Teure Autobahnausfahrt:Der Landkreis rechnet nach

Teure Autobahnausfahrt: Befahrbar, aber noch nicht bezahlt: die neue Anschlussstelle Aschheim/Ismaning.

Befahrbar, aber noch nicht bezahlt: die neue Anschlussstelle Aschheim/Ismaning.

(Foto: Robert Haas)

Münchens Landrat Christoph Göbel will die Kostenexplosion der Anschlussstelle Aschheim/Ismaning nicht hinnehmen. In einem Gutachten stellt es fest, dass die Pläne nicht eingehalten worden sind. Jetzt soll sich die Autobahndirektion erklären.

Von Martin Mühlfenzl

Der Landkreis wehrt sich wegen der Baukosten für den Autobahnanschluss Aschheim/Ismaning - und er tut das sehr detailliert und umfangreich. Mit Schreiben vom 7. September, das erst jetzt öffentlich geworden ist, hat sich Landrat Christoph Göbel (CSU) an die Autobahndirektion Südbayern gewandt und fordert sie auf, erneut die enormen Mehrkosten für die Verlegung der Anschlussstelle darzulegen. Grundlage dieser Bitte ist eine durch das Landratsamt erarbeitete Stellungnahme zu den bisherigen Erklärungsversuchen der Autobahndirektion. Diese hatte im März bekanntgegeben, die Kosten würden von ursprünglich 25,4 Millionen auf 44,5 Millionen Euro steigen.

Der Landkreis soll 3,9 Millionen mehr zahlen

Dass große Bauprojekte, und die Autobahndirektion selbst bezeichnet die Verlegung der Ausfahrt als eines ihrer bisher größten, finanziell etwas aus dem Ruder laufen, ist nichts Ungewöhnliches. Die damit verbundene Steigerung seines Eigenanteils von etwa drei auf nun 3,9 Millionen Euro will der Landkreis aber nicht so einfach hinnehmen.

Und die Mitarbeiter der Behörde am Mariahilfplatz haben sich tief in die Thematik eingegraben. Grundlage dieser Neubetrachtung durch das Landratsamt ist die "aktuelle Kostenberechnung" durch die Autobahndirektion Südbayern vom 26. September 2012 - die auch Grundlage der Vereinbarung des Bundes, des Freistaates und des Landkreises zur Verlegung der Anschlussstelle gewesen ist. Diese wiederum verweist konkret auf die Planfeststellung, die sogenannte erste Tektur, vom 28. Januar 2010. Und an dieser Stelle wird es spannend, gleichwohl es sich etwas kompliziert anhört. Christoph Nadler, Fraktionschef der Grünen im Kreistag, erklärt es in ganz einfachen Worten: "Im Planfeststellungsbeschluss wird festgelegt, was gebaut wird und was nicht. Davon wird nicht abgewichen."

Die Mitarbeiter im Landratsamt aber legen aus ihrer Sicht sehr schlüssig dar, dass beim Bau der Anschlussstelle gleich in mehreren Punkten Pläne eben nicht eingehalten worden sind - gleichzeitig lässt Landrat Christoph Göbel verlautbaren, dass eine lineare Fortschreibung der Kosten für einen so langen Zeitraum nicht möglich sei, sondern nun die einzelnen Posten noch einmal genau betrachtet und auch durch die Autobahndirektion gerechtfertigt werden müssten.

Nicht alles kann angefochten werden

Denn die interne Aufarbeitung der Baukosten - gleichzeitig läuft immer noch eine Anfrage der Grünen beim Bundesrechnungshof um eine entsprechende Prüfung - hat auch zahlreiche Posten ergeben, die den Maßnahmen im Umfang des Planfeststellungsverfahrens entsprechen und somit nicht durch den Landkreis München angefochten werden sollten. Darunter fallen etwa die Grunderwerbskosten, die Rodungsarbeiten, Kampfmittelerkundungen und -bergungen, aber auch die Überführung der Mühlenstraße über die A 99 oder die teuren Verkehrsanlagen.

Teure Autobahnausfahrt: Warten auf Erklärungen: Landrat Göbel (l.) und Grünen-Sprecher Nadler.

Warten auf Erklärungen: Landrat Göbel (l.) und Grünen-Sprecher Nadler.

(Foto: Schunk)

Anders sieht es etwa bei der Unterführung eines Feldweges aus, der im Planfeststellungsverfahren mit einer lichten Weite von 7,50 Metern angegeben wurde, nun aber 11,70 Meter aufweist. Auch die Kostensteigerung bei der Überführung der Kreisstraße M 3 über die A 99 stellt das Landratsamt infrage - hier sei der Plan ebenfalls nicht eingehalten worden. Wie auch bei zahlreichen anderen Provisorien und weniger auffälligen Bauten, über die das Landratsamt und die politischen Gremien erst viel zu spät informiert worden seien, wie Landrat Göbel beklagt.

Das Landratsamt kommt nach seinen eigenen Berechnungen - "nach Art und Umfang der Planfeststellung" - jedenfalls zu ohnehin schon erhöhten Gesamtkosten von etwa 34 Millionen Euro. Die Autobahndirektion indes hat ihrer Berechnung (44,5 Millionen Euro) eine allgemeine Kostensteigerung von 15 Prozent bezogen auf die Jahre 2008 bis 2015 zugrunde gelegt. "Das werden wir aber nicht mittragen", sagt der Landrat.

Alle Zahlungen sind auf Eis gelegt

Aus Sicht des Landkreises ist nun erneut die Autobahndirektion Südbayern am Zug - denn alle Zahlungen durch den Landkreis sind momentan auf Eis gelegt. Juristische Schritte indes wird der Landkreis nicht gegen die Autobahndirektion, respektive den Freistaat, einleiten. "Wenn, dann wird der Freistaat möglicherweise juristisch gegen den Landkreis vorgehen", sagt der grüne Fraktionssprecher Nadler. "Das könnte dann passieren, wenn er endlich Geld sehen will. Aber dafür muss man sich rüsten und die Verwaltung hat hier sehr gut vorgearbeitet." Demnächst, sagt Nadler, würden sich auch die Kreisgremien wieder mit dem Thema beschäftigten. Denn die Anschlussstelle ist mittlerweile zwar befahrbar. Aber: "Das Thema ist noch längst nicht vom Tisch."

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