Tempolimit:Freie Fahrt bei freier Strecke

Tempolimit: Bei Staugefahr wird die Geschwindigkeit auch auf der A 8 Richtung Salzburg auf 60 Kilometer pro Stunde gedrosselt.

Bei Staugefahr wird die Geschwindigkeit auch auf der A 8 Richtung Salzburg auf 60 Kilometer pro Stunde gedrosselt.

(Foto: Claus Schunk)

Bisher wird das Tempo auf vielen Autobahnabschnitten rund um München nur bei hohem Verkehrsaufkommen gedrosselt. Der Nutzen einer generellen Geschwindigkeitsbegrenzung ist umstritten.

Von Martin Mühlfenzl

Wer Licht am Ende des Tunnels unter dem Hachinger Landschaftspark erblickt, gibt Gas. Vor allem diejenigen, die wissen, dass sich direkt hinter dem Tunnelausgang auf der A 8 das gelobte Land für "freie Bürger" öffnet, die viel auf die "freie Fahrt" geben. Von hier an gilt auf der Salzburger Autobahn in Richtung Süden kein Tempolimit mehr. Geht es nach der Kommission "Nationale Plattform Zukunft der Mobilität" soll damit nicht nur auf der A 8 bald Schluss sein: Das von der Bundesregierung eingesetzte Expertengremium hat Ende vergangener Woche vorgeschlagen, auf deutschen Autobahnen ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde einzuführen - ein Vorschlag, den Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) prompt abgelehnt hat.

Dass ein Tempolimit vor allem für den Landkreis München von Vorteil sein könnte, glaubt indes der Landtagsabgeordnete und Kreisrat Markus Büchler von den Grünen. "Es gibt viele Argumente, die für eine Beschränkung sprechen", sagt der Oberschleißheimer. "Unter anderem geht es darum, dass der Verkehr bei konstanter Geschwindigkeit einfach besser fließt", sagt Büchler.

Auf etwa 70 Prozent der deutschen Autobahnen besteht nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums überhaupt keine Geschwindigkeitsbegrenzung. Maximal Tempo 120 darf auf etwa acht Prozent der deutschen Highways gefahren werden - Tempo 130 gilt auf gerade einmal 4,7 Prozent aller Fernstraßen. Und auf etwa sechs Prozent wird die Höchstgeschwindigkeit über sogenannte Verkehrsbeeinflussungsmaßnahmen geregelt.

So wird etwa der Verkehr auf der A 99 zwischen dem Kreuz München-Nord und dem Kreuz Süd durch die Verkehrsleitzentrale in der Landeshauptstadt geregelt. Vor allem im Berufsverkehr wird aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens die Geschwindigkeit auf dem Autobahnring auf 100 oder 120 Stundenkilometer gedrosselt. Bis zu 160 000 Fahrzeuge sind etwa auf Höhe der Anschlussstelle Aschheim-Ismaning in den Spitzenzeiten unterwegs, damit zählt dieser Autobahnabschnitt zu den meistbefahrenen Autobahnen Mitteleuropas.

"Viele Autofahrer empfinden das als Gängelung."

Die permanente Drosselung der Höchstgeschwindigkeit auf diesem Abschnitt hat den Effekt, dass sie mancher Autofahrer ohnehin schon als Tempolimit empfindet. Ein solches mit der heute geltenden Gesetzeslage einzuführen, sei aber nicht ganz einfach, sagt Josef Seebacher, Pressesprecher der Autobahndirektion Südbayern. Es gelten hohe Hürden für eine Regulierung, sagt Seebacher: "Jedes Tempolimit muss einzeln durch das Verkehrsministerium geregelt werden. Und bei jedem gibt es in der Folge einen ganzen Schwung von Klagen, weil viele Autofahrer dies als Gängelung empfinden."

Dennoch werde der Verkehr auf den acht Autobahnen im Landkreis München mit einer Länge von nahezu 90 Kilometern bereits heute vor allem mit elektronischen Systemen gesteuert. "Und das elektronische Verkehrsleitsystem hat immer Vorrang vor den Schildern, die an der Autobahn stehen", sagt Seebacher. So wie auf der A 99 vom Kreuz Nord bis zur Anschlussstelle Aschheim-Ismaning, wo der Verkehr aufgrund des achtspurigen Ausbaus und der Belastung besonders oft reguliert werden muss.

"Es geht auch um Lärmschutz."

Dass ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern gerade in diesem Bereich für den Verkehr von Vorteil wäre, zweifelt der Haarer Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch (CSU) stark an. "Und ich lade meinen Freund Markus Büchler gerne mal eine Woche zu mir nach Salmdorf ein, dann kann er jeden Tag versuchen, am Kreuz Ost auf die A 99 zu kommen", frotzelt Weidenbusch. "Ein Tempolimit bringt da überhaupt nichts." Außerdem hätten Versuche mit begrenzter Höchstgeschwindigkeit auf der A 9 zwischen München und Nürnberg gezeigt, dass der Verkehr eben nicht flüssiger fließe: "Es ist vielmehr so, dass bei monotoner Geschwindigkeit die Aufmerksamkeit der Autofahrer nachlässt und die Gefahr von Unfällen steigt", sagt Weidenbusch.

Ob der Landtagsabgeordnete Büchler der Einladung folgen wird, ist noch nicht geklärt. Für den Grünen steht aber außer Frage, dass ein Tempolimit neben der Verringerung des CO₂-Ausstoßes dabei helfen kann, Unfälle zu vermeiden. "Und es geht für die Bürger im Landkreis auch um Lärmschutz", sagt Büchler. "Deshalb kommt die Forderung nach einem Tempolimit bei uns ja aus vielen Kommunen, weil der Lärmschutz an den Autobahnen eben kaum vorhanden ist." Etwa an der A 8 bei Neubiberg und der A 995 bei Taufkirchen und Unterhaching.

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