Verkehrspolitik:Runter vom Gas auf der Autobahn

Verkehrspolitik: Verkehrsministerin Kerstin Schreyer und Michael Kordon von der Autobahngesellschaft geben eines der neuen Schilder an der A8 frei.

Verkehrsministerin Kerstin Schreyer und Michael Kordon von der Autobahngesellschaft geben eines der neuen Schilder an der A8 frei.

(Foto: Claus Schunk)

Auf der A8 und der A 995 treten neue Tempolimits in Kraft. Sie sollen die Lärmbelastung in Unterhaching, Neubiberg und Taufkirchen reduzieren.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

In der Regel werden neue Verkehrsschilder aufgestellt, ohne dass eine Ministerin dazu eine orangefarbene Warnweste überzieht und auf die Autobahn marschiert. Dieses Zeichen mit dem runden roten Rand und der schwarzen Zahl in der Mitte aber war Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) so wichtig, dass sie es quasi persönlich hinschraubte.

Der Autobahnabschnitt der A 8 bei Neubiberg gehört zu ihrem Stimmkreis. Genauso wie auf der anderen Seite ihrer Heimatgemeinde Unterhaching die A 995. Auf beiden Stecken sowie auf drei weiteren Autobahnen rund um die Landeshauptstadt müssen die Autofahrer seit Mittwoch runter vom Gas.

Schreyer weiß, wie lange gerade im Hachinger Tal schon versucht wird, hier einen besseren Lärmschutz für die Anwohner zu erreichen. Deshalb sieht sie die neuen Tempolimits - 100 Kilometer pro Stunde auf der Salzburger Autobahn zwischen Neubiberg und München-Perlach, 120 Kilometer pro Stunde auf der Giesinger Autobahn auch in Fahrtrichtung Salzburg bis Taufkirchen - als "ganz großen Meilenstein."

Dass die Anwohner in den Gemeinden Unterhaching und Taufkirchen und auch deren Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) und Ulrich Sander (parteifrei) eigentlich Tempo 80 gefordert hatten, weiß die Ministerin natürlich. Das Erreichte sieht sie dennoch als großen Erfolg. Dies sei das maximal Mögliche gewesen. "Wir sind an die Grenze dessen gegangen, was rechtlich machbar ist", sagte Schreyer am Mittwoch.

Im November hatten Innenminister Joachim Herrmann und Schreyer, die im vergangenen Jahr erst das Verkehrsressort übernommen hatte, gemeinsam die neuen Tempolimits verkündet und mit dieser plötzlichen Zusage Anwohner und Rathauschefs überrascht. Vorausgegangen waren umfangreiche Untersuchungen mit dem Titel "Lärmaktionsplans für das Umfeld der Bundesautobahnen in der Landeshauptstadt München".

Dabei wurden sowohl die Überschreitung der straßenbaulichen oder verkehrsrechtlichen Lärmgrenzwerte als auch die Dichte der Wohnbebauung sowie die Zahl der Betroffenen ermittelte. Auch die Möglichkeiten baulicher Lärmschutzmaßnahmen und ein Tempolimit wurden diskutiert, oder wie es im Verkehrsministerium heißt: "eine Harmonisierung des Geschwindigkeitsniveaus".

"Wo für Lärmschutzwände kein Platz ist und schon lärmarme Fahrbahnbeläge vorhanden sind, können wir im städtischen Gebiet versuchen, die Situation mit Geschwindigkeitsbeschränkungen weiter zu verbessern", sagte Schreyer. Denn klar sei, dass der Verkehr in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen habe und die Lärmbelastung für Anwohner besonders im Großraum München gestiegen sei. "Wir müssen das Thema Lärmschutz insgesamt stärker gewichten, weil die Menschen immer geräuschempfindlicher werden", sagte Schreyer.

Auch auf anderen Autobahnen in München wird die Höchstgeschwindigkeit gesenkt

Herausgekommen sind bei der Untersuchung neben jenen Tempo-120- und Tempo-100-Schildern im Südosten Münchens auch Tempo 60 für die Nürnberger Autobahn (A 9) zwischen Frankfurter Ring und Schwabing, für die Garmischer Autobahn (A 95) zwischen Kreuzhof und Schloss Fürstenried und die Lindauer Autobahn (A 96) zwischen Sendling und Blumenau.

Dass nun auf der einen Seite des Hachinger Tals Tempo 100 und auf der anderen 120 gilt, dass es erst mal nichts wird mit Tempo 80 tagsüber auf diesen Strecken und dass man Richtung Süden nach dem Tunnel unter dem Landschaftspark weiterhin kräftig Gas geben darf, begründet die Ministerin mit "passgenauen Maßnahmen". Ziel müsse der richtige Lärmschutz sein, "der ist nicht überall gleich". Die Tempolimits dürften nicht dazu führen, dass am Ende in Wohngebieten mehr Lärm durch Ausweichverkehr entstehe.

Grund ist aber vor allem auch eine befürchtete Klagewellen von denjenigen, die weiterhin schnell fahren wollen. Wenn Lärmpegel und Frequentierung der Strecken sowie Unfallhäufigkeit ein Tempolimit nicht rechtfertigen, ist es vor Gericht schnell zum Scheitern verurteilt. Michael Kordon, Direktor der Niederlassung Südbayern der Autobahn-Gesellschaft des Bundes, weiß: "Es gibt meist mehr Menschen, die gegen ein Tempolimit klagen als für einen Lärmschutz."

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