stadtrat endgültig entschieden werden soll.

Die große, schlanke Frau mit den braunen Locken steht in der kleinen Küche des Tierheims und sortiert die vielen Schubladen. Jede einzelne davon ist sorgfältig beschriftet, die darin gestapelten silbernen Schüsseln glänzen. An den Wänden hängen detaillierte Anweisungen für alle Helfer, eine Packung Einweghandschuhe steht auf der Anrichte. Man merkt schnell: Die Mitarbeiter im Tierschutzverein Schleißheim arbeiten motiviert, strukturiert und hygienisch. Und doch müffelt es, sobald man die Tür des in den Fünfzigerjahren erbauten Hauses öffnet. 200 Mängel hat der Deutsche Tierschutzbund festgestellt, als er das Heim im Frühjahr 2017 besichtigt hat.

Tierheim Unterschleißheim am 10.10.2018.

Nach Einschätzung der Tierschutzvereinsvorsitzenden Christine Förster muss das Tierheim durch einen Neubau ersetzt werden.

(Foto: Jan A. Staiger)

Die Vereinsvorsitzende Förster kann das nachvollziehen: "Wir versuchen hier tagtäglich, waschbare Wohnlichkeit aufrechtzuerhalten. Aber was die Hygiene angeht, befinden wir uns trotzdem in einer Grauzone", sagt sie und schüttelt resigniert den Kopf. "Zehn weitere Winter können wir uns so nicht mehr durchwursteln", da ist sie sich sicher.

Alle Helfer arbeiten ehrenamtlich

Seit fünf Jahren ist die hauptberufliche Landschaftsarchitektin Vorsitzende des Schleißheimer Tierschutzvereins. Sechs Tage in der Woche kommt sie in das verwachsene Haus am Weiher und bespricht sich mit ihren Helfern. Es ist keine einfache Aufgabe. Ausnahmslos alle Mitarbeiter helfen auf ehrenamtlicher Basis im Tierheim mit. Zwar zahlt die Stadt Unterschleißheim seit der Anpachtung des Grundstücks vor zehn Jahren 3000 Euro jährlich und die Veterinärkosten für Fundtiere innerhalb der ersten 28 Tage. Herrenlose oder abgegebene Tiere zählen allerdings nicht dazu.

"Wir schaffen es gerade so, unsere laufenden Kosten durch eingenommene Spenden abzudecken. Aber ein neues Gelände geschweige denn den Neubau eines Gebäudes können wir niemals finanzieren", erzählt Förster und öffnet die Tür zu einem an die Küche angrenzenden Raum.

Hier wohnen vier Katzen auf 13 Quadratmetern. Ihr Bereich ist durch Drahtgitter und Holzstangen abgetrennt. Negro, Sanna und der rote Kater, für den Förster und ihre Helfer noch keinen Namen haben, weil er erst seit kurzem hier ist, sind Fundtiere. Sie alle waren schwer verletzt, als sie beim Tierschutzverein Schleißheim abgegeben wurden. Die vierte Katze, Jenny, hat ihren Stammplatz auf dem Fensterbrett. Sie lebt im Flur und der Küche, da sie sich nicht mit anderen Katzen verträgt. Ihre Besitzer haben sie aufgrund eines Schlaganfalls in das Tierheim gebracht. Da sie ein Abgabe- und kein Fundtier ist, zahlt die Stadt Schleißheim nicht für sie. Das Heim kommt alleine für alle Kosten auf und versucht, auch für alle abgegebene Katzen einen Platz in dem kleinen Haus zu finden.

Tierheim Unterschleißheim am 10.10.2018.

Das alte Tierheim in Unterschleißheim ist marode.

(Foto: Jan A. Staiger)

Wie groß ein Gelände sein müsste, damit es als zukünftiges Tierheim in Frage käme? Die Münchnerin antwortet bestimmt: "Mindestens 3500 Quadratmeter. Schließlich brauchen wir auch Außenbereiche für unsere unvermittelbaren Gnadentiere. Und extra Bereiche für Kleintiere und Vögel. Die übertragen nämlich sehr leicht Krankheiten."

Am wichtigsten sei dem Team aber, dass es in geraumer Zukunft eine eigene Krankenstation und eine eigene Quarantänestation gebe. "Das müssen voneinander getrennte Räumlichkeiten sein. Die Tiere können sich sonst viel zu leicht beieinander anstecken", sagt Förster und öffnet die Hintertür zum Garten. Dort hat sie gemeinsam mit ihren Helfern eine Hütte für verwilderte Katzen eingerichtet. Der Boden in dem kleinen Raum ist mit Stroh bedeckt, eine Wärmelampe hängt von der Decke und bestrahlt die mit Handtüchern ausgelegten Wäschekörbe. Förster zuckt hilflos mit den Schulter: "Wir geben uns wirklich viel Mühe, aber es könnte alles so viel besser sein", sagt sie.

Hoffnung für Katzen, Kaninchen, Vögel und Ratten

"Das Veterinäramt kennt uns und wir werden gerade so geduldet. Die Richtlinien werden immer strenger, das ist gut für die Tiere, aber uns kann jederzeit der Hahn zugedreht werden", erzählt Förster. Seit Jahren kämpft sie für mehr Unterstützung von Seiten der Kommune. Mit kleinem Erfolg: Seit einer Weile gibt es Hoffnung für ihr ehrenamtliches Team und die insgesamt 25 Katzen, Kaninchen, Vögel und Ratten. Von der Stadt Unterschleißheim könnte Hilfe kommen. Genauer gesagt von den Bürgern der Kommune. Denn die dürfen jedes Jahr darüber abstimmen, an welche Projekte das Geld aus dem Bürgerhaushalt gehen soll. 100 000 Euro stehen dafür zur Verfügung, sie werden auf die Projekte verteilt, die die meisten Stimmen bekommen haben. Förster und ihre Kollegen haben sich beworben, sie wünschen sich einen lang ersehnten Quarantäne-Container.

Und haben gute Chancen, da ist sich Steven Ahlrep von der Stadt Unterschleißheim sicher: "Der Tierschutzverband hat von den Unterschleißheimern höchste Unterstützung bekommen. Auf unserer Liste stehen sie derzeit auf Platz eins", sagt der Mitarbeiter der Pressestelle. Die endgültige Entscheidung, welche Projekte gefördert werden, fällt der Stadtrat voraussichtlich an diesem Mittwoch. Vor zwei Jahren hatte die Kommune bereits eine neue Heizungsanlage für das Tierheim finanziert. Das sollte nur der Anfang werden, seitdem ist die Stadt aktiv auf der Suche nach einer geeigneten Unterkunft für den Verein. Ahlrep ist optimistisch: "Wir untersuchen gerade mehrere Gelände und wissen, dass es ein präsentes Thema unter den Bürgern ist. Wir sind sehr froh, dass es den Verein gibt", betont der Stadtsprecher.

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